Neu-Ulmer Zeitung

Der Kiebitzret­ter vom Rothtal

In der Region galten die Wiesenbrüt­er als ausgestorb­en. Franz Maier vom Landesbund für Vogelschut­z hat sich ihrer angenommen. Jetzt zeigt sich der Erfolg seines Einsatzes

- VON REGINA LANGHANS

Buch Binnen weniger Jahrzehnte war der Bestand an Kiebitzen derart zurückgega­ngen, dass der 30 Zentimeter große „Gaukler der Lüfte“, wie er wegen seines Schaukelfl­ugs auch genannt wird, in der Region als so gut wie ausgestorb­en galt. Deshalb fühlte sich Franz Maier, Delegierte­r des Vogelschut­zbundes und einer der Betreuer des Obenhausen­er Rieds, dazu ermuntert, mit offenen Augen unterwegs zu sein. Dafür wurde er belohnt: Zehn Nistplätze der Bodenbrüte­r, verteilt auf fünf Felder, sind ihm im südlichen Bucher Ried aufgefalle­n.

In der Folge hat Maier von April bis Juli viel Zeit investiert, damit die Jungen in ihren Nestern groß werden konnten. Der Erfolg zeigt sich heute: Es gibt wieder junge Kiebitze im Rothtal. „Was machen Sie denn mit Ihrem Auto mitten auf dem Feldweg?“, habe er öfter zu hören bekommen, weil er auf diese Weise unbemerkt etwas näher an die Vögel herankomme­n wollte, sobald er ihre Standorte aufgespürt hatte. Denn das Kuriose ist: Einige erwachsene Kiebitze konnte Maier im Rothtal tatsächlic­h entdecken. So war der Vogelschüt­zer, als die vier Wochen währende Brutzeit näher rückte, fast täglich dort anzutreffe­n. Er spürte den Kiebitzen bis zu ihren auf flacher Erde befindlich­en Nestern nach. Dass er mit dem Auto in ihre Nähe kam, hätten sie seltsamerw­eise akzeptiert. Der Vogelfreun­d konnte also mit dem Fernrohr in aller Ruhe Beobachtun­gen anstellen. „Wenn ich den Vögeln zu Fuß folgte, schreckten sie auf und flogen weg“, erzählt Maier.

Kiebitze brüten bevorzugt auf lockerem Boden, beispielsw­eise auf Äckern, informiert er. Dazu drücken sie eine Mulde in die Erde und bauen ihr Nest aus losem Flechtwerk. Es gebe stets vier Eier, sagt Maier. Da die Vögel ein hohes Lebensalte­r erreichen, etwa bis zu 23 Jahren, hat Maier des Rätsels Lösung gefunden und sieht seine Vermutung bestätigt: „Die Kiebitze im Rothtal sterben aus, weil es ihnen nicht gelingt, Junge aufzuziehe­n.“

Für die Wiesen- oder Watvögel schwinde zunehmend der Lebensraum. Als Ursache nennt er die monotone Bewirtscha­ftung der Felder. Für Kiebitze berge diese allerlei Gefahren: Die Pflanzen, häufig Mais, würden in die Höhe schießen und mit Pflanzensc­hutzmittel­n besprüht werden. Das komme einem Todesurtei­l gleich: Die Spritzmitt­el töteten alles ab. Und sollten Junge geschlüpft sein, so gelangten sie nicht an ihre Nahrung. Maier erklärt: „Die Jungvögel brauchen um ihr Nest eine freie Fläche zur Futtersuch­e, zwischen den Halmen bleiben sie hängen.“

So hat Maier den Kontakt zu den Landwirten der betreffend­en Felder gesucht, um mit ihnen Lösungen zu finden. „Erst konnten sie es kaum glauben, dass auf ihren Feldern Kiebitze brüten“, sagt Maier. Er kam mit ihnen überein, die Flächen zu markieren, um sie bei der Behandlung mit Unkrautver­nichtungsm­itteln aussparen zu können. Dafür ist er ihnen dankbar: „Ich habe von allen die Zusage für Unterstütz­ung erhalten, ohne sie könnte ich gar nichts bewirken.“

Kiebitze ernähren sich überwiegen­d von Insekten, Schnecken, Spinnen und Regenwürme­rn, die sich die geschlüpft­en Jungen von Anfang an selbst suchen. Damit dies für die „Offenlandb­rüter“auf den bewachsene­n Flächen im Rothtal funktionie­rt, hat ihnen Maier Wege gebahnt und sogar kleine Übergänge über Wasserrinn­en gebaut. „Die Vögel landen nämlich buchstäbli­ch im Graben, aus dem sie es nicht mehr herausscha­ffen“, sagt der Naturschüt­zer.

Maier will auf jeden Fall weiterhin als Kiebitzret­ter tätig sein, zumal die zur Familie der Regenpfeif­er zählenden Vögel ortstreu sind. Das bedeutet, sie kehren aus ihrem Winterquar­tier im Mittelmeer­raum ins Rothtal zurück. Vielleicht lassen sich Patenschaf­ten gründen, überlegt Maier. Der Unterstütz­ung der Bauern ist er sich sicher.

 ??  ?? Franz Maier, Delegierte­r des Landesbund­es für Vogelschut­z, steht vor einem überdimens­ionalen Kiebitz in seinem Garten in Reg glisweiler.
Franz Maier, Delegierte­r des Landesbund­es für Vogelschut­z, steht vor einem überdimens­ionalen Kiebitz in seinem Garten in Reg glisweiler.
 ??  ?? Dieser Kiebitz macht sich am Rand einer Wiese auf die Suche nach Futter.
Dieser Kiebitz macht sich am Rand einer Wiese auf die Suche nach Futter.
 ??  ?? Vier Eier liegen in einem Kiebitznes­t im Ried zwischen Buch und Illertisse­n.
Vier Eier liegen in einem Kiebitznes­t im Ried zwischen Buch und Illertisse­n.

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