Müllsünder immer dreister
Plastikbecher in der Innenstadt, Essensreste an Autobahn-Parkplätzen: Viele Leute entsorgen ihren Abfall einfach auf der Straße. Dies hat auch mit einem Trend zu tun
Landkreis Plastikbecher, Getränkedosen, Schnipsel aus Pappe und die mit Abfall gefüllte Tüte eines FastFood-Lokals liegen neben grünen Sträuchern: An der Überfahrt von der A 8 auf die A 7 Richtung Füssen sammelt sich Müll in einer gleichmäßigen Spur entlang der Leitplanke. Ein Bild, das aufmerksame Beobachter dort oft zu Gesicht bekommen. Und das, obwohl die zuständige Autobahnmeisterei regelmäßig aufräumt. „Gerade an Stellen, an denen Autofahrer langsamer unterwegs sind und es etwas unübersichtlich ist, werfen viele ihren Müll einfach aus dem Fenster“, sagt Thomas Moritz, Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs im Landkreis NeuUlm. Das gelte für Auf- und Abfahrten oder auch für Parkplätze an der Autobahn.
Insgesamt hat sich in den vergangenen zwei bis drei Jahren im Landkreis ein negativer Trend entwickelt, der sich vor allem auf die Innenstädte auswirkt. „Die Leute lassen ihren Müll einfach dort fallen, wo sie gerade sind“, sagt Moritz. Dies sei besonders bei größeren Festen wie dem Schwörmontag zu sehen. Dann säumen Becher aus Plastik und leere Flaschen Gehwege, Straßen und Grünstreifen. Man müsse schon froh sein, wenn die Leute ihren Müll wenigstens in der Nähe eines Abfalleimers abladen, so Moritz. Im Landkreis Neu-Ulm werden 660 Becher pro Stunde weggeworfen, das entspricht 83 Tonnen Abfall pro Jahr.
Ähnlich sieht es in Städten wie Neu-Ulm, Illertissen und Senden aus, vor allem in der Nähe von größeren Wohnanlagen. In Senden ist die Vermüllung mancher Containerstandorte immer wieder Thema. Moritz sagt, dass dieses Problem nicht nur die Illerstadt betrifft. „Überall, wo schlecht einsehbare Ecken sind, wird gerne Müll abgeladen“, sagt er. Da sei vieles darunter: der ausrangierte Schrank, Gelbe Säcke oder Bauschutt. In 90 Prozent der Fälle komme der Müll aus der Nachbarschaft, „denn die betroffenen Container stehen nicht in Durchgangsstraßen“. Moritz nimmt jedoch Dörfer aus, „da herrscht eine gewisse soziale Kontrolle“.
Die Gründe dieser Haltung kann der Werkleiter nur erahnen. Die Entsorgung von Bauschutt koste beispielsweise 40 Euro pro Tonne – die Strafen für illegales Abladen seien deutlich höher. Auch sei es unerklärlich, warum manche ihr Altpapier neben den Container stellen, obwohl dieser nicht voll ist. „Die Leute sind wohl einfach zu be- quem“, vermutet Moritz. So sind auch die Erfahrungen seiner Mitarbeiter, die die Leute ansprechen, wenn sie sie beim Müllabladen erwischen. Fast allen sei bewusst, dass ihr Verhalten falsch ist.
Vor Ort kommen Aussagen wie, „Ich habe vergessen, den Gelben Sack rauszustellen, aber hier wird er ja eh abgeholt“oder „Ich weiß, dass das hier nicht hingehört, aber ich hatte keine Zeit, zum Wertstoffhof zu fahren“. Die Leute gehen ihm zufolge vermehrt von einem „Serviceverhalten“aus. „Das Interesse für das Allgemeinwohl fehlt zunehmend.“Interessant findet der Werkleiter, dass bislang meist junge und gut deutsch sprechende Müllablader erwischt wurden, was zudem die Namen auf der Liste der ausgesprochenen Ordnungswidrig- keiten zeigten. Das Vorurteil der falsch informierten Migranten treffe hier nicht zu. „Und es sind auch keine alten Damen, die nicht mehr mit dem Auto zum Wertstoffhof kommen.“
Neben der Haltung macht Moritz den Trend zu Mitnahme-Gerichten und -Getränken für die zunehmende Vermüllung aus. Die gestiegenen Mengen an Einweg-Verpackungen seien auffällig. „Vor dem Coffee-togo-Hype hatten wir in den Städten weniger Müll.“Vor allem wegen des großen Volumens werden die Verpackungen deswegen zum Problem. Jeder Abfalleimer sei alleine durch die Kaffeebecher zum Mitnehmen zu einem Drittel voll. In einem ist Moritz realistisch: Das Müllproblem ändert sich nicht von heute auf morgen. Von der Aufklärung bis zur möglicherweise nötigen Vergrößerung der Restmülltonnen in Wohngebieten sei es vielschichtig.
Im Wald lassen dagegen weniger als früher ihren Müll liegen, sagt Richard Götz, Leiter des Fachbereichs Abfallrecht am Landratsamt NeuUlm. Im Jahr 2016 hat es insgesamt 75 Fälle gegeben, bei zwei Dritteln blieben die Verursacher unbekannt. Wer erwischt wird, dem droht ein spürbares Bußgeld. Das spreche sich rum und sei mit ein Grund für die sinkenden Zahlen, ist Götz sicher. Das Bußgeld setzt bei vermeintlich geringen Delikten ein. Ein weggeworfenes Taschentuch oder eine Zigarettenschachtel kosten laut Umwelt-Bußkatalog 20 Euro. Für ein Autowrack werden 160 Euro fällig. Da entsorgen viele den Schrott lieber legal, so Götz. »Kommentar