Neu-Ulmer Zeitung

Gärtner mit Gemeinscha­ftssinn

Auf dem Gelände der früheren Stadtgärtn­erei bewirtscha­ftet eine Gruppe von Bürgern eine 300 Quadratmet­er große Fläche – mit viel Freude und guter Organisati­on

- VON ARIANE ATTRODT

Neu Ulm Jennifer Ripken ist von klein auf mit Landwirtsc­haft aufgewachs­en. Mittlerwei­le wohnt die 32-Jährige mit ihrem Mann Jörn und Sohn Darian im Neu-Ulmer Stadtteil Vorfeld – ohne Balkon oder Garten. Das tägliche Aufhalten in der Natur, erzählt sie, habe ihr deshalb schon oft gefehlt. Auch ein Schreberga­rten kam für die kleine Familie eher nicht infrage – zu teuer in der Ablöse. Deshalb war sie sofort daran interessie­rt, beim ersten Urban Gardening Projekt in Neu-Ulm mitzumache­n, bei dem auf städtische­n Flächen gegärtnert wird. Im Mai haben die Ripkens und rund zehn weitere Hobbygärtn­er mit der Arbeit auf einem rund 300 Quadratmet­er großen Grundstück im Efeuweg, dem Gelände der früheren Stadtgärtn­erei, begonnen. Innerhalb von drei Monaten haben sie dort ein kleines, gärtnerisc­hes Paradies geschaffen. Wenn das Projekt läuft, wird es nicht das einzige bleiben.

Der Apfelbaum und die Beerensträ­ucher auf dem neuen Gemeinscha­ftsgarten bei den sogenannte­n Marmeladen­gärten stehen dort schon etwas länger – sie stammen von der Landesgart­enschau 2008. Insgesamt sind zwischen 20 und 30 Obst- und Gemüsesort­en angebaut. Die Grobstrukt­ur des Gemeinscha­ftsgartens nahe der Kleingarte­nanlage stand bereits fest, die Stadt hat einen Brunnen bohren lassen und Hackschnit­zel für die Wege spendiert. Hochbeet, Steingarte­n, Sitzecke, Pflanztisc­h und Komposteck­e haben die Hobbygärtn­er in Eigenregie

Manch ein Spaziergän­ger nascht vom Beerenstra­uch

angelegt. Günther Baumgärtne­r von der Stabstelle Umweltstra­tegie im Neu-Ulmer Rathaus ist zuversicht­lich, was das Projekt angeht: „Ich glaube, die machen hier munter so weiter.“

Auch Oberbürger­meister Gerold Noerenberg, der bei seinem Besuch einen Korb Saatgut als Geschenk mitbrachte, freute sich über die aktive Gruppe. „Oft ist das nicht so bei solchen Projekten.“Für ihn ist der Gemeinscha­ftsgarten ein „Experiment mit offenem Ausgang“. Der Rathausche­f sagte: „Wenn das hier klappt, wäre es schön. Nach zwei bis drei Jahren Erfahrung können wir uns überlegen, ob wie nicht irgendwo noch ein weiteres entspreche­ndes Fleckchen finden.“Dass derzeit noch so mancher Spaziergän­ger, der vorbeikomm­t, gerne einmal von den Früchten nascht oder die Beerensträ­ucher erntet, verwundert Noerenberg nicht: „Bei der Landesgart­enschau haben sie uns hier die kompletten Beete leer geerntet. Am Ende haben manche Besucher sogar angefangen Büsche und Sträucher auszugrabe­n und mitzunehme­n.“So schlimm ist es im neuen Gemeinscha­ftsgarten glückliche­rweise nicht: Es rückt niemand mit großen Körben an und weist man die erntefreud­igen Bürger freundlich darauf hin, dass das den Hobbygärtn­ern vorbehalte­n ist, gibt es auch keine Diskussion­en, berichtet die Gruppe.

Jennifer und Jörn Ripke freuen sich vor allem darüber, dass ihr dreijährig­er Sohn Darian im Gemeinscha­ftsgarten viel von der Natur erfährt. „Er lernt, woher das Essen kommt und den Respekt vor der Natur – und dass man sich auch um sie kümmern muss“, sagt Jennifer Ripken. Ihr Mann ergänzt: „Jetzt einmal hart gesagt: Viele Kinder denken ja, die Pizza wächst auf Bäumen.“

Und Darian packt wie die Erwachsene­n fleißig mit an: Er hat eine eigene kleine Gießkanne, wandert interessie­rt durch die Beete und begutachte­t die Pflanzen, erntet gemeinsam mit seinen Eltern Kartoffeln und Tomaten. „Er findet es total toll“, erzählt Jennifer Ripke.

Die Hobbygärtn­er organisier­en sich über eine Whats-App-Gruppe: Wer gießt nächsten Montag? Wer setzt morgen die Brennessel­jauche zum Düngen an? Und wer könnte noch ein paar Kartoffeln gebrauchen? All diese Fragen klärt die Gruppe übers Handy. Familie Ripken kommt drei- bis viermal die Woche in den Gemeinscha­ftsgarten – und nicht immer nur zum Werkeln. „Man genießt auch einfach einmal den Garten und die Früchte der Arbeit“, sagt Jennifer Ripke. Vor dem Winter graut es der 32-Jährigen übrigens nicht – schließlic­h gibt es auch dann etwas im Garten zu tun. Rosen- oder Grünkohl ernten zum Beispiel.

O

Kontakt Wer sich der Gruppe an schließen und zuverlässi­g auf der Flä che am Efeuweg mitgärtner­n möchte, kann sich per E Mail an gemeinscha­ftsgarten neu ulm@gmx.de melden.

 ?? Fotos: Alexander Kaya ?? Mit der Natur aufwachsen: Das haben sich Jennifer und Jörn Ripke für ihren Sohn Darian gewünscht. Im Gemeinscha­ftsgarten ist das möglich – und dem Dreijährig­en macht die Arbeit sichtlich Spaß.
Fotos: Alexander Kaya Mit der Natur aufwachsen: Das haben sich Jennifer und Jörn Ripke für ihren Sohn Darian gewünscht. Im Gemeinscha­ftsgarten ist das möglich – und dem Dreijährig­en macht die Arbeit sichtlich Spaß.
 ??  ?? Um die ganzen Pflanzen mit genügend Wasser zu versorgen, hat die Stadt einen Brunnen gebohrt.
Um die ganzen Pflanzen mit genügend Wasser zu versorgen, hat die Stadt einen Brunnen gebohrt.
 ??  ?? Beim Besuch von OB Gerold Noerenberg (rechts) wurde ein Schild aufgestell­t.
Beim Besuch von OB Gerold Noerenberg (rechts) wurde ein Schild aufgestell­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany