Neu-Ulmer Zeitung

Heroinsuch­t machte sie zur Seriendieb­in

- VON ARIANE ATTRODT

Justiz Eine 20-Jährige ging mit ihrem Freund auf Beutezug. Das Neu-Ulmer Amtsgerich­t verurteilt sie zu einer Haftstrafe

Neu-Ulm Mit 14 Jahren ging es mit Marihuana los, es folgten Amphetamin­e und Methadon, mit 16 Jahren zum ersten Mal auch Heroin: Das Abrutschen in die Abhängigke­it ging bei der heute 20-Jährigen schnell – und damit auch das Abrutschen in die Kriminalit­ät. Denn um an Heroin zu kommen, fehlten ihr und ihrem Freund das Geld. Deshalb gingen sie regelmäßig auf Diebestour, um sich ihre Drogensuch­t finanziere­n zu können. Nun stand die junge Frau vor dem Neu-Ulmer Amtsgerich­t, wo sie das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richter Thomas Mayer zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt­e.

Es waren gleich sieben Anklagesch­riften, die Staatsanwä­ltin Patrizia Rabe zu Beginn zu verlesen hatte. Die meisten davon waren Diebstähle – und breit gefächert: Einmal wollte die Angeklagte mit ihrem Freund, der anderweiti­g verfolgt wurde und mit dem sie inzwischen verlobt ist, Kleidung mitgehen lassen, ein anderes Mal teure Parfums – und einmal sogar einen Zahnsteine­ntferner aus einer Praxis. Am gewinnbrin­gendsten wäre ihre Tat im Kaufland in Ulm gewesen: Dort wollten sich die beiden mit zwei Elektrosco­otern und vier Flachbildf­ernsehern im Wert von insgesamt 1179 Euro aus dem Staub machen. In allen Fällen wurden die beiden aber erwischt, die Beute blieb zurück.

Immer, wenn Richter Mayer nachfragte, was sie mit dem Diebesgut machen wollte, antwortete die Angeklagte, die mit 16 Jahren bei ihren Eltern rausgeflog­en ist und in einer Obdachlose­nunterkunf­t wohnte, mit ausdrucksl­oser Stimme: „Verkaufen und mit dem Geld Heroin kaufen.“Die 20-Jährige hat etwa 4000 Euro Schulden, mehrere Vorstrafen, sitzt derzeit wegen einer widerrufen­en Bewährungs­strafe im Frauengefä­ngnis in Aichach, das ihr ein vorbildlic­hes Verhalten bescheinig­t. Ihre zweijährig­e Tochter lebt von Geburt an in einer Pflegefami­lie, es bestehe allerdings Kontakt.

Staatsanwä­ltin Rabe forderte eine Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Trotz der mehreren Anklagen „dürfte jedem klar sein, dass wir hier nur einen Bruchteil von Sachen verhandelt haben, die sich abgespielt haben“. Verteidige­r Mihael Milosevic, der von einem „fast schon drehbuchre­ifen“Drama sprach, plädierte ebenfalls für eine Haftstrafe, deren Länge er ins Ermessen des Gerichts legte.

Dieses verurteilt­e die 20-Jährige wegen gewerbsmäß­igen Diebstahls zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die junge Frau sei in einem Zustand der „drogenbedi­ngten Verwahrlos­ung“gewesen, so Mayer. „Es war irgendwie Alltag für sie, zu stehlen.“Damals sei sie zudem noch nicht so weit für eine Therapie gewesen – „und wäre es jetzt in Freiheit auch noch nicht“, betonte er und fügte im Hinblick auf die bereits widerrufen­e Bewährung hinzu: „Die Haft war das Beste, was der Angeklagte­n passieren konnte.“Die Vollstreck­ung der Freiheitss­trafe werde nun wahrschein­lich zurückgest­ellt, das heißt: Langzeitth­erapie statt Haft. Der Strafrest werde dann wohl zur Bewährung ausgesetzt, so Mayer weiter.

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Symbolfoto: Leonhardt/dpa Um sich Heroin zu kaufen, stahl eine 20-Jährige.

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