Krebspatientinnen gehen mit einem Lächeln
Gesundheit Maureen Wachter gibt Kosmetikseminare für krebskranke Frauen, heute macht sie Station in Ulm. Ein Gespräch über Hoffen, Bangen und die Bedeutung des Aussehens
Frau Wachter, Sie leiten KosmetikSeminare für Krebspatientinnen. Was ist da beim Schminken anders als bei gesunden Frauen?
Maureen Wachter: Da sind zum einen die Kosmetikprodukte wichtig. Es kommt auf die Wirkstoffe an, man kann nicht alles nehmen. Denn die Haut ist sehr empfindlich. Zum anderen ist der Fokus auf das Natürliche besonders wichtig. Die Frauen wollen nicht krank aussehen, sie wollen sich schön herrichten.
Wie erleben Sie solche Seminare?
Wachter: Sie gehen mir unglaublich nahe. Ich kriege immer eine Gänsehaut. Einerseits ist es eine Belastung, weil ich weiß, dass die Teilnehmerinnen eine schwere Krankheit haben. Andererseits kann ich den Frauen helfen, sich wohler zu fühlen. Das klappt, die Frauen gehen mit einem Lächeln im Gesicht.
Sie geben auch andere Kurse. Müssen Sie sich anders vorbereiten?
Wachter: Die Situation an sich ist die gleiche. Ich muss einfach auf die Inhaltsstoffe achten. Aber da habe ich inzwischen eine gute Firma gefunden. Für mich ist es anders. Ich weiß, wie schlimm Krebs ist, und hoffe immer, dass alles gut ausgeht. Neulich habe ich ein Mädel getroffen – sie war 23 und an Krebs erkrankt. Unglaublich traurig! Aber sie ging ganz offen damit um und sprach darüber. Die Patientinnen haben unglaublich viel Kraft – oft mehr als die Menschen in ihrem Umfeld. Was macht diese Seminare so wichtig? Wachter: Man sieht einfach fad aus, wenn man krank ist. Da reicht schon ein Schnupfen. Ein bisschen Makeup und Puder wirken Wunder – auch fürs Wohlbefinden.
Das gilt für Männer doch genauso wie für Frauen, oder?
Wachter: Schwierig. Ich sehe es ja schon, wenn ich eine Braut für eine Hochzeit schminke. Wenn ich dem Bräutigam vorschlage, ein bisschen Puder zu verwenden, damit seine Haut nicht so glänzt, lehnt er das gleich ab. Bei Männern kommt Schminken nicht so gut an, für viele ist es unvorstellbar. Wenn ein Mann an Krebs erkrankt ist, würde ich versuchen, ihm anders zu helfen. Durch eine Fußbehandlung oder Maniküre zum Beispiel. Das würde auf jeden Fall eine Stunde Wohlfühlen bedeuten. Was sind die sensibelsten Momente der Kurse für Krebspatientinnen? Wachter: Das Thema an sich. Ich gehe mit den Frauen nicht anders um, sie wollen normal behandelt werden. Ich möchte, dass sie nach dem Kurs rausgehen und sagen: Jetzt hatte ich zwei Stunden lang Spaß und Ablenkung. Mir geht es nahe, ich brauche danach immer fünf Minuten für mich. Wenn ich im Auto sitze, laufen mir manchmal die Tränen runter. Weil ich es faszinierend finde, wie die Frauen kämpfen.
Interview: Sebastian Mayr
Maureen Wachter, 41, ist Visagistin, Make-up-Dozentin und Nageldesignerin. Seit drei Jahren gibt sie Kosmetikkurse für Krebspatientinnen, unter anderem in Ulm. Wachter betreibt das Kosmetikstudio „Schönheit in Perfektion“in Gundelfingen (Kreis Dillingen).