Es wird Zeit für das zweite Gleis
Manche Themen begleiten einen Journalisten sein ganzes Berufsleben lang. Zum Beispiel der Ausbau der Illertalbahn. Als ich vor 34 Jahren meine erste Redakteursstelle bei der Illertisser Zeitung antrat, galt die Debatte um die eingleisige Strecke bereits als kalter Kaffee: tausendmal diskutiert, tausendmal ist nichts passiert. Und jetzt? Mehr als drei Jahrzehnte später? Natürlich immer noch nichts. Wobei das zumindest ein kleines bisschen ungerecht ist, denn die Bayerische Staatsregierung hat im Rahmen ihrer ElektromobilitätsStrategie Anfang des Jahres das Ziel ausgegeben, die eingleisige Strecke zu elektrifizieren. Dass mit dieser Absichtserklärung die Bahn-Dieselei im Illertal demnächst aufhört, steht nicht zu erwarten.
Zumal der zweigleisige Ausbau viel vordringlicher wäre, denn die Route gehört zu den am dichtesten befahrenen eingleisigen Strecken Deutschlands. Am engsten geht es zwischen Senden und Ulm zu, denn dort sind täglich 116 Personenzüge mit mehreren Tausend Fahrgästen unterwegs. Schon kleine Stockungen können den Fahrplan gehörig durcheinanderbringen. Das hat der Vorfall vom Donnerstag wieder gezeigt. Die Sache ging zum Glück glimpflich ab, als eine landwirtschaftliche Maschine bei Altenstadt einen herannahenden Zug streifte. Die Strecke war blockiert, Reisende mussten sich stundenlang mit Geduld wappnen. Kleine Ursache, große Wirkung. Die Illertalbahn gilt wegen der hohen Zugdichte heute als eine der verspätungsanfälligsten Strecken im Lande. Die Industrie- und Handelskammer fordert gebetsmühlenartig den Ausbau, doch der Ruf verhallt genauso regelmäßig. Der vor zwei Jahren verabschiedete Bundesverkehrswegeplan für das Jahr 2030 lässt den Streckenausbau wieder mal links liegen.
Deshalb kann ich getrost folgende Prognose wagen: Wenn meine Redakteurslaufbahn in acht Jahren ihr planmäßiges Verfallsdatum erreicht hat – also das „Renteneintrittsalter“erreicht ist – wird immer noch über den Ausbau der Illertalbahn diskutiert. Manche Themen begleiten einen hartnäckig.