Wie verwandelt
Das Württembergische Kammerorchester steht vor der ersten Saison unter der Leitung des US-Amerikaners Case Scaglione. Im Kornhaus Ulm wollen die „Heilbronner“Vielfalt zeigen
Ulm Um „Verwandlungen“geht es in der neuen Konzertsaison des Württembergischen Kammerorchesters Heilbronn (WKO), zu der auch wieder fünf Auftritte im Ulmer Kornhaus gehören. Die wichtigste Verwandlung vollzieht sich aber nicht im Programm, sondern am Dirigentenpult: Der Armenier Ruben Gazarian, der seit 2002 das Orchester geleitet und mit seiner Leidenschaft maßgeblich geprägt hat, hat seine Zelte in Heilbronn abgebrochen, sein Nachfolger ist der 1982 geborene US-Amerikaner Case Scaglione. „Er ist musikalisch völlig anders sozialisiert als Ruben Gazarian“, sagt Intendantin Madeleine Landlinger. Sie ist gespannt darauf, wie sich „die Klang-DNA des WKO mit der von Scaglione vernetzt“.
In Heilbronn dirigiert der neue Mann bereits kommende Woche sein erstes Konzert „Aufbruch“. Die Ulmer Freunde des Kammerorchesters müssen allerdings noch ein bisschen warten, bis sie überprüfen können, wie gut der neue Leiter und seine Musiker miteinander harmonieren. Verständigungsprobleme sind nicht zu befürchten, denn der Wahl-Berliner Scaglione, der unter Alan Gilbert als Associate Con- ductor bei den New Yorker Philharmonikern wirkte, spricht Landlinger zufolge sehr gut deutsch. Auf die Herausforderung WKO freue sich der Dirigent: „Er ist glücklich, mit einem Orchester fokussiert arbeiten zu können.“Noch dazu sind die „Heilbronner“für ihn ein besonderer Klangkörper: An deren Pult hatte er 2016 sein Deutschland-Debüt – mit Mozarts Linzer Sinfonie. In einem Interview auf der WKO-Website spricht der gebürtige Texaner davon, dass es damals „Klick“gemacht habe. Er übernehme von Gazarian, so lobt er, ein „WeltklasseProdukt“.
Doch auch vor dem Debüt Scagliones in Ulm bietet das WKO dort ein facettenreiches Programm. So öffnet sich beim ersten Saisonkonzert (Mittwoch, 24. Oktober) der „Streicherhimmel“. Der Russe Sergey Malov dirigiert und spielt selbst: das „Violoncello da Spalla“, ein barockes Minicello, das sich der Musiker an einem Gurt vor die Brust spannt. Zu hören gibt es dann aber nicht nur Musik des 18. Jahrhunderts, sondern unter anderem auch die Serenade für Streichorchester E-Dur o. 22 von Antonín Dvorák. „Ein Leib- und Magenstück“des WKO, freut sich Landlinger. Konzert Nummer zwei im Kornhaus präsentiert dann „Weihnachtsklang“(Donnerstag, 13. Dezember) aus Europa und Amerika, dirigiert von Leo McFall und dargeboten von Solisten aus den eigenen Reihen – unter anderem von Geiger Johannes Hehrmann an der Blockflöte.
Mit „Verklärung“(Donnerstag, 24. Januar 2019) steht dann – endlich – der erste Ulm-Dienst für Scaglione an. Dann erklingt Arnold Schönbergs „Verklärte Nacht“, Aaron Coplands „Appalachian Spring“als Gruß an die Heimat des Dirigenten und drei Stücke des österreichischen Zeitgenossen HK Gruber. Solist ist Håkan Hardenberger, „der beste Trompeter der Galaxie“, jubelt Intendantin Landlinger. Auch die beiden letzten Ulmer Konzerte der Saison leitet dann Scaglione. Bei „Sehnsucht“(Donnerstag, 21. März) trifft Musik der Neuen Welt auf Werke des alten Europa, etwa von Carl Ditters von Dittersdorf. Von diesem wenig bekannten, aber sehr produktiven Meister der Wiener Klassik erklingt eine seiner zwölf von Ovid inspirierten „Metamorphosen“-Sinfonien. Solistin des Abends ist Christina Landshamer (Sopran). Und beim mediterranen Finale „Sonnenfeuer“(Mittwoch, 17. April) mit der spanischen Violinsolistin Leticia Moreno gibt es eine weitere Dittersdorf-Verwandlung, dazu die beiden Spanier Joaquin Turina und Joaquin Rodrigo und den Franzosen Darius Milhaud. „Wir wollen nicht nur die großen Werke spielen“, betont Landlinger.
Das WKO kann es sich erlauben, die Ulmer Konzerte haben ihr Publikum gefunden, in der vergangenen Saison war erstmals ein Abend ausverkauft. Bei den Abonnements gab es ein Plus von zehn Prozent. Klar ist für die Intendantin aber auch: „Es muss sich weiter so entwickeln wie bisher.“Das Orchester jedenfalls mag die Gastspiele im kleinen Kornhaus, wegen der intensiven Atmosphäre. Dieses Gesamterlebnis lasse die Musiker, so Landlinger, sogar die speziell im Winter unwirtlichen Bedingungen hinter der Bühne vergessen.
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Vorverkauf Abonnements für die Sai son können unter wko heilbronn ge zeichnet werden, Tickets für die Einzel konzerte gibt es auch bei den üblichen Vorverkaufsstellen, unter anderem bei Blende 22 in Neu Ulm, Augsburger Straße 26, Telefon 0731/6021597.
Musikalische Metamorphosen eines unbekannten Wieners