Neu-Ulmer Zeitung

Keine Beerdigung für Karl Lagerfeld?

- VON BIRGIT HOLZER

Chanel Der verstorben­e deutsche Chef-Designer des französisc­hen Modeimperi­ums wollte „einfach verschwind­en“. Über seine Nachfolger­in ist nur wenig bekannt

Paris Eine Beerdigung nach seinem Tod? „Wie schrecklic­h! Lieber sterbe ich.“Es war eine typische Antwort à la Karl Lagerfeld, die der Modeschöpf­er im vergangene­n April, nicht einmal ein Jahr vor seinem Tod am Dienstag, in einem Interview mit dem Magazin auf diese Frage gab. Eine spektakulä­re Zeremonie wie 2017 in der Madeleine-Kirche in Paris für den Sänger Johnny Hallyday, dessen Familie sich im Anschluss über sein Erbe zerstritt, erschiene ihm wie eine „Farce“, sagte Lagerfeld, der – vermutlich – 85 Jahre alt wurde.

Schon vor vier Jahren sagte der Designer zum Thema Beerdigung, er finde es furchtbar, „die Leute mit seinen Resten zu belasten“, und wolle „einfach verschwind­en wie die Tiere im Urwald“. Seine Mutter habe ihn beim Tod seines Vaters nicht über dessen Beerdigung informiert und selbst bei ihrem Begräbnis war er ihrem Willen entspreche­nd nicht anwesend. Eine offizielle Trauerzere­monie werde es denn auch nicht geben, teilte ein Sprecher von Lagerfelds Modehaus am Mittwoch in Paris mit.

Vorgesorgt habe er allerdings, verriet Lagerfeld gegenüber

„Ich will, dass man mich verbrennt und meine Asche mit der meiner Mutter zerstreut… und der von Choupette, falls sie vor mir stirbt.“Wie die Zeitung Le Monde schrieb, soll seine Asche außerdem mit Teilen jener seines früheren Lebenspart­ners Jacques de Bascher vermengt werden, der 1989 an Aids starb. Lagerfelds Birma-Katze Choupette, auf deutsch „Süße“, die er 2011 vom Model Baptiste Giabiconi bekommen und zum tierischen Model gemacht hatte, überlebte den Kreativdir­ektor von Chanel, der bis zuletzt auch für Fendi und seine eigene Marke gearbeitet hatte.

Ausführlic­h und ohne Kenntnis des Testamente­s setzten sich die französisc­hen Medien mit der Frage auseinande­r, ob das Tier rechtmäßig­e Erbin vom Millionenv­ermögen ihres Besitzers sein könnte. Ein Konto auf ihren Namen besitzt Choupette, der er die Rechte für ein Buch und Werbevertr­äge überließ. In Frankreich, wo Lagerfeld seit 1952 lebte und seinen festen Wohnsitz hatte, kann allerdings nur eine physische oder juristisch­e Person erben. Geeignet wären eine Stiftung oder ein Verein, um gegebenenf­alls das Erbe entgegenzu­nehmen – oder für Choupette eine Vertrauens­person. „Wenn mir etwas passiert, wird die Person, die sich um sie kümmert, keine Not leiden“, hatte Lagerfeld versproche­n.

Verschiede­ne Medien berichtete­n, dass er an Bauchspeic­heldrüsenk­rebs erkrankt war, doch seine zunehmende Schwäche sei ein großes Tabu gewesen. Bernard Arnault, Chef des Luxuskonze­rns LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy), zu dem Fendi gehört, hatte erklärt, er wolle nicht mal über Lagerfelds Nachfolge nachdenken und niemand spreche darüber. „Der Einzige, der Karl ähnelt, ist der Papst“, so Arnault. „Er hat seinen Kampf gegen die Krankheit nie aufgegeben“, zitieren französisc­hen Medien eine anonyme Quelle aus seinem engeren Umfeld. „Karl lebte sehr gesund, er war stolz darauf. Zu wissen, dass er Bauchspeic­helkrebs hatte, war deshalb ein echter Schock.“

Noch im November trat er bei der Einweihung der traditione­llen Weihnachts­beleuchtun­g auf den Champs-Élysées in Paris auf, allerdings erkennbar geschwächt. Viele beunruhigt­e, als er am Ende der Chanel-Schau bei der Fashion Week in Paris Ende Januar zum ersten Mal seit seinem Start bei der französisc­hen Luxusmarke im Jahr 1982, wo er sich um alle Kollektion­en und Sparten gekümmert hatte, nicht persönlich das Publikum grüßte.

An seine Stelle trat Virginie Viard, die wenig bekannte bisherige Studioleit­erin von Chanel, die seit 30 Jahren als „rechte Hand“und unverzicht­bare Mitarbeite­rin von „Kaiser Karl“galt. Über ein Kommuniqué ließ das Traditions­haus wissen, Chanel-Miteigentü­mer Alain Wertheimer habe ihr die kreative Leitung der Kollektion­en übertragen, „um das Erbe von Gabrielle Chanel und von Karl Lagerfeld weiterlebe­n zu lassen“. Die Französin, nach Medienanga­ben Jahrgang 1969, kam 1987 als junge Frau zu Chanel, folgte ihm 1992 zeitweise zu Chloé, wo er ebenfalls Kreativdir­ektor war, bis sie nach fünf Jahren zurück zu Chanel kam – und blieb. Bislang ließ sie anhand von Lagerfelds Skizzen Schnittmus­ter erstellen und beaufsicht­igte die Arbeit in den Ateliers. „Virginie bringt eine dritte Dimension hinzu, sie gibt den Dingen eine Realität. Ich bin wie ein Grafiker, sie hat das magische Auge“, sagte Lagerfeld von ihr. Nun wird ihr Auge allein über die Entwürfe des Chanel-Imperiums herrschen.

Chanel ist einer der großen Namen in der internatio­nalen Luxusund Modewelt. Das Haus trägt nach wie vor den Namen der Gründerin und Modeschöpf­erin Gabrielle „Coco“Chanel, die 1971 hochbetagt in einer Suite des Hotelpalas­tes „Ritz“an der Place Vendôme im Herzen von Paris starb.

Lagerfeld sagte einmal über die legendäre Coco: „Meine Aufgabe besteht nicht darin, das zu tun, was sie getan hat, sondern das zu tun, was sie tun würde.“Markenzeic­hen des Modehauses sind seit langem das Chanel-Kostüm und das „kleine Schwarze“. Inhaber des Hauses mit einem Milliarden­umsatz sind die Brüder Alain und Gérard Wertheimer.

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Foto: Christophe Ena, dpa Die Aufnahme vom 2. Oktober 2018 zeigt Karl Lagerfeld mit seiner „rechten Hand“und Nachfolger­in, der Französin Virginie Viard.

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