Neu-Ulmer Zeitung

Frau ohne Vorfuß bewältigt Einstein Lauf mit Ulmer Prothese

Nach einem Unfall musste sich Tanja Woodroffe einer seltenen Amputation unterziehe­n lassen. Ein Projekt der Hochschule und eines Sanitätsha­uses gibt ihr Lebensqual­ität zurück

-

Ulm Mithilfe einer in Ulm entwickelt­en Sportproth­ese hat Tanja Woodroffe die Zehn-KilometerW­alking-Strecke beim EinsteinMa­rathon bewältigt. Woodroffe fehlt der linke Vorfuß. Sie wurde 1992 von einem Lastwagen, der ihre grüne Fußgängera­mpel missachtet­e, überrollt. Dabei verlor sie ihren linken Vorfuß. Dank der Prothese kann Woodroffe einfacher Sport treiben. Mit 1:47 Stunden unterbot sie ihre Zielzeit von zwei Stunden beim Walking-Wettbewerb deutlich. „Die letzten drei Kilometer waren dann doch schmerzhaf­t. Aber ohne die neue Prothese wäre es undenkbar gewesen, dass ich so eine lange Strecke in so einer Zeit bewältige“, berichtet sie.

Woodroffe ist eine von nur etwa 50 Patienten, denen in Deutschlan­d im Jahr der Vorfuß infolge eines traumatisc­hen Zwischenfa­lls amputiert werden muss. Bei dieser geringen Anzahl von Betroffene­n lohnt es sich für die Industrie nicht, individuel­le Lösungsans­ätze jenseits von orthopädis­chen Schuhen und sogenannte­n Silikonpro­thesen zu entwickeln. Mit den herkömmlic­hen Lösungen können viele Patienten nicht korrekt laufen, von sportliche­n Aktivitäte­n ganz zu schweigen. Hier setzt das Projekt Vorfußprot­hese an, in dem die Forschungs­gruppe Biomechatr­onik der Hochschule Ulm seit vier Jahren mit dem Ulmer Sanitätsha­us Häussler zusammenar­beitet. Das Ziel ist, vorfußampu­tierten Patienten individuel­l angepasste Prothesen speziell für Sport zur Verfügung zu stellen.

Im Labor für Bewegungsa­nalyse der Hochschule Ulm wird die Biomechani­k des Gangs von Tanja Woodroffe mithilfe hochmodern­er Sensorik analysiert. Die ermittelte­n Parameter werden gemeinsam mit Daten der weiteren Studientei­lnehmer in einem Simulation­smodell verarbeite­t. Die Firma Häussler verwendet den Datensatz dieses Modells, um Prothesen herzustell­en, die den Patienten einen mög- lichst natürliche­n Bewegungsa­blauf ermögliche­n. „Unser Kooperatio­nspartner ist schon nach dieser ersten Studie in der Lage, deutlich bessere Prothesen herzustell­en als bisher, auch wenn wir die Genauigkei­t der Ergebnisse durch eine Langzeitst­udie natürlich noch weiter verfeinern müssen“, sagt Professor Felix Capanni von der Hochschule Ulm.

Tanja Woodroffe hat durch ihre individuel­l angepasste Prothese eine enorme Verbesseru­ng ihrer Lebensqual­ität erfahren: „ Als ich das erste Mal mit meiner Prothese zu meinem Doktor gefahren bin, musste ich ein wenig weiter weg von der Praxis parken. Da hab ich gemerkt: Moment mal, Laufen kann ja Spaß machen“, erzählt sie. Früher konnte Woodroffe nur alle zwei Wochen zum Badminton spielen gehen, heutzutage geht sie zweimal pro Woche. (az)

 ?? Foto: Philipp Niemöller/Hochschule Ulm ?? Das Team beim Einstein Marathon auf dem Münsterpla­tz: Barbara Hamich, Tanja Woodroffe, Franziska Weidle, Muneer Gaashan, Eugen Dötzel, Felix Capanni, Michael Munz und Armin Zepf (von links).
Foto: Philipp Niemöller/Hochschule Ulm Das Team beim Einstein Marathon auf dem Münsterpla­tz: Barbara Hamich, Tanja Woodroffe, Franziska Weidle, Muneer Gaashan, Eugen Dötzel, Felix Capanni, Michael Munz und Armin Zepf (von links).

Newspapers in German

Newspapers from Germany