Falsche Asbestsanierung bringt Handwerker vor Gericht
Der Unternehmer handelt nach Standards aus seiner Lehrlingszeit. Die Strafe akzeptiert er nur widerwillig
Ulm Seit 30 Jahren führt ein selbstständiger Handwerksmeister erfolgreich seinen Maler- und Stuckateurbetrieb im Alb-Donau-Kreis mit einem Dutzend Mitarbeitern. In diesem Jahr flatterte ein Einschreiben der Staatsanwaltschaft in sein Büro – mit der Aufforderung, einen Strafbefehl von 6000 Euro zu bezahlen. Das Vergehen des Mannes: Fahrlässiger und unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen.
Den Einspruch des überraschten Unternehmers bügelte das Ulmer Amtsgericht ab. Ein bisschen kleinlaut nahm er nach einstündiger Verhandlung seinen Einspruch zurück. Die Geldstrafe ist angesichts seines monatlichen Einkommens ein Klacks.
Zunächst trat der Angeklagte sehr selbstbewusst vor dem Richter auf: Er sei sich keiner Schuld bewusst. Das Unternehmen hatte in einem Ort im Alb-Donau-Kreis den Auftrag bekommen, ein älteres Haus zu sanieren. Es war mit Asbestzementplatten bestückt.
Seit 1993 ist in Deutschland die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von asbesthaltigen Produkten strengstens verboten, weil diese eindeutig krebserregend sind. Charakteristisch für Asbest ist seine Eigenschaft, sich in feine Fasern zu zerteilen, die leicht eingeatmet werden können. Das passiert beispielsweise, wenn Asbestplatten zerschlagen oder angebohrt werden. Ein sogenanntes Mesotheliom, also ein Tumor des Lungenoder Bauchfells kann die Folge sein, teilt die Deutsche Krebsgesellschaft mit.
Der Angeklagte berichtete vor Gericht, dass er als Lehrling vor Jahrzehnten dabei war, als ein Asbesthaus saniert wurde. Damals mussten die Arbeiter einen Schutzanzug mit Mundschutz und Kapuze tragen und den Abfall in spezielle Säcke für die Sondermüllanlage abfüllen. Nach diesem Kenntnisstand sei er jetzt als Unternehmer auch vorgegangen und habe seine Mitarbeiter entsprechend ausgerüstet.
Doch seit 1993 gibt es in Deutschland eine grundlegende Rechtsnorm, die dazu dient, Menschen und Umwelt vor schädlichen Einwirkungen durch gefährliche, möglicherweise todbringende Stoffe wie Asbest zu schützen. „Ich kannte mich da nicht aus“, gestand der Handwerker. „Ich habe versucht, in meinem Leben alles anständig zu machen und jetzt das“, meinte er weiter. Er stand zum ersten Mal in seinem Leben vor Gericht.
Der Fahrlässigkeitsvorwurf des Staatsanwaltes war umfangreich. Der Unternehmer hat den Umgang mit Asbest nicht rechtzeitig bei der zuständigen Behörde gemeldet und die Baustelle an einer öffentlichen Straße nicht absperren lassen. Beides ist zwingend vorgeschrieben. Die Sanierung wurde weder von einem sachkundigen Verantwortlichen überwacht, noch von geschulten Mitarbeitern mit Erfahrung bei der Asbestsanierung vorgenommen. Nach heutigen Regeln müssen Fachbetriebe spezielle Zulassungen vorweisen, die der Angeklagte nicht hatte. Offensichtlich griff der Zoll nach einer Anzeige ein.
Die Versuche des Angeklagten, die Geldstrafe zu verringern, fruchteten beim Amtsrichter nicht. Dieser deutete vielmehr an, dass bei einem Urteil durchaus auch 9000 Euro Strafe herauskommen könnten. Da handelte der Angeklagte, der ohne Anwalt erschienen war, blitzschnell und nahm, wenn auch widerwillig, seinen Einspruch zurück.