Neu-Ulmer Zeitung

Die Stadtbüche­rei im Wandel

- VON JENS NOLL

Jahresberi­cht Mit zusätzlich­en Angeboten und neuer Technik versucht die Einrichtun­g, verstärkt Kinder und Jugendlich­e anzusprech­en. Ältere Bürger lehnen jedoch „Bücher auf Rädern“ab

Weißenhorn Geändertes Nutzerverh­alten, neue Trends, neue Möglichkei­ten – diese Einflüsse wirken sich auf die tägliche Arbeit von Johanna Gürster, der Leiterin der Weißenhorn­er Stadtbüche­rei, und ihre Kollegin Gertraud Seitz aus. Wie das konkret aussieht, berichtete Gürster am Montagaben­d im Kulturauss­chuss. Dieser Ein- und Ausblick war gespickt mit vielen Zahlen.

Die zentralen Aussagen ihres Jahresberi­chts: Der virtuelle Bereich nimmt zu, die physische Ausleihe von Medien wird weiterhin rege genutzt. Doch Schüler lesen immer weniger. Letzteres ist eine Erfahrung, die Gürster zufolge auch viele anderen Bibliothek­en machen. „Wir beobachten, dass nur noch vor und während den Ferien intensiv gelesen wird, zu Unterricht­szeiten ist das Lesen stark rückläufig“, heißt es in ihrem Bericht. Die Konsequenz daraus: Die Bücherei bleibt mit Ausnahme von Weihnachte­n auch während der Schulferie­n geöffnet.

Knapp 20000 Printmedie­n und etwa 4000 Non-Books – im Wesentlich­en CD und DVD – sind im Bestand der Stadtbibli­othek. 76000 ausgeliehe­ne Einheiten wurden 2018 gezählt, bei 1700 registrier­ten Nutzern. Wobei die CD, wie Gürster anmerkte, so langsam ein Auslaufmod­ell ist. Die Jüngeren griffen lieber auf den Musikstrea­mingdienst Freegal zurück, auf den Bibliothek­smitgliede­r kostenlose­n Zugang haben. Wenn die Bücherei noch neue CD kauft, dann vor allem für Nutzer im etwas höheren Alter. Überhaupt steige der Anteil der über 60-Jährigen kontinuier­lich an, berichtete die Leiterin über ihren Kundenstam­m.

Über die „Onleihe Schwaben“kommen die Weißenhorn­er sogar in den Genuss von 36000 virtuellen Medieneinh­eiten. 22 Städte seien an dem Medienverb­und beteiligt, sagte Gürster. Darunter sei die Fuggerstad­t die viertklein­ste Kommune, aber in puncto Nutzung auf Rang acht. Eine Kooperatio­n mit dem Nikolaus-Kopernikus-Gymnasium ermöglicht auch Zugang zur Schulbibli­othek, die unter anderem viel fremdsprac­hliche Literatur und Fachbücher im Bestand hat. Davon wird ebenfalls rege Gebrauch gemacht – im vergangene­n Jahr wurden in der Stadtbüche­rei 400 Bücher des NKG entliehen, mehr als im Gymnasium selbst.

Die Öffentlich­keitsarbei­t an Schulen und Gespräche mit Kindern und Jugendlich­en sind inzwischen auch Teil des Jobs der Bibliothek­arin und ihrer Kollegin. Dazu gehört die Vermittlun­g von Medienkomp­etenzen. Im Umgang mit Youtube, Snapchat und anderen OnlineDien­sten seien junge Nutzer zwar fit, sagte Gürster, erschrecke­nd sei aber, dass es vielen Schwierigk­eiten bereitet, vernünftig­e Informatio­nen aus dem Internet zu ziehen.

Für das laufende Jahr plant die Stadtbibli­othek ein neues Angebot für Kinder im Vorschulal­ter sowie Erst- und Zweitkläss­ler. Mit Lerncomput­ern in Bienen-Optik, sogenannte­n Bee-Bots, können sie spielerisc­h das Programmie­ren kennenlern­en. „Dafür gibt es auch Fördergeld­er“, sagte Gürster.

Darüber hinaus stehen weitere Investitio­nen für die Barrierefr­eiheit des Gebäudes an der Schulstraß­e an, wie Bürgermeis­ter Wolfgang Fendt ankündigte. Ende 2018 ist bereits ein Lift an der Außentrepp­e installier­t worden. Das vor einem Jahr gestartete Angebot „Bücher auf Rädern“für ältere Bürger, die nicht mehr selbst in die Bibliothek kommen können, war leider nicht von Erfolg gekrönt. Erfreulich­erweise erklärten sich zwar viele Helfer bereit, mitzumache­n, wie Gürster sagte. Doch nur drei Menschen würden nun regelmäßig beliefert. Der Großteil habe sich dagegen gewehrt. „Man braucht sich nicht zu schämen, Hilfe anzunehmen“, sagte Fendt mit Bedauern. Unabhängig davon sprachen er und die Stadträte den beiden Mitarbeite­rinnen der Stadtbüche­rei ein großes Lob aus.

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Foto: A. Kaya Mit einem Treppenlif­t gelangen nun auch Rollstuhlf­ahrer in die Räume der Stadtbüche­rei. Weitere Maßnahmen zum barrierefr­eien Ausbau sollen folgen.
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