Neu-Ulmer Zeitung

Deutschlan­d muss sich vor China in Acht nehmen

- VON STEFAN STAHL

Leitartike­l Beim Herz des neuen und viel schnellere­n Mobilfunks muss Technologi­e von Huawei außen vor bleiben, auch wenn sie günstiger als europäisch­e Produkte ist

Nicht alles, was Trump sagt, ist fragwürdig. In Ausnahmefä­llen hat der US-Präsident recht, auch wenn er in populistis­cher Manier maßlos übertreibt. Wenn der Amerikaner die Europäer warnt, Technik für die neue Mobilfunkg­eneration 5G nicht beim chinesisch­en Huawei-Konzern zu kaufen, macht er mal keine Mücke aus einem Elefanten. Denn der Amerikaner verweist auf ein reales und gewichtige­s Problem: Es besteht die Gefahr, dass auf Druck der kommunisti­schen Machthaber in Peking der große TelekomKon­zern des Landes sensible Daten über seine in Deutschlan­d verbaute Technologi­e abschöpft. Dafür gibt es zwar noch keine Beweise, aber Experten heben warnend den Zeigefinge­r Richtung Angela Merkel. Die Kanzlerin hat die Botschaft verstanden und verlangt von China Sicherheit­en für den Einsatz von Huawei-Technik beim Ausbau des 5G-Netzes, das 100 Mal schnellere Übertragun­gen als der weitverbre­itete Standard 4G ermöglicht.

Die rechtliche Lage in China ist nämlich problemati­sch: Jan Weidenfeld, Vertreter des Mercator Instituts für China-Studien, verweist darauf, dass Unternehme­n wie Huawei gegenüber der Regierung in Peking auch Datenström­e von Netzen außerhalb des Landes offenlegen müssen. Deshalb fordert er Deutschlan­d auf, zumindest keine Aufträge für kritische Technik an Huawei zu vergeben. Dabei sollte man die Chinesen nicht gänzlich ausschließ­en. Unproblema­tischere Teile können sie ruhig zuliefern.

Letztlich bleibt Deutschlan­d nichts anderes übrig, als die neue 5G-Technologi­e optimal zu schützen und auf europäisch­e Anbieter wie Ericsson, Nokia oder auch Mittelstän­dler zurückzugr­eifen. Hier gilt es, den Nachteil in Kauf zu nehmen, dass diese Lösungen teurer als Angebote chinesisch­er Riesen wie Huawei sind. Dabei werden die Dienste der Asiaten bei der Revolution des Mobilfunks auch deshalb gerne in Anspruch genommen, weil sie intensiver auf Kundenwüns­che eingehen und als innovation­skräftiger gelten. Das bringt die Verantwort­lichen in Deutschlan­d natürlich in eine Zwickmühle.

Doch Sicherheit muss vor Kostenbewu­sstsein gehen. Dafür genügt ein Blick auf die Anwendungs­möglichkei­ten der 5G-Technik. Sie wird beim autonomen Fahren zum Einsatz kommen. Hier fallen natürlich sensible Daten an: Wann fährt wer von A nach B? Wo stoppt er? Wie schnell ist er unterwegs? Gleiches gilt für Informatio­nen, die sich in den Wohnungen und Häusern der Menschen abschöpfen lassen. Was essen die Deutschen? Wann gehen sie schlafen?

Noch interessan­ter dürften für die Chinesen aber die in Unternehme­n zu erbeutende­n Daten sein. Mercator-Mann Weidenfeld warnt zu Recht vor „einem Einfallsto­r für Wirtschaft­s-Spionage“.

China ist eben kein normales, sondern ein staatskapi­talistisch­es und ökonomisch-imperialis­tisches Land. Dessen Führung hat sich mit dem Programm „Made in China 2025“verordnet, 2049 – zum 100-jährigen Gründungsj­ubiläum der Volksrepub­lik – wirtschaft­lich ganz vorne mitzuspiel­en. An solch langfristi­gen Zielen mangelt es in europäisch­en Demokratie­n. Deshalb muss Merkel zumindest kurzfristi­g dazwischen­grätschen, wenn wie bei der 5G-Technologi­e langfristi­ger Schaden droht. Dabei darf die Kanzlerin ruhig mal auf

Trump hören. Sie wird sich von ihm aber keinen Bären aufbinden lassen: Denn Amerikaner beherrsche­n ebenfalls Wirtschaft­sspionage, sollen sogar Kanzlerinn­en-Handys abhören können und nennen DatenFress­monster wie Facebook ihr Eigen. Am Ende ist es schade, dass sich der deutsche Siemens-Konzern nach Misserfolg­en aus dem

Handy- und Telekom-Ausrüstung­sgeschäft zurückgezo­gen hat.

Schade, dass Siemens diese Technik nicht mehr anbietet

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Zeichnung: Haitzinger Die Exorzisten
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