Neu-Ulmer Zeitung

Als aus acht Dörfern eine Gemeinscha­ft wurde

Die Bewohner aus Obenhausen und Gannertsho­fen wehrten sich einst gegen den Anschluss an Buch

- VON RALPH MANHALTER

Buch Der Markt Buch ist im Landkreis Neu-Ulm wohl eine der Gemeinden mit den meisten Ortsteilen. Doch das war nicht immer so: Bis zu den 1970er Jahren waren die Dörfer um Buch selbststän­dig – und dann folgte die Gebietsref­orm.

Dass Buch den Mittelpunk­t der Orte bilden sollte, war seitens der Staatsregi­erung eine ausgemacht­e Sache. Als größte der Ortschafte­n im oberen Rothtal mit jahrhunder­tealtem Marktrecht bot sich Buch geradezu als Verwaltung­ssitz an. Obenhausen hegte hingegen – allerdings schon Jahre zuvor – andere Absichten: Wäre es nach dem damaligen Bürgermeis­ter Josef Menrad gegangen, so hätte seine Gemeinde eine Zentralfun­ktion erhalten. Es wurde dabei ein Auge auf Gannertsho­fen und Rennertsho­fen geworfen und sogar Buch hätte eingemeind­et werden sollen. Dietershof­en war bereits seit 1971 in Obenhausen aufgegange­n. Diese Pläne stießen jedoch nicht überall auf Zustimmung, am wenigsten bei den bayerische­n Behörden, die ihr Modell durchsetzt­en.

Das bedeutet aber nicht, dass die Aufgabe der Selbststän­digkeit sangund klanglos über die Bühne ging. Denn neben Obenhausen wehrte sich auch Gannertsho­fen massiv gegen den Anschluss an Buch.

Wie Alois Alt, der noch im einstigen Gannertsho­fer Gemeindera­t saß, mitteilte, sahen es viele Einwohner nicht ein, die Unabhängig­keit aufzugeben. Wenn der Schritt dennoch unabwendba­r sein sollte, dann wäre mancher lieber Obenhausen oder gar Weißenhorn zugeteilt worden. Deshalb lehnte der damalige Bürgermeis­ter August Haas es ab, den Eingemeind­ungsvertra­g zu unterzeich­nen. Nachdem sich auch dessen Stellvertr­eter weigerte, habe er selbst, so Alt, mit Anton Sausenthal­er unterschre­iben müssen. Wie groß die Vorbehalte gegenüber Buch waren, zeigt auch, dass kurz vor dem Stichtag die gemeindlic­hen Fischrecht­e in der Roth an einen Privatmann veräußert wurden. Gannertsho­fen zählte zudem zu den 34 bayerische­n Orten, die sich in einer – letztlich erfolglose­n – Sammelklag­e gegen die Reform zur Wehr setzten. Schwierigk­eiten dieser Art sind aus Rennertsho­fen nicht bekannt. Nach Aussage von Max Braunmille­r war der Ort 1972 ohne Bürgermeis­ter. Dies nahm Obenhausen zum Anlass, seine Fühler auszustrec­ken. Allerdings lag dazwischen noch Nordholz, was eine Vereinigun­g unmöglich machte. Der neu gewählte Rennertsho­fer Bürgermeis­ter Konrad Braunmille­r tendierte außerdem eindeutig nach Buch. Die Vorbehalte aus Christerts­hofen und Nordholz gegenüber der Marktgemei­nde im Rothtal hielten sich ebenfalls in Grenzen. Und Ritzisried war in der Vergangenh­eit ohnehin mit Buch in einem Herrschaft­sverbund gewesen. Somit war dort kaum Widerstand zu verzeichne­n. Einen anderen Ansatz hatte dagegen einige Jahre vor der Gebietsref­orm der ehemalige Neu-Ulmer Landrat Max Rauth: Für einen neuen Naherholun­gsraum sollten Christerts­hofen und Rennertsho­fen nach Roggenburg eingemeind­et werden. Zumindest die Historie spräche dafür, waren doch die Dörfer einst unter dem Roggenburg­er Krummstab vereinigt gewesen. Allerdings zerschluge­n sich die Pläne nach Rauths plötzliche­m Tod 1973.

Es bleibt die Frage, weshalb Ober- und Unterroth nicht in den Markt integriert wurden. Während der Reform waren beide Orte finanzstar­k und verfügten über viele Einwohner. Möglicherw­eise hat das die Selbststän­digkeit bewahrt. Dennoch kamen beide Orte nicht umhin, eine Verwaltung­sgemeinsch­aft mit Buch zu bilden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany