Wie sich Ulmer gegen rechte Hetze wenden
Die Linksjugend ruft zu einer Demo auf. Die Religionsgemeinschaften gehen einen anderen Weg
Ulm Eva-Maria Glathe-Braun kann nicht verstehen, warum sich außer ihr kein Ulmer Politiker nach den Ausschreitungen in Chemnitz und den Hakenkreuz-Schmierereien von sich aus zu Wort gemeldet hat. „Das ist mir rätselhaft“, sagt die Sprecherin der Linken in Ulm/Alb-DonauKreis. Kurz nachdem Dekan ErnstWilhelm Gohl die Verunstaltungen in der Kirche öffentlich gemacht hat, forderte sie konsequentes Vorgehen gegen rechte Hetze.
Die Linken-Politikerin wird am Freitag an einer Demonstration in Ulm teilnehmen, die Vertreter der Linksjugend Solid Ulm organisiert haben. Treffpunkt ist um 18 Uhr am Neuen Brunnen in der Glöcklerstraße in Ulm, der Demonstrationszug führt zum Hans-und-SophieScholl-Platz. Mit dabei sein werden vor allem linksgerichtete Gruppen. Auf eine Absprache im Ulmer Bündnis gegen Rechts haben die Organisatoren bewusst verzichtet – das hätte zu lange gedauert, sagt ein Sprecher der Linksjugend.
Wegen des kurzfristigen Aufrufs schließt sich der DGB der Unterstützerliste nicht an, informiert seine Mitglieder darüber und ermutigt sie, mitzugehen. „Wir finden das generell natürlich gut“, sagt die DGB-Kreisvorsitzende Petra Wassermann. Auch, weil es nicht nur in Chemnitz zu rechten Ausfällen komme. „Was mir nach den NaziSchmierereien Sorge macht, ist, dass es weniger Widerworte gibt“, sagt sie. Deswegen sei es wichtig, Position zu beziehen – auch wenn wohl überwiegend Gruppen aus einem gesellschaftlichen Spektrum an der Kundgebung teilnehmen werden. „Wenn immer alle dabei sein müssen, halte ich das für zu schwierig.“
Dekan Ernst-Wilhelm Gohl, der die Schmierereien auf den Kirchenbänken und an einem Portal des Münsters bekannt gemacht hatte, beteiligt sich dagegen nicht an der Kundgebung. „Ich bin der Überzeugung, dass wir mit Emotionen nicht weit kommen. Was gefragt ist, ist eine sachliche Auseinandersetzung“, erklärt er. Die soll es am Sonntag, 16. September, von 18 Uhr an im Haus der Begegnung geben. Dort wird Michael Blume, der Antisemitismus-Beauftragte des Landes BadenWürttemberg, über die Frage sprechen, warum Antisemiten alle Religionen angreifen.
Im Anschluss ist eine Aussprache geplant. Bürgermeisterin Iris Mann wird ein Grußwort halten, Rabbiner Shneur Trebnik und Vertreter der muslimischen Gemeinden nehmen teil. Blume wird über offene antisemitische Ausfälle sprechen und über Gedankenlosigkeiten, die zu antisemitischen Aussagen führen. Auch Zitate von AfD-Politikern wie Björn Höcke und Wolfgang Gedeon werden eine Rolle spielen. Doch Gohl sagt: „Nicht jeder, der konservativ ist, ist rechtsradikal. Das gilt auch bei der AfD.“Blume sei ein sehr differenziert denkender Mensch, lobt der Dekan. Die Veranstaltung im Haus der Begegnung solle zusammenführen und nicht trennen, betont der Geistliche. (mase)