Über die große Chance riesiger Datenmengen
Stationäre Handelsketten versuchen zunehmend, Kassenzettel und Co. für ihre Zwecke auszuwerten
Ulm/Neu Ulm Eine Drogeriemarktkette aus 500 Filialen mit 1000 Kunden am Tag pro Filiale, die je im Schnitt 20 Produkte an 210 Tagen im Jahr aus einem Sortiment von 200 000 Stück auswählen produziert pro Jahr 2,1 Milliarden Datensätze. Das ist, was Experten „Big Data“nennen – Datenmengen, die mit üblichen Computermengen gar nicht mehr handhabbar sind.
Mit noch größeren Datenmengen hat ein Kunde und Anteilseigner der Ulmer Firma „Deutsche Retail Service“(DRS) zu kämpfen: Der Drogeriemarkt Müller betreibt 828 Filialen. Und im Auftrag des Ulmer Unternehmens macht sich die DRS Gedanken, wie man diese nutzen kann. Andreas Nebel war 20 Jahre IT-Leiter bei Müller und kennt nun als DRS-Vorstand die Bedürfnisse seines Kunden. „Wir sehen insbesondere den stationären Handel vor respektablen Herausforderungen stehen“, sagt Nebel. „Wege in die Zukunft“will er dem mittelständischen Handel mit der erst im Januar in Ulm gegründeten Firma (wir berichteten) aufzeigen.
Dazu gehöre auch die Nutzung von „Big Data“. Der Branchenriese Amazon mache es vor, wie diese Daten zu Gold werden: Jeder Nutzer erhalte maßgeschneiderte Angebote, weil Amazon genau das Verhalten seiner Kunden auswerte. Was im Online-Handel geht, lasse sich auch in stationären Geschäften umsetzen. Etwa durch maßgeschneiderte Angebote wie bei Amazon auf dem Kassenzettel. Oder durch Sensorik: So gebe es bei Handelsketten Überlegungen für die Einführung von Apps, die merken, wenn der Smartphone-Nutzer in der Nähe einer Filiale ist – um dann passgenau Gutscheine aufs Handy zu spielen. Die Kaffeehauskette Starbucks, die im September in Ulm eine Filiale eröffnet, macht bereits vor, wie so etwas funktionieren kann: Die App des Kaffeerösters schickt nicht nur Rabatte, die zum letzten konsumierten Getränk passen, sie hat auch eine Zahlungsfunktion.
DRS-Vorstand Nebel redete im Rahmen der Vorstellung einer Studie der Commerzbank über das zukunftsweisende Thema „Big Data“und wie Händler diese Daten nutzen können. Wie Oliver Wenzler, der Commerzbank-Niederlassungsleiter Firmenkunden in Ulm, sagt, seien sich 97 Prozent der deutschen mittelständischen Unternehmen einig, dass dieses Thema den Wettbewerbsdruck erhöht und man sich folglich damit befassen müsse. Allerdings reiche das Sammeln von Daten nicht. Es brauche Fachkräfte, die diesen Schatz auch zu heben wissen. Nur acht Prozent der gesammelten Daten werden intelligent genutzt. „Damit liegt ein riesiges Potenzial brach.“Die großen Nutzer dienen als Vorbild: Die Mehrheit der Nutzer von „Smart Data“sehen Konzerne wie Google, Amazon, Microsoft und Facebook als Inspirationsquelle für das eigene Handeln. (heo)