Asylhelfer in der Region: Der harte Kern hält durch
Zähe Behördengänge, Probleme bei der Wohnungssuche, Abschiebungen: Unter den Ehrenamtlichen macht sich Ernüchterung breit
Vöhringen/Illertissen Es ist der 4. Juli 2018, als ein Flieger mit 69 afghanischen Flüchtlingen in Richtung Kabul abhebt. Mit an Bord: drei junge Männer, die zuletzt in der Region lebten. Einer davon, der 24-jährige Nawid A., versucht, sich zuvor das Leben zu nehmen. Am Tag der Abschiebung hätte er seine mündliche Prüfung für den qualifizierenden Hauptschulabschluss gehabt. Er galt als integriert – wie die beiden anderen jungen Männer, deren Leben sich an diesem Tag auf einen Schlag ändern sollten. Nur wenige Wochen später, am 14. August, bringt ein weiterer Flieger 46 Afghanen von München aus zurück in ihr Heimatland. Und wieder ist ein junger Mann dabei, der in der Region seine Zelte aufgeschlagen hatte.
Es sind Schicksale wie diese, die die ehrenamtlichen Asylhelfer aus der Region nicht mehr loslassen. In Gesprächen mit unserer Redaktion berichten einige von Frust, von Ernüchterung und von Müdigkeit. Das Wissen, vielen Geflüchteten nicht helfen zu können, „überhaupt nicht mehr zu wissen, was man ihnen raten soll“, nehme ihn persönlich sehr mit, sagt etwa Wilhelm Schulte vom Illertisser Asylkreis. Gemeinsam mit Sabine Hader kümmert sich der Sprecher der Gruppe vor allem um Geflüchtete aus Afghanistan. Die Unsicherheit, sie sei in diesen Tagen groß – sowohl bei den Helfern, als auch bei den Flüchtlingen, von denen manche aus Angst vor einer Abschiebung mittlerweile untergetaucht seien. Klar wisse man, dass nicht jeder bleiben könne, sagt Hader. Aber würde einer ihrer „Schützlinge“abgeschoben, „hätte ich schon sehr daran zu knacken“.
Vier Jahre nach der Ankunft der ersten Asylbewerber im Kreis sind es sonst vor allem Behördengänge, der Umgang mit Ablehnungen oder die Suche nach Arbeitsplätzen, die die Helfer beschäftigen. „Die Themen sind härter geworden“, findet Silvia Gugler vom Freundeskreis Asyl Vöhringen. Sei es anfangs vor allem darum gegangen, Deutschunterricht zu organisieren, Freizeit zu gestalten oder Sachspenden zu verteilen, stünden heute Begleitungen zum Rechtsanwalt oder die zähe Suche nach freien und bezahlbaren Wohnungen auf dem Programm. „Gerade in diesem Bereich erreichen wir fast nichts“, sagt Gugler.
Die Zahl der ehrenamtlich Engagierten ist in vielen Helferkreisen dabei über die Jahre zurückgegangen. „Natürlich hat sich unser Freundeskreis verkleinert, teils aus Frust oder Überforderung, aber auch aus familiären oder beruflichen Gründen“, sagt Gugler. 32 Aktive zähle die Gruppe in Vöhringen derzeit. In Illertissen sind es nach Aus- kunft von Sprecher Schulte zwölf bis 15 Leute, die sich regelmäßig treffen. Zu Hochzeiten seien es zwischen 60 und 70 Personen gewesen. Aber Aufgeben kommt für Hader und Schulte nicht in Frage. Denn neben einigen Rückschlägen gebe es viele Dinge, die positiv verlaufen, bekräftigt Schulte. Wer durchhalten wolle, der brauche allerdings ab und an Erholungsphasen.
Mut und Unterstützung, das finden die Helfer unter anderem in den eigenen Reihen. Es herrsche eine gute Stimmung im Helferkreis, sagt Melitta Balaban, die die Ehrenamtlichen in Illertissen von städtischer Seite aus unterstützt. „Der harte Kern ist immer da.“Der Helferkreis habe viel erreicht. Viele Dinge würden dabei im Stillen geschehen und kämen erst gar nicht an die Öffentlichkeit – seien es Einzelnachhilfen oder Unterstützung beim Führerschein. Und dann gebe es natürlich auch noch die anerkannten Flüchtlinge, die auf Arbeitssuche seien, sich gegenseitig motivierten und als Vorbilder für andere dienten.
Dass die Ehrenamtlichen mittlerweile in vielen Kommunen auf hauptamtliche Unterstützung zurückgreifen können, entlaste ungemein, sagt Silvia Gugler aus Vöhringen. „Wir müssen weniger Papierkram erledigen und haben wieder mehr Zeit für Gespräche, für Gastfreundschaft.“Denn schließlich sei vor allem das der Grund, warum so viele Helfer angefangen haben – und nach wie vor dabei sind.
Die Freundeskreise sind deutlich geschrumpft