Obstwiesenfestival: Nostalgie, Neugier und Nachhaltigkeit
Dieses Jahr spielen unter anderem Tocotronic und Von Wegen Lisbeth. Die Organisatoren setzen ein Zeichen gegen den Plastikwahn
Dornstadt Als Tocotronic 2007 auf beim Obstwiesenfestival spielten, war das für den Vereinsvorsitzenden Michael Gugelfuß etwas ganz Besonderes. Eine Lieblingsband aus frühen Jugendtagen, von der er die allererste Vinylschallplatte gekauft hatte, zu der er einst mit dem Roller zum Konzert gefahren war, auf dem eigenen Open Air. Jetzt, 2018, sind Tocotronic zurück beim OWF. Die Aufregung mag nicht mehr so groß sein wie 2007, aber die Vorfreude ist es. Am Donnerstag, 16. August, beginnt die 26. Ausgabe des Festivals, die siebte am aktuellen Standort, dem Lerchenberg unweit der Rommel-Kaserne.
Die bietet nicht nur für IndieNostalgiker etwas. Zum einen, weil Tocotronic vor einigen Monaten mit „Die Unendlichkeit“ein Album vorgelegt haben, das auch jüngere Hörer begeistert. Zum anderen, weil andere Künstler im Programm auch ganz andere Zielgruppen ansprechen: allen voran Von Wegen Lisbeth aus Berlin, Headliner am Freitag und derzeit so etwas wie die Lieblings-Pop-Rock-Band in Teenagerkreisen. Und das ist gut so, denn das Obstwiesenfestival hat schon einige junge Leute geprägt, so wie den jetzigen stellvertretenden Vorsitzenden des Veranstaltervereins, Clemens Wieser – der beim ersten Tocotronic-Konzert beim OWF erst 15 Jahre alt war. „Damals war man halt noch Helferlein oder Gast“, erinnert er sich. Jetzt, beim Aufbau, helfen etwa 30 bis 40 Ehrenamtliche mit, zwischen 18 und 40 Jahre alt. „Von manchen können auch schon die Kids mithelfen“, sagt Gugelfuß und lacht.
Das Obstwiesenfestival ist ein Mehrgenerationenprojekt. Sowohl
Publikum als auch auf den abwechselnd bespielten Bühnen, der großen im Freien und der kleineren im Zelt. Denn dort spielen eben nicht nur gestandene Mittvierziger wie Tocotronic (der Headliner am
sondern auch Nachwuchstalente aus der Region und etliche internationale Bands, die in Deutschland noch keine große Fanschar haben. Gugelfuß und Wieser empfehlen dieses Jahr die neuseeim
ländischen Trash-Rocker DZ Deathrays und besonders den australischen Kammerpopmusiker Jonathan Bree, der in seiner Heimat große Hallen füllt. Um auf der Obstwiese spielen zu können, sagte dieSamstag),
ser sogar einen Clubgig in der Schweiz ab. Warum? Weil die Obstwiese einen guten Namen in der Szene hat. „Wir bekommen immer wieder gesagt, dass wir für ein Umsonst-Festival ein echt geiles Programm haben“, sagt Wieser. Die Obstwiese kostet keinen Eintritt, sondern finanziert sich ausschließlich durch Gastronomieeinnahmen, ein bisschen Sponsoring und jede Menge Selbstausbeutung der Organisatoren. Auch 2018.
Doch das Obstwiesenfestival verändert sich – hin zu einem grünen Festival. Und das mit Nachdruck. So gibt es dieses Jahr Mehrwegstatt Einwegbecher. „Wir haben jedes Jahr 25 000 bis 30 000 Stück verbraucht. Diesen Berg muss man sich mal vorstellen. Das ist absolut nicht mehr zeitgemäß“, sagt Vereinschef Gugelfuß, der auch mit den zuvor eingesetzten, angeblich kompostierbaren Bechern nicht zufrieden war. Und auch sonst wird Wegwerf-Plastik von der Obstwiese verbannt: Schalen, Besteck, Strohhalme – nichts darf aus Kunststoff sein. Die Standbetreiber kommen auch komplett aus der Region. Der Vergangenheit an gehören die ChemieKlos, sie werden auf dem Gelände durch Toilettencontainer (mit Wasseranschluss) ersetzt, für die bekanntermaßen abenteuerlustigeren Camper gibt es Kompost-Toiletten.
Nachhaltigkeit und Regionalität ist ein großes Thema auf dem Festival. Das wird man nicht nur an den Mehrwegbechern sehen, sondern auch aus ihnen kosten können. Auf der Getränkekarte steht dieses Jahr erstmals auch Most aus eigener Herstellung, natürlich aus heimischem Streuobst. „Er ist gut geworden“, sagt Gugelfuß. 5,8 Volumenprozent hat das Getränk, „das ist ordentlich für einen Most“. 200 Liter warten darauf, von durstigen Festivalbesuchern probiert zu werden.
Ein Getränk von der Obstwiese auf der Obstwiese: Der Jahrgang 2018 könnte ein ganz besonderer werden.