Neu-Ulmer Zeitung

Lasset die Spiele beginnen

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Champions League Die deutschen Mannschaft­en bekommen es ausschließ­lich mit englischen Teams zu tun. Dabei spricht die Statistik gegen Bayern, Schalke und Dortmund. Doch die Experten sehen die Sache anders

Das Londoner Wembley Stadion ist ein würdiger Ort für den Beginn dieser Fußball-Festtage. Dort, wo bereits das WM-Endspiel 1966 und das EM-Halbfinale 1996 stattfande­n, geht es am Mittwoch auch mit den deutsch-englischen Achtelfina­l-Duellen in der Champions League los. Tottenham Hotspur gegen Borussia Dortmund, Schalke 04 gegen Manchester City und vor allem FC Liverpool gegen Bayern München: Gleich dreimal will die Bundesliga in diesen fünf Wochen beweisen, dass sie ihrem großen wirtschaft­lichen Rückstand auf die Premier League noch immer ein paar sportliche Erfolge entgegense­tzen kann.

Noch mehr Aufmerksam­keit bekommen diese Spiele dadurch, dass mit Liverpools Jürgen Klopp und Citys Pep Guardiola zwei Trainer involviert sind, die den Fußball in Deutschlan­d in diesem Jahrzehnt so geprägt haben wie kaum jemand sonst. „Ich höre ja immer, wie schlecht die Bundesliga gemacht wird. Ich stimme da nicht ganz überein“, sagte der frühere BayernProf­i, Liverpool-Spieler und heutige Dietmar Hamann in einem Interview. „Die Bayern sind mehr oder weniger auf Augenhöhe mit Liverpool. Auch Dortmund gebe ich sehr gute Chancen gegen Tottenham. Für Schalke wird es natürlich schwer. Aber ich sehe die Bundesliga nicht so weit hinter der Premier League, wie es vielleicht andere sehen.“

Die Wahrnehmun­g, die Hamann beschreibt, hat einen einfachen Grund: Der englische Meister Manchester City kassierte in der vergangene­n Saison rund 181 Millionen Euro an Fernsehgel­dern. Der deut- sche Meister Bayern München lediglich 98 Millionen Euro. In der Rangliste der zehn umsatzstär­ksten Vereine Europas finden sich für das Jahr 2018 sechs englische, aber nur ein deutscher Klub. Das hat das Wirtschaft­sprüfungsu­nternehmen Deloitte erst im Januar dieses Jahres wieder neu veröffentl­icht. „Es gibt noch immer dieses Maß: England steht über uns, vom Finanziell­en, von der Attraktivi­tät“, sagte in einem Interview der langjährig­e deutsche Nationalsp­ieler Per Mertesacke­r, der seit dieser Saison die Nachwuchs-Akademie des Londoner Klubs FC Arsenal leitet.

Rein statistisc­h betrachtet, gilt das Gleiche: Von bislang 274 deutsch-englischen Duellen in der Geschichte des Europapoka­ls gewannen die Mannschaft­en von der Insel nach einer Statistik des

135. Nur 81 Mal siegte eine deutsche Mannschaft, 58 Mal gab es ein Unentschie­den. Zählt man bloß zusammen, wer sich in den bislang 90 K.-o.-Duellen mit Hin- und Rückspiel durchsetzt­e, steht es aus deutscher Sicht auch hier nur 33:57.

Allerdings werden die Champions-League-Spiele der kommenden Wochen weder im Archiv noch in der Buchhaltun­g entschiede­n. Und deshalb halten die meisten Experten vor diesem deutsch-englischen Dreierpack nur den FC Schalke 04 gegen das hochgerüst­ete Manchester City für weitgehend chancenlos. Borussia Dortmund dagegen ist trotz der aktuellen Probleme noch immer Tabellenfü­hrer der Bundesliga und hat sich im Vergleich zu den beiden Niederlage­n gegen Tottenham in der Gruppenpha­se der Vorsaison (1:3, 1:2) mit internatio­nal erfahrenen Spielern wie Axel Witsel oder Paco Alcácer und Trainer Lucien Favre verstärkt.

Und Bayern München? Ist immer noch Bayern München, argumentie­rt der frühere Bayern- und ManCity-Profi Michael Tarnat. „Bis vor drei Wochen hätte ich noch gesagt, dass es schwer wird, gegen Liverpool zu bestehen. Mittlerwei­le glaube ich aber, dass Liverpool mehr Bammel vor Bayern hat, als umgekehrt“, sagte der 49-Jährige, der seit 2017 das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum von Hannover 96 leitet. Bei dem deutschen Rekordmeis­ter wisse immer noch jeder: „Gegen Bayern München wird es sehr, sehr schwer. Diesen Ruf haben sie sich über Jahre erarbeitet.“

Diesen Ruf kennt auch Jürgen Klopp, der das Champions-LeagueFina­le 2013 noch als Dortmunder Trainer gegen die Bayern verlor. Auf sein Wiedersehe­n mit dem deutschen Meister bereitet er sich und seine Reds auf spezielle Weise vor: Weil er am Wochenende spielfrei hat, bezieht der FC Liverpool in den nächsten Tagen ein Trainingsl­ager in Spanien. „Wir machen das, weil wir uns zu 100 Prozent konzentrie­ren wollen und weil wir die Zeit dazu haben“, sagte Klopp.

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Foto: Martin Rickett, dpa Allzu viel Kopfzerbre­chen wird Pep Guardiola das Aufeinande­rtreffen mit dem FC Schalke wohl nicht bereiten. Der Trainer von Manchester City bekam die schwächste deutsche Mannschaft im Los-Topf zugeteilt.

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