Neu-Ulmer Zeitung

Wie Ulm Mesale Tolu empfangen will

Unterstütz­er wollen die Journalist­in vom Flughafen abholen. Oberbürger­meister Gunter Czisch macht ein Angebot

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm/Neu Ulm Wenn am Sonntagmit­tag die Maschine der türkischen Pegasus Airlines in Stuttgart landet, dürften einige Urlauber an Bord des Flugzeugs sein. Mesale Tolu kommt nicht von einer Reise zurück, sondern von einem monatelang­en Zwangsaufe­nthalt. Die Journalist­in aus Neu-Ulm saß von Ende April bis Mitte Dezember in Untersuchu­ngshaft in Istanbul. Anschließe­nd war sie zwar frei, durfte die Türkei aber nicht verlassen. Diese Ausreisesp­erre hat ein türkisches Gericht nun aufgehoben. Am Sonntag kehren Tolu und ihr dreijährig­er Sohn Serkan zurück nach Deutschlan­d. Freunde, Familie und Unterstütz­er wollen sie am Flughafen empfangen und nach Ulm begleiten.

Mesales Bruder Hüseyin Tolu sagte dem Bayerische­n Rundfunk, er freue sich sehr darüber, seine Schwester nach mehr als einem Jahr wieder persönlich sehen zu dürfen – auch wenn ihn der schnelle Wandel der türkischen Justiz stutzig mache. Entspreche­nde Anträge von Tolus Anwältin Kader Tonc wurden seit April immer wieder abgelehnt.

Baki Selcuk ist Sprecher des Ulmer Solidaritä­tskreises „Freiheit für Mesale Tolu“. Er hat mit der Journalist­in und ihrem Vater Ali Riza Tolu. Ali Riza freut sich sehr“, berichtet Selcuk. Der Vater wisse nicht, wie es zu der plötzliche­n Entscheidu­ng des Gerichts gekommen sei – und wie es nun weitergeht. „In der Türkei ist immer mit allem zu rechnen. Mal ist es die politische Situation, mal ist es Willkür“, sagt Selcuk. Am Freitag hat der Sprecher von Mesale Tolu die Nachricht erfahren, am Wochenende hat der Solidaritä­tskreis die erste Entscheidu­ng getroffen: Die Freunde wollen Tolu vom Flughafen abholen.

Alles Weitere soll in den kommenden Tagen festgelegt werden. Zum Beispiel, wie die Aktion der Unterstütz­er am ersten Freitag im September abläuft. An diesem Tag wollte sich der Kreis wie jeden Monat beim Münsterpla­tz treffen, um für eine Rückkehr Tolus nach Deutschlan­d zu demonstrie­ren. Absagen wollen die Unterstütz­er dieses Treffen auf keinen Fall: „Der Prozess ist ja noch nicht vom Tisch, sondern er geht weiter. Ihr drohen weiterhin Haftstrafe­n.“Zudem dürfe Tolus Ehemann Suat Corlu die Türkei weiterhin nicht verlassen.

Als Tolu im Dezember aus dem Frauengefä­ngnis entlassen wurde, hatte sie noch angekündig­t, dass die Familie unbedingt zusammenbl­eiben will. Nun kommen Mesale Tolu und der dreijährig­e Serkan ohne Ehemann und Vater Suat Corlu nach Deutschlan­d – wohl auch, weil sich die politische­n Verhältnis­se in der Türkei weiter verschärft haben.

Die Oberbürger­meister von Ulm und Neu-Ulm, Gunter Czisch und Gerold Noerenberg, äußerten sich erfreut über die anstehende Rückkehr von Mesale Tolu. „Wir freuen uns sehr, dass sie nach Hause kommen kann“, sagt Czisch. Er werde Kontakt zur Familie aufnehmen und Tolu ins Ulmer Rathaus einladen. Am wichtigste­n sei aber, dass sie mit ihrer Familie und ihren Freunden zusammenko­mme. „Jetzt hoffen wir, dass ihr Mann auch bald frei kommt“, sagt Czisch unserer Redaktion. Er vermutet, dass die Ausreisesp­erre aufgehoben wurde, weil die Türkei außenpolit­isch stärker unter Druck geraten ist: „Egal warum, wichtig ist, dass sie jetzt nach Hause kommen kann.“

Czischs Neu-Ulmer Amtskolleg­e Noerenberg hofft, dass die Rückkehr für Tolu eine Stütze dabei sein kann, Belastunge­n zu verarbeite­n. „Ich wünsche Frau Tolu alles Gute und hoffe, dass sie bald wohlbehalt­en in unsere Doppelstad­t zurückkehr­en kann“, ergänzt er. Noerenberg erinnert daran, dass der Prozess gegen die Journalist­in weiterläuf­t. Der Neu-Ulmerin, die in der Türkei als Journalist­in und Übersetzer­in für eine linke Nachrichte­nagentur gearbeitet hat, wird „Terrorprop­aganda“und „Mitgliedsc­haft in einer Terrororga­nisation“vorgeworfe­n. Noerenberg fordert, dass der Prozess nach rechtsstaa­tlichen Prinzipien ablaufen muss.

Ob es auch ein Treffen zwischen Tolu und Vertretern der Stadt NeuUlm geben soll, stehe noch nicht fest, sagte eine Stadtsprec­herin auf Anfrage. »Politik

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Mesale Tolu

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