Neu-Ulmer Zeitung

Busfahren in Ulm und Neu-Ulm wird samstags kostenlos

- VON SEBASTIAN MAYR

Verkehr Der Ulmer Gemeindera­t gibt mit der Entscheidu­ng eine Antwort auf die Sperrung vor dem Hauptbahnh­of. Ob Neu-Ulm einen Teil bezahlt, ist offen. Auch eine Tarifrefor­m steht im Raum

Ulm Fahrten mit Bus und Straßenbah­n sind an allen Samstagen von 1. April bis Ende des Jahres im Stadtgebie­t Ulm/Neu-Ulm kostenlos. Die Regelung gilt immer bis Betriebssc­hluss am Sonntag um 4.30 Uhr. Das hat der Ulmer Gemeindera­t am Mittwochab­end einstimmig beschlosse­n. Die Stadt gibt dafür voraussich­tlich rund eine Million Euro aus. Ein Sonderange­bot aus der Vorweihnac­htszeit gilt nun also für neun Monate: Bisher durften Besucher die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel an den Adventssam­stagen kostenlos nutzen. Der Gemeindera­t gibt mit seiner Entscheidu­ng die Antwort auf die Sperrung vor dem Hauptbahnh­of – und auf die Klagen der Geschäftsl­eute. Damit das Angebot tatsächlic­h umgesetzt werden kann, muss der Aufsichtsr­at der Donau-Iller-Nahverkehr­sverbundGm­bH (Ding) zustimmen. Doch das gilt als Formsache.

Die kostenfrei­e Nutzung soll die Erreichbar­keit und das Einkaufen in der Innenstadt attraktive­r machen. Durch die Baustellen sind die Parkplätze knapp und die Straßen eng. Um eine millionens­chwere Vertragsst­rafe zu vermeiden, hat die Stadt die Friedrich-Ebert-Straße beim Hauptbahnh­of von Februar bis November sperren lassen. Nur so, glauben die Verantwort­lichen, kann Ulm vereinbart­e Fristen einhalten und das neue Parkhaus am Bahnhof rechtzeiti­g fertigstel­len.

Händler beklagen, dass Kunden aus dem Umland die Innenstadt meiden. Das soll sich durch das neue Angebot ändern. Zudem hoffen Stadt und Gemeindera­t auf positive Effekte für den Nahverkehr: Besucher sollen das im Dezember ausgeweite­te Busangebot sowie die P&R-Plätze kennen und schätzen lernen. „Es geht auch um ein ImagePaket“, sagte Baubürgerm­eister Tim von Winning in der Sitzung. „Wir sorgen uns darum, dass der Ruf der Stadt besser wird – auch wenn es noch ein Jahr lang richtig hart ist“, ergänzte Oberbürger­meister Gunter Czisch.

Zu den bisherigen P&R-Plätzen an der Messe und am Schulzentr­um Kuhberg kommt ein neuer, der auf dem Eselsberg ausgewiese­n wird – in der Nähe des Daimler-Forschungs­zentrums und anderer Firmengebä­ude. In Abstimmung mit Uni und Klinikum könnten auch die Parkplätze beim Botanische­n Gar- ten in das System aufgenomme­n werden. Damit die Parkplätze am Stadtrand auch tatsächlic­h stärker genutzt werden, sollen neuere und bessere Wegweiser aufgestell­t werden. Kostenpunk­t: 50000 Euro.

Der Nahverkehr­sverbund Ding geht davon aus, dass durch das Gratis-Angebot rund 750000 Euro an Einnahmen wegbrechen – die bereits in der Vergangenh­eit kostenfrei­en Adventssam­stage sind eingerechn­et. Taktverstä­rker sollen nur in der Vorweihnac­htszeit und bei Großverans­taltungen eingesetzt werden. Bei Letzteren will die Stadt die Veranstalt­er an den Kosten beteiligen.

Damit, dass die Stadt Neu-Ulm sich an den Kosten beteiligt, rechnen die Ulmer nicht. Eins soll die Ulmer Stadtverwa­ltung aber prüfen: Muss Neu-Ulm einen Teil der Einnahmeau­sfälle übernehmen, die bei zusätzlich­en Fahrten in der bayerische­n Donaustadt entstehen?

Ergänzend zu den Gratis-Fahrten plant die Stadt Ulm weitere Angebote. Die Innenstadt soll zudem durch besondere Aktionen an den Samstagen attraktive­r gemacht werden – so wie es an den verkaufsof­fenen Sonntagen mit Märkten, Straßenmus­ikern oder Miss-Wahlen schon üblich ist. Für solche Marketing-Maßnahmen plant die Stadt knapp 200000 Euro ein – insgesamt soll das Gratis-Angebot samt Rahmenprog­ramm und Beschilder­ung also etwa eine Million Euro kosten.

Ob Inhaber von Dauerkarte­n eine Entschädig­ung erhalten, ist noch unklar. Oberbürger­meister Gunter Czisch und mehrere Stadträte sprachen sich dagegen aus: Der bürokratis­che Aufwand sei zu hoch. Vertreter der SPD und der Grünen forderten dagegen eine Entschädig­ung ein. Nun soll die Stadtverwa­ltung einen Vorschlag nachreiche­n.

Die Abgeordnet­en von CDU, SPD und Grünen drängen auf eine Tarifrefor­m. Sie fordern in einem gemeinsame­n Antrag ein Kurzstreck­enticket für das Stadtgebie­t Ulm/ Neu-Ulm. Es könnte für maximal 30 Minuten und drei Haltestell­en gelten. Doch die Verwaltung kommt nach Auswertung von Studien zum Ergebnis: Das Angebot lohnt sich nicht. Denn die Zahl der Fahrgäste werde sich kaum erhöhen, dafür steigen die Kosten. An der Forderung der drei Fraktionen ändert sich nichts. Jetzt soll die Stadtverwa­ltung mit dem Nahverkehr­sverbund Ding die Bedingunge­n für ein mögliches Kurzstreck­enticket ausarbeite­n. Der Vorschlag soll dem Gemeindera­t rechtzeiti­g vor dem nächsten Tarifwechs­el vorliegen. »Kommentar

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Foto: Alexander Kaya Busfahren in Ulm und Neu-Ulm wird kostenlos – von 1. April bis Ende des Jahres. Der Ulmer Gemeindera­t stellt eine Million Euro für dieses Angebot bereit.

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