Neu-Ulmer Zeitung

Müllsünder immer dreister

Plastikbec­her in der Innenstadt, Essensrest­e an Autobahn-Parkplätze­n: Viele Leute entsorgen ihren Abfall einfach auf der Straße. Dies hat auch mit einem Trend zu tun

- VON CAROLIN OEFNER

Landkreis Plastikbec­her, Getränkedo­sen, Schnipsel aus Pappe und die mit Abfall gefüllte Tüte eines FastFood-Lokals liegen neben grünen Sträuchern: An der Überfahrt von der A 8 auf die A 7 Richtung Füssen sammelt sich Müll in einer gleichmäßi­gen Spur entlang der Leitplanke. Ein Bild, das aufmerksam­e Beobachter dort oft zu Gesicht bekommen. Und das, obwohl die zuständige Autobahnme­isterei regelmäßig aufräumt. „Gerade an Stellen, an denen Autofahrer langsamer unterwegs sind und es etwas unübersich­tlich ist, werfen viele ihren Müll einfach aus dem Fenster“, sagt Thomas Moritz, Werkleiter des Abfallwirt­schaftsbet­riebs im Landkreis NeuUlm. Das gelte für Auf- und Abfahrten oder auch für Parkplätze an der Autobahn.

Insgesamt hat sich in den vergangene­n zwei bis drei Jahren im Landkreis ein negativer Trend entwickelt, der sich vor allem auf die Innenstädt­e auswirkt. „Die Leute lassen ihren Müll einfach dort fallen, wo sie gerade sind“, sagt Moritz. Dies sei besonders bei größeren Festen wie dem Schwörmont­ag zu sehen. Dann säumen Becher aus Plastik und leere Flaschen Gehwege, Straßen und Grünstreif­en. Man müsse schon froh sein, wenn die Leute ihren Müll wenigstens in der Nähe eines Abfalleime­rs abladen, so Moritz. Im Landkreis Neu-Ulm werden 660 Becher pro Stunde weggeworfe­n, das entspricht 83 Tonnen Abfall pro Jahr.

Ähnlich sieht es in Städten wie Neu-Ulm, Illertisse­n und Senden aus, vor allem in der Nähe von größeren Wohnanlage­n. In Senden ist die Vermüllung mancher Containers­tandorte immer wieder Thema. Moritz sagt, dass dieses Problem nicht nur die Illerstadt betrifft. „Überall, wo schlecht einsehbare Ecken sind, wird gerne Müll abgeladen“, sagt er. Da sei vieles darunter: der ausrangier­te Schrank, Gelbe Säcke oder Bauschutt. In 90 Prozent der Fälle komme der Müll aus der Nachbarsch­aft, „denn die betroffene­n Container stehen nicht in Durchgangs­straßen“. Moritz nimmt jedoch Dörfer aus, „da herrscht eine gewisse soziale Kontrolle“.

Die Gründe dieser Haltung kann der Werkleiter nur erahnen. Die Entsorgung von Bauschutt koste beispielsw­eise 40 Euro pro Tonne – die Strafen für illegales Abladen seien deutlich höher. Auch sei es unerklärli­ch, warum manche ihr Altpapier neben den Container stellen, obwohl dieser nicht voll ist. „Die Leute sind wohl einfach zu be- quem“, vermutet Moritz. So sind auch die Erfahrunge­n seiner Mitarbeite­r, die die Leute ansprechen, wenn sie sie beim Müllablade­n erwischen. Fast allen sei bewusst, dass ihr Verhalten falsch ist.

Vor Ort kommen Aussagen wie, „Ich habe vergessen, den Gelben Sack rauszustel­len, aber hier wird er ja eh abgeholt“oder „Ich weiß, dass das hier nicht hingehört, aber ich hatte keine Zeit, zum Wertstoffh­of zu fahren“. Die Leute gehen ihm zufolge vermehrt von einem „Servicever­halten“aus. „Das Interesse für das Allgemeinw­ohl fehlt zunehmend.“Interessan­t findet der Werkleiter, dass bislang meist junge und gut deutsch sprechende Müllablade­r erwischt wurden, was zudem die Namen auf der Liste der ausgesproc­henen Ordnungswi­drig- keiten zeigten. Das Vorurteil der falsch informiert­en Migranten treffe hier nicht zu. „Und es sind auch keine alten Damen, die nicht mehr mit dem Auto zum Wertstoffh­of kommen.“

Neben der Haltung macht Moritz den Trend zu Mitnahme-Gerichten und -Getränken für die zunehmende Vermüllung aus. Die gestiegene­n Mengen an Einweg-Verpackung­en seien auffällig. „Vor dem Coffee-togo-Hype hatten wir in den Städten weniger Müll.“Vor allem wegen des großen Volumens werden die Verpackung­en deswegen zum Problem. Jeder Abfalleime­r sei alleine durch die Kaffeebech­er zum Mitnehmen zu einem Drittel voll. In einem ist Moritz realistisc­h: Das Müllproble­m ändert sich nicht von heute auf morgen. Von der Aufklärung bis zur möglicherw­eise nötigen Vergrößeru­ng der Restmüllto­nnen in Wohngebiet­en sei es vielschich­tig.

Im Wald lassen dagegen weniger als früher ihren Müll liegen, sagt Richard Götz, Leiter des Fachbereic­hs Abfallrech­t am Landratsam­t NeuUlm. Im Jahr 2016 hat es insgesamt 75 Fälle gegeben, bei zwei Dritteln blieben die Verursache­r unbekannt. Wer erwischt wird, dem droht ein spürbares Bußgeld. Das spreche sich rum und sei mit ein Grund für die sinkenden Zahlen, ist Götz sicher. Das Bußgeld setzt bei vermeintli­ch geringen Delikten ein. Ein weggeworfe­nes Taschentuc­h oder eine Zigaretten­schachtel kosten laut Umwelt-Bußkatalog 20 Euro. Für ein Autowrack werden 160 Euro fällig. Da entsorgen viele den Schrott lieber legal, so Götz. »Kommentar

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Fotos: Kaya, Kümmritz, Attrodt Immer mehr Leute lassen ihren Abfall dort liegen, wo sie gerade sind. Und das, obwohl in der Ulmer Innenstadt ein Papierkorb nicht weit entfernt wäre. Dieses Problem hat seit einiger Zeit zugenommen, sagen Fachleute.
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Gelbe Säcke stapeln sich unter einem Schild, das das Abstellen eben dieser un tersagt.
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Obwohl in den Containern noch Platz ist, stellen die Leute ihren Müll daneben ab, wie hier in Neu Ulm.
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An der Iller bei Illertisse­n wurde gefeiert – und nicht mehr aufgeräumt. Eine Lese rin hat uns dieses Bild zugeschick­t.

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