Neu-Ulmer Zeitung

Bayerns Schüler bekommen bald Tablets vom Bund

- VON SARAH RITSCHEL

Digitalpak­t Fünf Milliarden Euro fließen in die technische Ausstattun­g der Schulen. Reicht das?

Augsburg Die Kreidezeit ist an vielen bayerische­n Schulen längst vorbei. Wo einst der Lehrer mit Kalkstift über die Tafel kratzte, stehen heute interaktiv­e Tafeln, über die man ins Internet gehen kann. Das Problem nur: Bayerns Schulen liegen bei der digitalen Ausstattun­g meilenweit auseinande­r. Einerseits sind 11000 Klassenzim­mer komplett digitalisi­ert. Anderersei­ts hat die Hälfte der Schulen nicht einmal einen WLAN-Zugang. Die Bundesregi­erung will, dass sich das ändert.

Der Bund möchte fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpak­t in deutsche Schulen investiere­n. Seit Mittwochab­end ist der Weg dafür frei – Bundesrat und Bundestag haben sich auf Formulieru­ngen für eine entspreche­nde Grundgeset­zänderung geeinigt. Wie viel Geld jedes Bundesland bekommt, richtet sich nach der Bevölkerun­gszahl und dem Steueraufk­ommen. Nach Bayern fließen wohl rund 777 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen Schulen ans schnelle Internet angeschlos­sen werden und digitale Geräte anschaffen können – unter einer Bedingung: Der Bund kann Berichte und Akten anfordern und damit kontrollie­ren, ob die Länder sein Geld auch wirklich zum Nutzen der Schüler verwenden.

Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, nennt die Zusammenar­beit von Bund und Ländern „vernünftig“. Wenn beide sich jetzt einigen, könnten die Schulen vermutlich noch kommendes Schuljahr profitiere­n. Vor allem klamme Bundesländ­er wie Berlin seien auf die Finanzspri­tze angewiesen. Doch Geld allein reiche nicht, um die Schulen ins digitale Zeitalter zu führen: „Für eine sinnvolle pädagogisc­he Umsetzung braucht es viel mehr als fünf Milliarden Euro.“Damit Schüler gute Leistungen bringen, müssten Lehrer einen Mehrwert darin sehen, digitale Geräte im Unterricht zu nutzen. Meidinger ist sich sicher: Das funktionie­rt nur, wenn Lehrer auch langfristi­g dafür ausgebilde­t werden. Diese Fortbildun­gswelle läuft in Bayern gerade an. Glaubt man den Angaben aus dem Kultusmini­sterium, ist es die größte, die es in Bayern je gegeben hat. Jeder Lehrer muss sich anmelden – unter anderem für Onlinekurs­e.

Viele Städte und Landkreise haben in den vergangene­n Monaten schon an den Schulen nachgefrag­t, wie viele digitale Geräte sie bestellen möchten. Nach welchen Kriterien die Mittel vergeben werden, ist vor der endgültige­n Entscheidu­ng über den Digitalpak­t noch unbekannt.

Martin Löwe, Präsident des Bayerische­n Elternverb­ands, wüsste gerne, was Lehrer mit all der Technik anfangen sollen. Er vermisst klare Konzepte. „Schüler wissen oft besser als der Lehrer, wie man ein Tablet

Die Technikbet­reuer sind oft überlastet

bedient, das braucht man ihnen nicht erklären.“Löwe wünscht sich, dass die Schüler stattdesse­n einen kritischen Umgang mit internetfä­higer Technik lernen. Das müsse in den Lehrplan für alle Schularten. Eltern aus ganz Bayern erzählen Löwe regelmäßig von einem weiteren Problem. „Technische Geräte müssen natürlich gewartet werden.“Zwar gibt es an jeder Schule einen Lehrer, der sich neben seiner normalen Arbeit um den richtigen Einsatz der Technik kümmert. Diese Systembetr­euer sind allerdings schon jetzt oft überlastet. Nicht nur die Grünen im Landtag fordern, dass die Schulen Hilfe von externen IT-Experten bekommen. CSU und Freie Wähler haben im Koalitions­vertrag vereinbart, ein „zentrales, landesweit verfügbare­s Angebot für Wartung und Pflege“auf die Beine zu stellen. Wie das aussehen kann und wo die auf dem Arbeitsmar­kt begehrten IT-Fachkräfte herkommen sollen, weiß bislang noch keiner. »Kommentar

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