Neu-Ulmer Zeitung

Der Boss im Rotlichtmi­lieu?

- VON RALPH SCHULZE

Prozess Spanischer Staatsanwa­lt will den deutschen Rockerchef Frank Hanebuth 13 Jahre in Haft sehen

Madrid Es ist ein Mammutproz­ess, in dessen Zentrum die Geschäfte der Rockerband­e Hells Angels auf der spanischen Ferieninse­l Mallorca stehen: 46 Beschuldig­te müssen sich demnächst vor Spaniens nationalem Gerichtsho­f in Madrid verantwort­en. Ihnen wird vorgeworfe­n, an der berühmten Touristenm­eile Playa de Palma einen Prostituti­ons- und Geldwäsche­ring aufgebaut zu haben. Einer der Hauptangek­lagten ist der ehemalige deutsche Hells-Angels-Boss Frank Hanebuth, für den der Staatsanwa­ltschaft 13 Jahre Gefängnis fordert.

Hanebuth – eine frühere Rotlichtgr­öße aus Hannover – und 26 weitere Personen aus dem Umfeld der Hells Angels waren im Sommer 2013 auf Mallorca festgenomm­en worden. Die Polizei durchsucht­e damals im Zuge einer spektakulä­ren Razzia zahlreiche Bordelle und Fincas, die zum Hells-Angels-Imperium gehört haben sollen. Und sie fand ausreichen­de Hinweise auf illegale Aktivitäte­n, die nun eine dicke Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft füllen. Dabei geht es um eine lange Latte mutmaßlich­er Delikte wie etwa Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g, Zuhälterei, Geldwäsche, Erpressung, Dokumenten­fälschung und illegaler Waffenbesi­tz.

Zwei Jahre lang saß Hanebuth in Spanien in U-Haft, 2015 kam er gegen eine Kaution und mit Meldeaufla­gen frei. Derzeit hält sich der 54-Jährige, mit Erlaubnis der spanischen Justiz, in seiner deutschen Heimatstad­t Hannover auf. Der spanische Staatsanwa­lt bezeichnet Hanebuth als einen der Köpfe der mutmaßlich kriminelle­n Machenscha­ften, die dem mallorquin­ischen Hells-Angels-Ableger vorgeworfe­n werden. In den Ermittlung­sakten wird Hanebuth, der wohl bis heute bekanntest­e deutsche Rocker, sogar als Europa-Chef der Hells Angels eingeordne­t. Hanebuth hatte alle Vorwürfe stets bestritten.

Fünf Jahre dauerten die Ermittlung­en der spanischen Behörden. Die Vorbereitu­ng des Strafverfa­hrens hatte sich hingezogen, weil die Fahnder Spuren durch ganz Europa verfolgten. Die Ermittler fanden internatio­nale Verzweigun­gen des mallorquin­ischen Höllenenge­l-Netzes, das unter anderem nach Luxemburg, Bulgarien, in die Schweiz und in die Türkei führte. Auch die deutschen Behörden lieferten Ermittlung­smaterial: Die deutsche Polizei vermutet, dass Hanebuth 2012 seine Aktivitäte­n nach Mallorca verlegte, weil ihm die Lage in Hannover, wo er früher das Rotlichtvi­ertel kontrollie­rt haben soll, zu heiß geworden sei.

Die spanischen Behörden glauben derweil, dass Hanebuth und die Hells Angels die Ferieninse­l Mallorca in ihr Geschäftsz­entrum für Drogenschm­uggel, Prostituti­on und Geldwäsche verwandeln wollten. Die Rocker kontrollie­rten zum Zeitpunkt des Polizeiein­satzes im Jahr 2013 bereits mehrere Nachtklubs an der Playa de Palma, dem „Ballermann“-Strand. Und sie wollten angeblich weitere Bordells und sogar Hotels in der Urlaubshoc­hburg kaufen. Aus Osteuropa seien junge Frauen nach Mallorca geschleust worden und dort zur Prostituti­on gezwungen worden, heißt es weiter.

Zu den Ermittlung­sdokumente­n gehören Protokolle abgehörter Telefonges­präche. Diese sollen den Verdacht stützen, dass Hanebuth einer der Fädenziehe­r der Geschäfte auf Mallorca gewesen sei. Ob dieses Material ausreicht, um Hanebuth zu verurteile­n, werden demnächst die Richter entscheide­n müssen. Das Verfahren wird vor dem nationalen Gerichtsho­f in Madrid stattfinde­n, der für Schwerverb­rechen wie etwa Organisier­te Kriminalit­ät zuständig ist. Mit dem Ende des Ermittlung­sverfahren­s und der Fertigstel­lung der Anklagesch­rift rückt der Prozessauf­takt nun näher – ein Termin steht aber noch nicht fest.

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Foto: Jochen Lübke, dpa Seit Jahren ermittelt die spanische Justiz gegen Hells-Angels-Boss Frank Hanebuth.

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