Ein Geheimnis trug zur Entstehung von Marienfried bei
Geschichte Bei der Suche nach einem Standort für eine Kapelle im Wald bei Pfaffenhofen geschah etwas Seltsames
Pfaffenhofen Außerhalb der Region und des gelebten Katholizismus dürfte der Name des Gebetsortes bei Pfaffenhofen nicht vielen Menschen geläufig sein. Dabei bewahrt dieser Platz am Wald ein Geheimnis, das wesentlich zur Entstehung der heutigen geweihten Stätte beitrug. Aber auch manch illustre und gar mysteriöse Strömungen verdienen es, in der Rückschau etwas genauer in den Fokus genommen zu werden.
Dem Besucher muss zunächst klar sein, dass die Stelle, an der sich heute das ausgedehnte MarienfriedAreal erstreckt, vor 75 Jahren noch dicht mit Bäumen bewachsen war. Zwar gab es ein Versprechen damaliger Pfaffenhofer Mädchen und Frauen: Sie wollten im Fall, dass der Ort in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs verschont bleibe, eine Kapelle errichten. Aber die exakte Stelle, an welcher das Gelübde erfüllt werden sollte, war noch nicht besprochen. Zu diesen jungen Bürgerinnen gehörte auch die damals 20-jährige Bärbel Rueß. Sie war, wie die anderen auch, Mitglied der durch die beiden Kriege geprägten christlichen Schönstatt-Bewegung.
Als wenige Jahre darauf – Pfaffenhofen blieb größtenteils von Kriegshandlungen verschont – das Versprechen eingelöst werden sollte, begaben sich neben dem damaligen Pfarrer Martin Humpf und seiner Schwester Anna auch die junge Bärbel auf die Suche nach einem geeigneten Ort. Plötzlich, so berichteten die beiden Begleiter später, habe Bärbel mit einer unsichtbaren Person zu sprechen begonnen. Weder der Geistliche noch dessen Schwester konnten etwas erkennen und schrieben das Erlebte einer geistigen Verwirrung Bärbels zu. Später sollte sich herausstellen, dass diese bereits im Jahr 1940 ähnliche Visionen zu haben glaubte. Die Kapelle wurde schließlich errichtet, und zwar an der Stelle, an welcher Bärbel zu einer Unbekannten zu sprechen glaubte. Später will sie die Person als Maria identifiziert haben. 1947 erfolgte die Weihe der Kapelle.
Natürlich gelangten Berichte über die angeblich paranormalen Vorgänge im Rothtal bis an den Augsburger Bischofsstuhl. Umgehend wurde eine Untersuchung der Ereignisse anberaumt, ohne jedoch zu einem finalen Ergebnis zu kommen. Möglicherweise war gerade dies der Freibrief für einige sektiererische katholische Gruppen, welche sich nun Stück für Stück den Gebetsort eroberten. Ultrakonservative Strömungen wie das Engelwerk hätten in Marienfried die Fäden gezogen, wurde später berichtet. Eine zentrale Aussage des Engelswerks lautete: Der Mensch könne vor Gott nur bestehen, wenn er sich mit einem Engel verbünde. Seinerzeit war die vom Mystizismus durchsetzte Dogmatisierung des Engelwerks nicht mit der Lehre der offiziellen katholischen Kirche vereinbar. Eine Entflechtung nahm in den 90er-Jahren erst Bischof Viktor Dammertz vor.
Nach einer erneuten Untersuchung der Vorgänge um Fräulein Rueß entschloss sich die Diözese, Marienfried nicht als Wallfahrtsort anzuerkennen. Es blieb jedoch eine Gebetsstätte der Schönstatt-Bewegung. Nach dem Rücktritt Dammertz´ und der Amtsübergabe an Walter Mixa im Jahr 2005 begannen allerdings fundamentale Gruppen wieder verstärkt ein Auge auf Marienfried zu werfen. Die erste Kirche, die 1972 wegen der stetig zunehmenden Zahl von Gläubigen errichtet wurde, brannte bereits im Folgejahr wieder ab. Der daraufhin als Notkirche aus Fertigteilen konstruierte Neubau wurde letztendlich 2011 durch das jetzige Gotteshaus ersetzt. Das gesamte Areal fügt sich heute wohlgestaltet mit verschiedenen Gebetsgrotten, Kreuzweg und Exerzitienhaus in die Landschaft ein.
Bärbel Rueß hat das alles jedoch nicht mehr erlebt. Sie starb 1996 – ohne jemals wieder von ihren Erlebnissen als junge Frau zu sprechen.