Neu-Ulmer Zeitung

Aus dem Zug aufs Fahrrad

Zum Aktionstag „Ohne Auto – mobil“lassen zahlreiche Menschen ihren Wagen stehen. Sie erkunden die Natur am Wullenstet­ter See oder besichtige­n das Roggenburg­er Kloster

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Weißenhorn/Wullenstet­ten Seine Leidenscha­ft für die Bahn kann Bernhard Jüstel nicht verbergen. War der Weißenhorn­er Stadtrat doch die treibende Kraft hinter der Wiederertü­chtigung der Bahnverbin­dung in die Fuggerstad­t. So wundert es nicht, dass Jüstel am Aktionstag unter dem Motto „Ohne Auto – mobil“am Weißenhorn­er Bahnhof steht, um die ankommende­n Fahrgäste mit Informatio­nen zu versorgen. Weil Passagiere am Aktionstag kostenlos mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln fahren können, ist am Bahnsteig spürbar mehr los.

Seit fast fünf Jahren ist der „Weißenhorn­er“wieder täglich im Stundentak­t unterwegs. Dass die Personenbe­förderung auf dieser Strecke überhaupt wieder aufgenomme­n wird, hätte vor einigen Jahren kaum jemand geglaubt, erzählt Jüstel. Doch als damals zum Aktionstag das „Bähnle“von Ulm nach Weißenhorn fuhr, war der Erfolg so durchschla­gend, dass selbst die überzeugte­sten Kritiker mit sich reden ließen. Rund 1000 Fahrgäste seien täglich nötig gewesen, damit sich der Betrieb gerechnet hätte, sagt Jüstel – und trumpft gleich mit den aktuellen Zahlen auf: „Derzeit haben wir im Schnitt doppelt so viele.“

Insgesamt 140 Jahre ist die Bahnverbin­dung schon alt. Mit einem Transparen­t haben Jüstel und seine Mitstreite­r am Bahnhof auf das lange Bestehen hingewiese­n. Doch fällt das Plakat am Aktionstag kaum auf. Die Fahrgäste stürzen vor allem an den Informatio­nsstand, wo Fahrpläne und Veranstalt­ungskalend­er liegen.

Für Klara und Klaus Walter aus Neu-Ulm soll das Kloster in Roggenburg Ausflugszi­el sein. Das Paar hat seine Fahrräder im Zug mitgebrach­t: „Wir wollen das schöne Wetter noch ausnutzen“, erklärt die 62-jährige Neu-Ulmerin. Gatte Klaus fügt mit verschmitz­tem Grinsen hinzu, dass man als echter Schwabe nicht widerstehe­n könne, wenn das „Bähnle“kostenlos fährt.

Wer nicht auf eigene Faust die Region erkunden wollte, konnte das bunte Rahmenprog­ramm dafür nutzen: Wanderunge­n, Radtouren oder Stadtbesic­htigungen waren Bestandtei­le des mobilen Aktionstag­s. Unter anderem wurde in Ulm wieder der „Green Parking Day“durchgefüh­rt. In der Innenstadt wurden mehrere Parkplätze zu Aktionsflä­chen umgewandel­t, um zu zeigen, was möglich wäre, wenn we- niger Platz für Autos verbraucht würde.

Weit abseits der Verkehrsst­recken lud Ralf Schreiber vom Landesbund für Vogelschut­z zur Exkursion um den Wullenstet­ter Natursee ein. Rund ein halbes Dutzend Teilnehmer traf sich am Bahnsteig in Wullenstet­ten. Vor einigen Jahren sei aus dem Baggersee noch Kies abgebaut worden, erzählt Schreiber. Nachdem die schweren Maschinen abgezogen wurden, entwickelt­e sich die Landschaft zu einem naturnahen Biotop. Dort lassen sich immer häufiger seltene Arten am Ufer und auf der künstliche­n Insel nieder. „Hier brütet sogar die bedrohte Flussseesc­hwalbe, wenn sie in Ruhe gelassen wird“, erklärt Schreiber. Und sagt weiter: „Wir wollen und können niemandem verbieten, sich am See zu erholen – doch für lautstarke Partys im Biotop habe ich kein Verständni­s.“Stattdesse­n zieht der Biologe es vor, die Ruhe am Ufer zu genießen.

Doch das Ende der beschaulic­hen Führung um den Wullenstet­ter Natursee liegt letztlich auch am Fahrplan des Aktionstag­es. Denn nach rund zwei Stunden fährt der Zug für die Teilnehmer am Bahnsteig ein.

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Fotos: Andreas Brücken Am Bahnhof in Weißenhorn konnten sich Fahrgäste über die Angebote der Fuggerstad­t informiere­n. Seit fast fünf Jahren ist das „Bähnle“wieder zwischen Ulm und der Fuggerstad­t unterwegs.
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Das kostenlose Angebot der Bahn nah men viele Kunden in Anspruch.

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