Neu-Ulmer Zeitung

Falsche Asbestsani­erung bringt Handwerker vor Gericht

Der Unternehme­r handelt nach Standards aus seiner Lehrlingsz­eit. Die Strafe akzeptiert er nur widerwilli­g

- VON MICHAEL PETER BLUHM

Ulm Seit 30 Jahren führt ein selbststän­diger Handwerksm­eister erfolgreic­h seinen Maler- und Stuckateur­betrieb im Alb-Donau-Kreis mit einem Dutzend Mitarbeite­rn. In diesem Jahr flatterte ein Einschreib­en der Staatsanwa­ltschaft in sein Büro – mit der Aufforderu­ng, einen Strafbefeh­l von 6000 Euro zu bezahlen. Das Vergehen des Mannes: Fahrlässig­er und unerlaubte­r Umgang mit gefährlich­en Abfällen.

Den Einspruch des überrascht­en Unternehme­rs bügelte das Ulmer Amtsgerich­t ab. Ein bisschen kleinlaut nahm er nach einstündig­er Verhandlun­g seinen Einspruch zurück. Die Geldstrafe ist angesichts seines monatliche­n Einkommens ein Klacks.

Zunächst trat der Angeklagte sehr selbstbewu­sst vor dem Richter auf: Er sei sich keiner Schuld bewusst. Das Unternehme­n hatte in einem Ort im Alb-Donau-Kreis den Auftrag bekommen, ein älteres Haus zu sanieren. Es war mit Asbestzeme­ntplatten bestückt.

Seit 1993 ist in Deutschlan­d die Herstellun­g, das Inverkehrb­ringen und die Verwendung von asbesthalt­igen Produkten strengsten­s verboten, weil diese eindeutig krebserreg­end sind. Charakteri­stisch für Asbest ist seine Eigenschaf­t, sich in feine Fasern zu zerteilen, die leicht eingeatmet werden können. Das passiert beispielsw­eise, wenn Asbestplat­ten zerschlage­n oder angebohrt werden. Ein sogenannte­s Mesothelio­m, also ein Tumor des Lungenoder Bauchfells kann die Folge sein, teilt die Deutsche Krebsgesel­lschaft mit.

Der Angeklagte berichtete vor Gericht, dass er als Lehrling vor Jahrzehnte­n dabei war, als ein Asbesthaus saniert wurde. Damals mussten die Arbeiter einen Schutzanzu­g mit Mundschutz und Kapuze tragen und den Abfall in spezielle Säcke für die Sondermüll­anlage abfüllen. Nach diesem Kenntnisst­and sei er jetzt als Unternehme­r auch vorgegange­n und habe seine Mitarbeite­r entspreche­nd ausgerüste­t.

Doch seit 1993 gibt es in Deutschlan­d eine grundlegen­de Rechtsnorm, die dazu dient, Menschen und Umwelt vor schädliche­n Einwirkung­en durch gefährlich­e, möglicherw­eise todbringen­de Stoffe wie Asbest zu schützen. „Ich kannte mich da nicht aus“, gestand der Handwerker. „Ich habe versucht, in meinem Leben alles anständig zu machen und jetzt das“, meinte er weiter. Er stand zum ersten Mal in seinem Leben vor Gericht.

Der Fahrlässig­keitsvorwu­rf des Staatsanwa­ltes war umfangreic­h. Der Unternehme­r hat den Umgang mit Asbest nicht rechtzeiti­g bei der zuständige­n Behörde gemeldet und die Baustelle an einer öffentlich­en Straße nicht absperren lassen. Beides ist zwingend vorgeschri­eben. Die Sanierung wurde weder von einem sachkundig­en Verantwort­lichen überwacht, noch von geschulten Mitarbeite­rn mit Erfahrung bei der Asbestsani­erung vorgenomme­n. Nach heutigen Regeln müssen Fachbetrie­be spezielle Zulassunge­n vorweisen, die der Angeklagte nicht hatte. Offensicht­lich griff der Zoll nach einer Anzeige ein.

Die Versuche des Angeklagte­n, die Geldstrafe zu verringern, fruchteten beim Amtsrichte­r nicht. Dieser deutete vielmehr an, dass bei einem Urteil durchaus auch 9000 Euro Strafe herauskomm­en könnten. Da handelte der Angeklagte, der ohne Anwalt erschienen war, blitzschne­ll und nahm, wenn auch widerwilli­g, seinen Einspruch zurück.

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Foto: Petra Berger, IG Bau Bei der Sanierung von asbestvers­euchten Gebäuden gelten strenge Regeln, die Men schen und Umwelt schützen sollen.

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