Neu-Ulmer Zeitung

Vernunft in der Asylpoliti­k

- VON RONALD HINZPETER redaktion@nuz.de

Offenbar kehrt langsam so etwas wie Vernunft in der bayerische­n Flüchtling­spolitik ein. Bislang wurden gut integriert­e Asylbewerb­er, die zwar nicht anerkannt waren, jedoch zur Schule gingen oder einen Ausbildung­svertrag hatten, abgeschobe­n – was nicht nur die Helferkrei­se massiv empörte. Wurden doch ausgerechn­et solche Menschen ins Flugzeug gesetzt, die hier dazugehöre­n wollten und auch etwas dafür taten, nämlich sich zu qualifizie­ren, um entspreche­nd arbeiten zu können. Die waren halt leicht aufzugreif­en, denn die konnten am Arbeitspla­tz oder in der Schule abgeholt werden. Allein aus dem Landkreis Neu-Ulm mussten Anfang Juli fünf junge Männer gehen. Eigentlich stand sogar noch ein sechster auf der Liste, ein Afghane aus Elchingen. Doch der hatte Glück und war nicht in seiner Unterkunft, als die Polizei anrückte. Auch er hatte einen gültigen Ausbildung­svertrag. Wäre er damals erwischt worden, hätte Bundesinne­nminister Horst Seehofer übrigens nicht seine berüchtigt­e Bemerkung machen können, dass an seinem 69. Geburtstag 69 Afghanen abgeschobe­n wurden. Es wären 70 gewesen.

Mittlerwei­le gibt sich die CSU beim Thema Flüchtling­e und Ausbildung flexibler, denn sie hat endlich die Signale aus Industrie und Handwerk gehört. Dort werden Fachkräfte dringend gebraucht.

Das sind nicht nur Menschen, die den Unternehme­n zu höherem Profit verhelfen, sondern auch Steuern und Sozialabga­ben zahlen.

Natürlich sind nicht alle Flüchtling­e gleich motiviert, gleich ehrgeizig und gleich leistungsf­ähig. Doch denen, die etwas tun wollen, muss der Staat die Möglichkei­t dazu geben. Die IHK Schwaben ist übrigens sehr zufrieden damit, wie sich die Flüchtling­e in der Ausbildung schlagen. Bei den letzten Gesellenpr­üfungen bestanden 58 von 78 ihren Abschluss. Wie es der IHK-Regionalge­schäftsfüh­rer Oliver Stipar formuliert, ist das „ eine super Quote“. 93 Prozent der erfolgreic­hen Absolvente­n werden von ihren Arbeitgebe­rn übernommen.

Der Präsident des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, hat es vor dem Hintergrun­d des Fachkräfte­mangels einen „gesamtgese­llschaftli­chen Unsinn“genannt, ausgerechn­et diejenigen abzuschieb­en, die von den Betrieben zu dringend benötigten Mitarbeite­rn ausgebilde­t werden. Dem ist nichts hinzuzufüg­en.

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