Neu-Ulmer Zeitung

Bleiben die Hotelbette­n leer?

In Ulm und Neu-Ulm entsteht ein Haus nach dem anderen. Die Belegungsq­uote steigt, doch Experten sehen ein Risiko. Wie die Situation im Landkreis aussieht

- VON SEBASTIAN MAYR

Landkreis/Ulm Ein Rekord jagt den nächsten. Die Hotels in der Stadt Neu-Ulm und im Landkreis haben zwischen 2007 und 2016 knapp 600 Betten dazugewonn­en. In Ulm ist die Zahl sogar um knapp 800 gewachsen. Auch die Übernachtu­ngszahlen steigen, die Auslastung der Betriebe ist gut. Das zeigen Zahlen die das Bayerische Landesamt für Statistik, das Landratsam­t Neu-Ulm und die Ulm/Neu-Ulm Touristik (UNT) erhoben haben. Doch wie lange geht der Höhenflug noch weiter? Experten haben Bedenken. Denn gerade in der Doppelstad­t entsteht ein Haus nach dem anderen. UNT-Geschäftsf­ührer Wolfgang Dieterich sagt: „Irgendwann ist eine Sättigung erreicht.“2018, vermutet er, wird sich die Auslastung der Hotels in den beiden Städten nicht verbessern. Denn es kommen zwar mehr Gäste, es gibt aber auch deutlich mehr Zimmer.

Mit B&B und Leonardo haben in den vergangene­n Monaten zwei große Ketten neue Häuser in NeuUlm und Ulm eröffnet. Und es gibt weitere Pläne: Am Ulmer Bahnhofpla­tz entsteht ein Hotel mit einer Dachterras­se, die einen spektakulä­ren Blick aufs Münster bieten soll. Die Grundstück­sgesellsch­aft Ulm will einen Bürotrakt in der Deutschhau­sgasse 9, der zwischen dem Parkhaus Deutschhau­s und Galeria Kaufhof liegt, durch einen Hotelneuba­u ersetzen. Und eine türkische Investoren­familie plant, auf dem letzten freien Grundstück am NeuUlmer Bahntrog neben Wohnhäuser­n und einer Einrichtun­g für Senioren auch ein Hotel zu errichten. Über Jahre hinweg hatten Branchenex­perten die zu geringe Bettenzahl beklagt. Jetzt werden die Fachkräfte knapp. „Wir merken jetzt schon, dass sich die Hotels gegenseiti­g das Personal abwerben“, schildert Dieterich. Dem Kampf um die Mitarbeite­r könnte ein Kampf um die Gäste folgen. „Wir sehen die Gefahr, dass der eine oder andere kleinere Anbieter nicht mehr mithalten kann“, sagt der UNT-Chef.

Im Rest des Landkreise­s ist die Situation anders als in der Stadt Neu-Ulm und im benachbart­en Ulm. Auch dort ist die Zahl der Betten, unter anderem durch kleinere neue Betriebe wie das Riku-Hotel in Weißenhorn im Jahr 2015 oder das Illerberge­r Autobahnho­tel Sentio im Jahr 2011 gewachsen. Einen Bauboom wie in Ulm und Neu-Ulm beobachtet Andrea Engel-Benz, die Tourismusb­eauftragte des Landkreise­s, aber nicht. Dafür boomen die Übernachtu­ngszahlen: Seit Jah- steigen sie immer weiter. Nur im Jahr 2009 verursacht­e die Wirtschaft­skrise einen Einbruch, weil weniger Geschäftsr­eisende in den Landkreis kamen. Die Region, sagt Engel-Benz, profitiert von der exzellente­n Anbindung durch die Autobahnen – und von der Qualität der Betriebe. „Man sieht, dass die Gäste gerne wiederkomm­en“, sagt sie. Besonderer Magnet ist Roggenburg. Höher als dort ist die Auslastung der Zimmer nur in der Doppelstad­t. „Das ist einfach unser touristisc­hes Highlight – und das Bildungsze­ntrum mit seinen Angeboten zieht natürlich auch“, erklärt EngelBenz. Mit Blick auf die bisherigen Zahlen aus diesem Jahr und auf die Gespräche mit Hoteliers erwartet sie, dass die Betriebe im Kreis weiterhin erfolgreic­h abschneide­n.

Karin Krings leitet das Hotel Goldenes Rad in Ulm und den Kreis- verband des Wirte-Verbands Dehoga im Alb-Donau-Kreis. Dass Preise verfallen und die Auslastung zurückgeht, kennt sie aus anderen Städten. „Dann wird es schon schwierig für die Häuser“, sagt Krings. Doch die Unternehme­rin glaubt, dass der Tourismus in Ulm und Neu-Ulm weiter wächst. „Ich denke, dass Ende der Stange ist noch nicht erreicht“, sagt sie. Spätestens mit der neuen und besonders schnellen ICE-Verbindung nach Stuttgart werde die Doppelstad­t für Geschäftsr­eisende noch einmal zusätzlich attraktiv. Krings setzt auch auf den neuen Tourismusf­onds. Unter der Marke „Zweilandst­adt“sollen Betriebe beider Städte Urlauber ansprechen. „Für unsere beiden Städte bringt das langfristi­g sicherlich mehr Gäste“, glaubt sie.

Dass sich immer mehr Ketten ansiedeln, bezeichnet die Dehogaren Chefin als Chance: „Sie helfen, das Geschäft anzukurbel­n.“Auch UNT-Geschäftsf­ührer Dieterich erkennt darin einen Vorteil. Die Ketten werben deutschlan­dweit – auch mit Plakaten, die Ulm zeigen. Karin Krings setzt darauf, dass die kleineren Betriebe Gäste mit anderen Argumenten überzeugen können: „Wir können sehr flexibel auf ihre Wünsche eingehen.“Auch bei den Zimmerprei­sen und der Auswahl der Lieferante­n seien die mittelstän­dischen Häuser freier.

Dass immer mehr Investoren Hotels errichten lassen, hält die Dehoga-Kreisvorsi­tzende für riskant. Manchmal hapert es am Betrieb oder am Standort“, erklärt sie. Bei den Ketten, die sich zuletzt in der Doppelstad­t niedergela­ssen haben, sieht Krings dieses Problem aber nicht. „Die haben sich etwas dabei gedacht“, sagt sie. »Kommentar

 ?? Archivfoto: Alexander Kaya ?? Blick aus einem Zimmer des Ulmer Hotels Maritim auf das Münster. Das Haus am Donauufer eröffnete Anfang der 90er Jahre. Zu letzt ließen sich etliche Ketten und Investoren mit Hotels in der Doppelstad­t nieder.
Archivfoto: Alexander Kaya Blick aus einem Zimmer des Ulmer Hotels Maritim auf das Münster. Das Haus am Donauufer eröffnete Anfang der 90er Jahre. Zu letzt ließen sich etliche Ketten und Investoren mit Hotels in der Doppelstad­t nieder.

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