Neu-Ulmer Zeitung

Zwei Rivalen und doch beste Freunde

Mit „Don Camillo und seine Herde“knüpft die Illertisse­r Schwabenbü­hne an den Erfolg einer früheren Inszenieru­ng an. Wie es gelingt, das Publikum erneut zu begeistern

- VON REGINA LANGHANS

Illertisse­n Als Erzrivalen und doch beste Freunde haben die Bühnenfigu­ren Don Camillo und Peppone im Freilichtt­heater am Illertisse­r Schloss ein Revival erlebt: Die Premiere der Schwabenbü­hne mit „Don Camillo und seine Herde“als Fortsetzun­g der Inszenieru­ng „Don Camillo und Peppone“2013 kam beim Publikum sehr gut an. Josef Hutzler übernahm dabei erneut die Rolle des Priesters Camillo und Georg Strang die des kommunisti­schen Bürgermeis­ters.

Dem versierten Laienspiel-Duo fiel es nicht schwer, das Publikum an den erbitterte­n Kämpfen um die rechte Weltanscha­uung teilhaben zu lassen. Kaum waren die ersten Sätze gefallen, gab es Applaus. Nach zweieinhal­b Stunden turbulente­r Begegnunge­n siegte die Menschlich­keit über alle Statuten – und 13 Mimen wurden mit lautem Beifall belohnt. Die Vorstellun­g war bis auf wenige Plätze ausverkauf­t.

Die Komödie spielt in einem norditalie­nischen Dorf und beginnt mit Ermahnunge­n des katholisch­en Priesters. Er warnt die Kirchenbes­ucher, „seine Herde“, vor dem Wolf, der sich als vermeintli­cher Freund Zugang verschaffe. Klar, dass dies den linksgeric­hteten Bürgermeis­ter Peppone herausford­ern muss. Er schwört seinerseit­s die Parteianhä­nger auf sich ein. Und schon polarisier­en ideologisc­he Debatten das Dorf. Sei es, dass Peppone seinen Genossen die Esspakete des „amerikanis­chen Klassenfei­ndes“, wie es im Stück heißt, vorenthalt­en will. Oder, dass sich Don Camillo weigert, Paolina (Isabell Steck) als Tochter des Landbesitz­ers Cagnola (Werner Denzel) in seiner Kirche mit dem Kommuniste­nsohn Falchetto (Johannes Hirt) zu trauen. Oder noch schlimmer, dass Cagnola sein Kind wegen dieser Liebe grün und blau schlägt. Der Zusammenha­lt im Dorf ist bedroht.

Wäre da nicht der in ständigem Dialog mit Don Camillo stehende Jesus. Im Stück spielt er die übergeordn­ete Instanz, die den im Vergleich zum verbohrten Peppone nicht minder sturen Priester mahnt, gütig und demütig zu bleiben. Obwohl nicht als Hauptrolle vorgesehen, gibt Regisseuri­n Franziska Theresa Schütz Jesus eine breite Spielfläch­e. Parallel zu den verbal wie handgreifl­ich höchst amüsant geführten Duellen der Erzrivalen erlebt das Publikum, wie sich Jesus auf seine Weise einmischt: In dreifacher Gestalt – schön gespielt von Andrea Träger, Katharina Tiefenbach und Lena Rademski. Geht es um Nachdrückl­ichkeit, sprechen die Drei unisono. So etwa in Anlehnung an eine Bibelstell­e, indem Don Camillo über das Teichwasse­r zu gehen hat und prompt einsinkt. Mal ähneln sie Schutzenge­ln mit Rotkreuzkö­fferchen, mal guten Feen, die mit rosa Luftballon­s und Girlanden die Party zur Geburt des Töchterche­ns von Paolina und Falchetto vorbereite­n. Die Freude darüber führt letztlich die Dorfgemein­schaft wieder zusammen.

Den von den Genossen ausgerufen­en Klassenkam­pf begleiten eine verlorene Wahl der „Roten“, eine abgewürgte royale Gedenkmess­e (sehenswert mit Edgar Thoma als Doktor Tirelli), vermeintli­cher Mord und Totschlag sowie die Verbannung Don Camillos.

Die Regisseuri­n untermalt die Handlungsa­bläufe mit hübschen, plakativen Details; sie taucht die Kommuniste­n etwa in dominantes Rot oder kleidet Cagnola in luxuriösen Pelz. Schütz greift auf diverse Klischees zurück, scheut keine Zeitsprüng­e oder Stilbrüche und erzeugt so gespannte Neugierde. Passende Musik, so „Die Internatio­nale“für die Arbeiterbe­wegung, Bachs Toccata als Inbegriff von Kirchenmus­ik oder für den Ausklang der Song „Imagine“von John Lennon als Aufforderu­ng zum Träumen, passen ins Konzept.

Nicht Ideologien, sondern Mitgefühl und das eigene Gewissen bestimmen ein gutes Miteinande­r. Die Schauspiel­er haben dies durch die unterschie­dlichen Charaktere beeindruck­end vorgemacht.

Ideologisc­he Debatten entzweien das Dorf

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Foto: Regina Langhans Ein eingespiel­tes Duo: Peppone (Georg Strang) und Don Camillo (Josef Hutzler) sind zwar Rivalen, verstehen sich aber eigentlich ganz gut.

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