Der bürgernahe Beamte
Nach 47 Jahren im Weißenhorner Rathaus geht Karl-Walter Simmendinger in den Ruhestand. Kaum einer kennt die Stadt und ihre Infrastruktur so gut wie er
Weißenhorn Ein passenderes Abschiedsgeschenk hätten seine Mitarbeiter vom städtischen Wasserwerk nicht für ihn anfertigen können: Ein ausrangierter Hydrant, versehen mit einer Tischplatte und einem Sonnenschirm, wird einen festen Platz im Garten von Karl-Walter Simmendinger bekommen. Vielleicht wird er sogar noch zu einer Gartendusche umgebaut. Wasser und Hydrant stehen jedenfalls für zwei Bereiche, mit denen der Weißenhorner jahrzehntelang zu tun hatte: städtische Infrastruktur und Feuerwehr.
46 Jahre war Simmendinger aktiver Feuerwehrmann, noch ein Jahr länger arbeitete er bei der Weißenhorner Stadtverwaltung. Nun geht der 64-Jährige, der mit Max Baur, Heinz Berchtenbreiter und Wolfgang Fendt drei Bürgermeister als Chefs erlebt hat, in den Ruhestand. Seit 28 Jahren ist der Verwaltungsbeamte Werkleiter des Wasserwerks,
Zum eigenen Polterabend ist er zu spät gekommen
zudem seit einigen Jahren stellvertretender Kämmerer. Gebühren, Abgaben, Abfallberatung, Wasser, Bäderverwaltung: Die Themengebiete, mit denen sich Simmendinger befasst hat, sind nah am Bürger. Und so sagt er auch über seine Arbeit, die ihm bis zum Schluss viel Freude bereitet: „Ich habe mit den Leuten viel Kontakt.“Nicht nur als Einheimischer, der nie einen weiten Weg ins Büro hatte, sondern auch in seiner Funktion für die Verwaltung sei er häufig in der Stadt angesprochen worden, „auch sonntags beim Kirchgang“.
Bürgernähe statt Paragrafenreiterei, den Menschen die Dinge erklären, auf sie zugehen – das zählt zu Simmendingers Grundprinzipien. Auch wenn sich da so manche Diskussion nicht vermeiden lässt. Der langjährige Mitarbeiter erinnert an das Jahr 1994, als der Landrat der Stadt einen Baustopp verhängte, weil die Weißenhorner Kläranlage dringend saniert werden musste. Die Hälfte der Kosten für das 25-Millionen-Projekt seien auf die Bürger umgelegt worden, erzählt Simmendinger. 3000 bis 5000 D-Mark habe das einige gekostet.
750 000 Kubikmeter Wasser verkauft die Stadt jedes Jahr an ihre weiß der Werkleiter des Wasserwerks. Und nur sehr selten gebe es Störungen. Auch während der momentan von Hitze und Trockenheit geprägten Periode sei die Versorgung stabil, versichert Simmendinger, der jeden Brunnen, jeden Hochbehälter, die Wasserleitungen und nach eigenen Angaben auch jede Straße in Weißenhorn kennt. Persönlich freut es ihn ganz besonders, dass zum Abschluss seiner Laufbahn noch ein langwieriges Projekt zu Ende gebracht werden kann: der Bau eines neuen Brunnens zwischen Weißenhorn und Emershofen, der Anfang 2019 in Betrieb gehen soll. „Nach langer Suche haben wir endlich einen Standort gefunden“, sagt Simmendinger.
Mit anpacken und handwerklich tätig werden gehörte vor allem in den Anfangsjahren bei der Verwal- tung mit zu seinem Job. 1972, erzählt der erfahrene Beamte, habe der Bürgermeister alle Männer im Rathaus dazu aufgefordert, das Becken des neuen Freibads zu streichen. Auch beim täglichen Gießen der frisch im Bad angepflanzten Blumen mit dem Tanklöschfahrzeug half Simmendinger mit. „Und 1973 bin ich zwei Tage mit dem Unimog Winterdienst gefahren“, berichtet der 64-Jährige. Damals seien einige Mitarbeiter des Bauhofs krankheitsbedingt ausgefallen. Für eine Mülltonnen-Tauschaktion stieg er einst ebenfalls in den Lastwagen. Allerdings räumt Simmendinger auch ein: „Es war eine andere Zeit.“
Dann erzählt er von seinem eigenen Polterabend, zu dem er wegen dienstlicher Verpflichtungen zu spät gekommen sei. Als Fahrer war er mit dem Rathauschef noch auf eiBürger, nem Termin in Augsburg. Und auch die standesamtliche Hochzeit zwei Tage später musste zeitlich etwas nach hinten verschoben werden – wegen eines Brands im Peri-Werk am frühen Morgen. Der Ehe hat es nicht geschadet: Vor Kurzem haben Simmendinger und seine Frau Gerda ihren 40. Hochzeitstag gefeiert. Das Paar hat zwei Söhne.
Für den Ruhestand, den er am Donnerstag antritt, hat sich Simmendinger neben seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Kassenwart im Weißenhorner Feuerwehrverein unter anderem eines vorgenommen: Öfter mit seiner Frau und dem Wohnwagen auf Reisen gehen. „Jetzt bleibt auch Zeit, länger weg zu fahren“, sagt er. Seinen Nachfolger im Rathaus, Andreas Palige, hat er übrigens in den vergangenen Wochen schon eingelernt.