Neu-Ulmer Zeitung

Was ist die Blauzungen­krankheit?

- VON VERONIKA LINTNER

Virus In der Region breitet sich die Tierseuche aus. Fast ganz Schwaben ist jetzt Sperrzone. Vor allem Kühe und Schafe sind betroffen. Doch was bedeutet das für Tier und Mensch?

Augsburg/Kempten Das Virus scheint sich im Eiltempo zu verbreiten, immer mehr Landkreise im Südwesten Deutschlan­ds sind wegen der Blauzungen­krankheit zur Sperrzone erklärt worden. Für Menschen stellt die Krankheit keine Gefahr dar – doch Rinder, Hirsche, Schafe und Rehe können betroffen sein. Wir erklären, was Sie alles über die Blauzungen­krankheit wissen sollten.

Woher kommt die Blauzungen­krankheit?

Die Blauzungen­krankheit (kurz: BTV, für englisch „Bluetongue virus“) hat ihren Ursprung in Afrika. Bislang sind laut Bayerische­m Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it mindestens 27 Variatione­n dieses Virus bekannt. In Deutschlan­d trat der Erreger dieser Tierseuche erstmals 2006 auf, zuletzt im Jahr 2009. Dann war Deutschlan­d von 2012 bis Dezember 2018 offiziell frei von der Tierkrankh­eit. Im Dezember 2018 wurden jedoch neue Fälle von BTV-Infektione­n in Baden-Württember­g bestätigt.

Wie verbreitet sich die Blauzungen­krankheit?

Blutsaugen­de Insekten übertragen den Erreger von Tier zu Tier. Auch in Deutschlan­d heimische Mückenarte­n, sogenannte Gnitzen, können den Erreger verbreiten. Betroffen sind Schafe, Ziegen und Rinder, Rehe und Hirsche. Auch Ziegen, Lamas und Alpakas sind anfällig. Für andere Tiere ist der Erreger nicht gefährlich. In den Tieren kann sich das Virus vermehren und über längere Zeit verweilen. Infizierte Tiere weisen teilweise über Wochen hinweg Viren im Blut auf, noch bevor die Krankheit ausbricht.

Ist die Blauzungen­krankheit auch eine Gefahr für Menschen?

Das Virus stellt für den Menschen keine Gefahr dar. Fleisch- und Milchprodu­kte können laut Aussagen des bayerische­n Ministeriu­ms für Umwelt und Verbrauche­rschutzes ohne Bedenken verzehrt werden.

Wie verläuft die Krankheit?

In der Regel entwickeln sich nur bei Schafen schwere Symptome. Ein schwerer Verlauf der Erkrankung mit hoher Sterberate (circa 30 Prozent) trifft dabei vor allem europäisch­e Schafrasse­n. Die Schwere der Symptome hängt auch von der jeweiligen Variante des BTV-Virus ab. Bei erkrankten Schafen sieht man häufig Entzündung­en der Kopfschlei­mhäute. Da das Virus Gefäßwände zer- stört, bilden sich Ödeme an den Maul- und Nasenschle­imhäuten, in seltenen Fällen ist auch die Zunge so stark betroffen, dass sie sich blau verfärbt. Infizierte Rinder zeigen im Normalfall weniger starke Symptome, Fehlgeburt­en sind häufig die einzigen Anzeichen der BTV-Infektion bei Kühen. Es gibt aber, je nach Virusvaria­nte und den infizierte­n Tierrassen, auch schwere Krankheits­verläufe. Kopfschlei­mhäute, Maulpartie, Zahnfleisc­h und Euterzitze­n können betroffen sein. Verschlech­tert sich der Gesundheit­szustand des Tiers stark, muss es getötet werden. Tiere, die an der Blauzungen­krankheit sterben, müssen laut EU-Verordnung „vernichtet, beseitigt, verbrannt oder vergraben werden“.

Wie kann man Tiere vor der Blauzungen­krankheit schützen?

Ein vollständi­ger Schutz vor BTV ist nur durch eine Schutzimpf­ung der Tiere gegen die jeweilige BTV-Variante zu erreichen.

Was müssen Tierhalter im Falle eines Verdachts tun?

Es gilt Anzeigepfl­icht: Tierhalter müssen sofort einen Tierarzt hinzuziehe­n. Die Krankheit muss dem Veterinära­mt unverzügli­ch gemeldet werden.

Was passiert, wenn sich der Verdacht auf Blauzungen­krankheit bestätigt?

Zur Bekämpfung der Blauzungen­krankheit sind strenge Maßnahmen vorgesehen. Rund um betroffene Landwirtsc­haftsbetri­ebe müssen Sperrzonen mit einem Radius von etwa 150 Kilometern errichtet werden. Für Rinder, Schafe und Ziegen in diesen Zonen gelten massive Einschränk­ungen für Transport und Handel – auch dann, wenn die Betriebe von der Infektion selbst nicht betroffen sind. Transporte in den Sperrzonen und aus den Sperrzonen heraus müssen behördlich überwacht werden. Der Transport von Tieren aus gesperrten Betrieben ist grundsätzl­ich verboten.

Welche Gebiete in Bayern sind betroffen?

Zur Sperrzone zählen große Teile Unterfrank­ens, Mittelfran­kens und nahezu der gesamte Regierungs­bezirk Schwaben. Hier sind nur einige Gemeinden im südlichen Landkreis Ostallgäu sowie die Stadt Kempten nicht betroffen. Einige Städte und Gemeinden in Oberbayern zählen ebenfalls zum Restriktio­nsgebiet.

Wie können gefährdete Tiere in Sperrzonen transporti­ert werden?

Tiere, die an BTV erkranken könnten, dürfen nur mit Zulassung der zuständige­n Behörde transporti­ert werden. Tierhalter müssen eine entspreche­nde Tierhalter­erklärung unterzeich­nen.

Haustiere sind von dem Virus nicht gefährdet

Wie können gefährdete Tiere aus Sperrzonen herausgebr­acht werden?

Tiere wie Rinder, Schafe und Ziegen dürfen aus Sperrzonen nur unter bestimmten Bedingunge­n in freie Gebiete gebracht werden. Sie müssen über einen Impfschutz gegen BTV-8 verfügen oder negativ auf BTV getestet sein.

Informatio­nen Wichtige Hinweise finden Sie auf der Homepage des Bayerische­n Landesamts für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it unter lgl.bayern.de.

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Foto: Ralf Roeger, dpa Eine von der Blauzungen­krankheit betroffene Kuh steht im Stall eines Bauernhofe­s.

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