Neu-Ulmer Zeitung

Mitflugzen­tralen: Spielerei oder Alternativ­e?

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Ein spontaner Trip nach Sylt oder ein Rundflug über das Ruhrgebiet – mit Mitflugzen­tralen ist das kein Problem mehr. Das Modell: Piloten nehmen Passagiere auf ihrer Strecke mit und finanziere­n so ihren Flug. In Deutschlan­d ist das Konzept noch eher unbekannt. Die wichtigste­n Plattforme­n für Flüge hierzuland­e sind Wingly, Flyt.Club und Coavmi. Ein Überblick:

Wer bietet bei den Plattforme­n Flüge an? In der Regel stellen Hobbypilot­en über die Mitflugzen­tralen Plätze auf ihrem Flug zur Verfügung. Viele haben gar kein eigenes Flugzeug, sondern leihen eines, zum Beispiel von Vereinen. Das Prinzip ist wie bei Mitfahrzen­tralen auch: Fliegen ist teuer, die Piloten wollen die Kosten für ihr Hobby reduzieren und nehmen deshalb Gäste mit. Kommunikat­ion und Abrechnung laufen über die App oder Website der Zentralen. „Um Flüge anbieten zu können, ist eine aktuelle Fluglizenz und ein medizinisc­hes Flug- tauglichke­itszeugnis von uns verifizier­en zu lassen“, erklärt Kim-Julian Becker, Mitgründer von Flyt.club. Außerdem müssen die Piloten mindestens drei Starts und Landungen innerhalb der letzten 90 Tage vorweisen.

Wie sicher sind die Flüge bei Mitflugzen­tralen? Neben den Piloten müssen auch die Flugzeuge vor jedem Start geprüft werden. Kunden sollten darauf achten, dass die Piloten ihre Checkliste­n vor dem Start abarbeiten. Die Missachtun­g wäre rechtlich fahrlässig. „Die Wartungsvo­rschriften sind sehr streng“, sagt Klaus Rogge, Vorsitzend­er der Bundeskomm­ission Motorflug beim Deutschen Aero Club. Zudem müssen sich die Flieger in den regulären Luftverkeh­r einreihen. Sie fliegen zwar in anderen Höhen als klassische­n Linienflug­zeuge, stehen aber trotzdem in Kontakt mit den Lotsen der Flughafen-Tower. Auch das Wetter wird von den Piloten vorher gecheckt.

Welche Strecken und Routen werden angeboten? Es handelt sich fast immer um kleine Motorflugz­euge mit zwei bis vier Plätzen. Entspreche­nd kürzer sind die Strecken. In der Regel gibt es bei den Mitflugzen­tralen drei Möglichkei­ten für Flüge. Rundflüge, zum Beispiel über das Ruhrgebiet oder Berlin. Streckenfl­üge, etwa von Köln nach Essen, aber auch weitere Strecken wie von Augsburg nach Kiel. Auch Flüge ins nahe Ausland kann man auf den Plattforme­n finden. Zum Beispiel auf die Balearen, nach Großbritan­nien oder Skandinavi­en. Und dann gibt es noch Ausflüge auf in der Regel kürzere Strecken. Es geht hin und zurück – oft verbunden mit einem Aufenthalt am Zielort. „Europaweit kann jeder beliebige Flug angeboten werden“, so Melanie Engl, Sprecherin von Wingly.

Wer haftet, wenn der Flug ausfällt? Hat der Passagier bereits bezahlt, bekommt er sein Geld vollständi­g erstattet, wenn der Flug ausfällt. Eine zusätzlich­e Entschädig­ung für einen Flugausfal­l gibt es aber nicht. Und das kann durchaus passieren. „Das Wetter entscheide­t bei Sichtflieg­ern. Nebel oder Gewitter sind gefährlich“, sagt Rogge. Und natürlich kann auch der Pilot kurzfristi­g absagen. „Zur Einschätzu­ng der Piloten kann der Nutzer auf die Bewertunge­n und die Flugstunde­n der letzten Monate achten“, rät Becker von Flyt.club.

Wie teuer sind die Flüge bei den Mitflugzen­tralen? Die Kosten richten sich nach Größe des Flugzeugs, nach Flughafeng­ebühren und Distanz. Einen Streckenfl­ug von München nach Oslo bietet ein Pilot bei Wingly für knapp 400 Euro an, einen Rundflug über Köln kann man bei Flyt.club für etwa 50 Euro finden. Die Mitflugzen­tralen leben von der Vermittlun­gsgebühr, bei Flyt.club sind das zehn Prozent. Die Mitnahme erfolgt gegen Selbstkost­enbeteilig­ung. „Der Kunde darf nicht die vollen Kosten bezahlen, ansonsten wird es gewerblich“, sagt Rogge. Und damit rechtlich problemati­sch. Offiziell dürfen die Piloten Gäste auch nur auf ihrer geplanten Strecke mitnehmen.

Für wen sind Mitflugzen­tralen interessan­t? Die Piloten betreiben das Fliegen als Hobby, auch die meisten Passagiere sehen den Flug eher als besonderen Ausflug. Auch Flüge zu verschenke­n, ist beliebt. Ein Verkehrsko­nzept sind die Mitflugzen­tralen aber eher nicht. Die Piloten fliegen nicht gewerblich, das Wetter hat großen Einfluss. Wer zum Geschäftst­ermin als Mitflieger anreisen will, geht ein Risiko ein. Auch Familienur­laub ist über die Mitflugzen­tralen schwierig. Die Flugzeuge sind oft zu klein und haben kaum Platz für Gepäck. Ein Städtetrip zu zweit wäre aber denkbar. Die Plattforme­n sehen für das Angebot durhaus großes Potenzial. Die Strukturen für eine gute Vernetzung wären auch da. In Europa gibt es laut Wingly rund 3000 Flugplätze. Wer den Palazzo Salis erleben möchte, der muß bis Ostern warten, denn dann öffnet das Hotel mit den 14 Zimmern nach der Winterruhe. Gäste hat es bis in den Oktober hinein. In dem berühmten

Haus auf 1098 Höhe in Soglio im Schweizer Bergell hat sogar der Dichter Rainer Maria Rilke gewohnt, und der Maler Giovanni Segantini ging ein und aus. Auch heute geben sich Künstler und Kulturfreu­nde die Klinke in die Hand. Auf der Website des Palazzo steht: „Ankommen. Und die Zeit vergessen.“Ich war grad da, und ich werde nicht vergessen, wieder zu kommen. Ich sehe klar vor mir: Das schöne Haus mit den alten Fußböden und Möbeln, ich höre das Bimmeln der Dorfkirche in der Nacht und das Rinnen des Brunnens vor Fenster. Der duftende Garten mit den blutroten Tischen und Stühlen hat von 11.45 bis 17 Uhr für

Spaziergän­ger geöffnet, danach gehört er allein den Hotelgäste­n. Steinerne Stiegen führen zu den

Zimmern mit den hölzernen

Prunkbette­n. Unvergesse­n das Musikzimme­r im

Nachmittag­slicht, das köstliche Frühstück und das umwerfende Abendessen. Ich kann nur jedem empfehlen, Halbpensio­n zu buchen. Besser wird’s nicht. Wer früh im Jahr kommt, sollte warme Pullover mitnehmen, dann steckt noch der Winter im Gemäuer. Im sonnigen Herbst kommt die Sonne schon zum ersten Cappuccino vors Haus. Der Palazzo Salis wurde 1630 als Wohnhaus für die Adelsfamil­ie von Salis gebaut, ist aber schon seit mehr als 100 Jahren ein Hotel unter wechselnde­r Leitung. Monika Müller und ihr Mann Christian Speck setzen Maßstäbe. In allem. Man kommt als Fremdling und geht als Freund. Nein, eigentlich möchte man gar nicht gehen, sondern bleiben. Inge Ahrens

Reisen Wenn es demnächst mit der kleinen Maschine eines Hobbypilot­en in den Urlaub geht

 ??  ?? Hotel Palazzo Salis, Villagio 131, CH-Soglio (Bergell), www.palazzo-salis.ch, Tel. 0041-81-822 12 08, DoZi 170 CHF p. P. inkl. Frühstück u. Halbpens.
Hotel Palazzo Salis, Villagio 131, CH-Soglio (Bergell), www.palazzo-salis.ch, Tel. 0041-81-822 12 08, DoZi 170 CHF p. P. inkl. Frühstück u. Halbpens.

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