Birgt das neue Nato Kommando Gefahren für Ulm?
Bei den Friedenswochen spricht Linken-Politiker Tobias Pflüger über Pläne und Risiken. Viele Zuhörer im Café d’Art widersprechen
Neu Ulm Auf der Ulmer Wilhelmsburg wird Kriegsvorbereitung geplant und organisiert, wenn zum Jahresende 2020 das hundert Mann starke Nato-Kommando aufgestellt ist, sagt der Linken-Bundestagsabgeordnete Tobias Pflüger. Als Referent bei den Ulmer Friedenswochen rief er die 55 Zuhörer im Café d’Art auf, sich gegen die Einrichtung des neuen Kommandos zu wehren.
Eingeladen zu Referat und Aussprache hatte den Abgeordneten der „Politische Stammtisch 13 Ulm/ Neu-Ulm“, der nach Aussagen einer Sprecherin „Verantwortung übernehmen will, für eine Welt in der wir leben wollen.“Dazu sei auch notwendig, nicht allein den Massenmedien die Information über politische Entwicklungen zu überlassen. So sei in Ulm noch weithin unbekannt, was das neue Nato-Kommando für die Stadt und die Region eigentlich bedeute. Dazu werde Pflüger, der Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags ist, endlich Konkretes mitteilen.
Das auf der Wilhelmsburg entstehende Kommando für Logistik und Militärtransporte, das in diesen Wochen aufgebaut wird und Ende 2020 voll einsatzfähig sein soll, werde gebraucht, weil die europäische Politik Russland als aggressiv bewerte. Davon könne jedoch keine Rede sein. Den Einwurf aus dem Publikum, Russland verbreite im Baltikum Angst und Schrecken und habe doch bereits völkerrechtswidrig die Krim annektiert, konterte Pflüger mit dem Vorwurf, die Nato habe zuvor schon gegen das Völkerrecht verstoßen, als es von 1993 an Jugoslawien mit einem Luftkrieg überzogen habe. Hinzu komme, dass die Nato ihre Manöver vor allem im östlichen Europa stark ausgeweitet habe und einen ständigen Austausch ihrer Truppen im Baltikum und in Polen betreibe. Das wird laut Pflüger heute schon von Ulm aus organisiert. „Der Ulmer Befehlshaber“, trug der Referent vor, „sagt zwar, das alles hat für die Stadt keine Bedeutung. Hat es aber doch!“
Es gehe schließlich nicht allein darum, Straßen, Eisenbahnen und auch Brücken auf ihre Leistungsfähigkeit zu überprüfen. Wie NatoGeneralsekretär Jens Stoltenberg betont habe, komme es vor allem darauf an, Truppenverbände schnell und richtig zu bewegen. Diese Aufmärsche führten ausschließlich Richtung Osten. Das bedeute immer mehr Aufrüstung. Der Wettlauf um mehr Waffen habe wieder begonnen. „Es geht auch anders, ist aber politisch nicht gewollt.“Wegen der Besetzung der Krim durch Russland müsse nicht aufgerüstet werden. „Es gibt keine reale Bedrohung für uns“. Deshalb schlage er schon seit Langem vor, zu Angriffskriegen geeignete Waffensysteme abzuschaffen.
„Hätte man das neue Kommando für Ulm verhindern können?“, fragte eine Zuhörerin. „Wohl nicht“, gab Pflüger zu. Das schon lange eingerichtete Kommando Operative Führung bilde eine wesentliche Stütze für die Nato. Wenn schon ein Standort für das neue Kommando gesucht werde, warf ein Gast heftig erregt ein, sei Ulm der einzig richtige Ort. Der 53 Jahre alte Abgeordnete aus dem Wahlkreis Freiburg erhielt an diesem Abend nur wenig Zustimmung. Das führte wohl auch dazu, dass er sich wiederholt lautstark und heftig gestikulierend gegen Einwürfe aus dem Publikum zur Wehr setzte. Auch seine Mahnung, die einst für den Wohnungsbau vorgesehene Bleidornkaserne werde nun wohl militärisches Objekt bleiben, empörte nicht. (grr)