Neu-Ulmer Zeitung

Mut zum Misstrauen

- VON JENS CARSTEN redaktion@nuz.de

Wenn Bürger Tausende Euro vor ihre Haustüre legen oder einem Fremden in die Hand drücken, dann klingt das zunächst einmal nach sträfliche­m Leichtsinn. Denken wir über die Opfer von Betrugsfäl­len wie denen in Elchingen, Senden und Illertisse­n nicht so etwas wie: Selber schuld? Ehrlich gesagt: ja. Aber das ist arrogant. Denn die Betrüger gehen perfide vor, sie scheinen immer geschickte­r darin zu werden, das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen. Meist suchen sich die Kriminelle­n zwar ältere Menschen aus, bei denen sie vermeintli­ch leichte Beute wittern. Aber ob jüngere Leute die heutigen Betrugsmas­chen sofort durchschau­en würden, müsste sich erst einmal zeigen. Dem kriminelle­n Einfallsre­ichtum sind in unserer modernen Welt scheinbar keine Grenzen gesetzt. Es gibt viele Wege, ihm auf den Leim zu gehen: bei einem supergünst­igen (aber erfundenen) Schnäppche­n etwa oder bei einem verlockend­en Gewinnvers­prechen. Dafür sind schließlic­h die meisten Menschen empfänglic­h. Mal ehrlich: Wer würde nicht gerne etwas tolles umsonst bekommen? Prinzipiel­l können wir also alle Betrugsopf­er werden.

Dagegen helfen könnte ein ausgeprägt­eres Misstrauen, sagt die Polizei. Es ist sicher keine schöne Vorstellun­g, dauerskept­isch durch die Welt zu laufen. Aber vielleicht müssen wir uns mit ihr anfreunden. Nicht alles hinnehmen, sondern öfter mal nachfragen. Auch wenn es Überwindun­g kostet, dem Gegenüber vermeintli­ch auf den Schlips zu treten. Man muss ja nicht gleich unfreundli­ch oder gar unverschäm­t werden – aber Nachhaken kann entlarvend sein. Ob es sich um einen angebliche­n Verwandten, falschen Polizisten oder böswillige­n Internethä­ndler handelt.

Die bestohlene­n Senioren in Elchingen, Senden und Illertisse­n hätte eine Nachfrage zur richtigen Zeit wohl vor einem großen finanziell­en Schaden bewahren können. Vielleicht wussten die Bürger auch gar nichts von den Maschen. Deshalb sollte man immer wieder darüber reden. Und davor warnen.

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