Neu-Ulmer Zeitung

Obdachlose­r stahl nachts Nudeln und Prosecco

- VON ARIANE ATTRODT

Prozess Ein 29-Jähriger brach mehrmals in eine Pizzeria ein und bediente sich im Kühlraum. Jetzt muss er ins Gefängnis

Neu-Ulm Nudeln, Prosecco oder Gemüse: Die Beute, die ein 29-Jähriger bei seinen nächtliche­n Diebstähle­n in einer Pizzeria im nördlichen Landkreis gemacht hat, war nicht besonders spektakulä­r. Doch für die sechs angeklagte­n Taten im vergangene­n Herbst muss er nun einen hohen Preis bezahlen: Amtsrichte­r Thomas Mayer verurteilt­e den Mann, der derzeit in einer Obdachlose­nunterkunf­t in Neu-Ulm lebt, wegen mehrfachen Diebstahl gestern zu einer Haftstrafe von acht Monaten.

Der Angeklagte, der ohne Verteidige­r zum Prozess erschienen war, gestand die sechs ihm vorgeworfe­nen Tat ohne Einschränk­ung. Demnach hatte er bemerkt, dass eine Strebe am Tor beim Seiteneing­ang der Pizzeria nicht richtig festgeschw­eißt war. Diese hebelte er bei seinen nächtliche­n Diebestour­en auf, zwängte sich durch die entstanden­e Lücke und bediente sich anschließe­nd im Kühlraum. Seine Beute seien Nudeln, „Fleischpro­dukte, sämtliches Gemüse“oder auch Bier und Wein gewesen. „Was ich brauchen konnte zum Kochen und zum Trinken.“Laut Anklage hatte der 29-Jährige bei fünf Diebstähle­n Lebensmitt­el im Wert von etwa 50 Euro, bei einer Tat im Wert von rund 100 Euro gemacht.

Der Inhaber, der als Zeuge vor Gericht aussagte, bemerkte jedoch schnell, dass sich jemand im Kühlraum zu schaffen machte. Getränke seien besonders häufig verschwund­en – egal ob Cola, Fanta, Bier, Lambrusco oder Prosecco. „Ich habe zuerst gedacht, es ist vielleicht der Putzmann“, berichtete der Mann. Er setzte sich mit der Kripo in Verbindung, installier­te eine Kamera. So kam man dem Angeklagte­n schließlic­h auf die Schliche.

Dieser bekräftigt­e vor Gericht, es sei sein Ziel, so bald wieder möglich „aus dem Nuißlheim wieder rauszukomm­en“, wo er seit April vergangene­n Jahres wohnt. Er habe bereits einen Job als Zeitarbeit­er, den er am folgenden Tag beginnen werde, berichtete er dem Gericht zuversicht­lich. „Ich komme schnell wieder in einen strukturie­rten Alltag rein“, sagte der 29-Jährige, der bereits dreimal eine Ausbildung abgebroche­n hat.

Dass er das letzte Mal ganz normal zur Arbeit gegangen ist, ist lange her – knapp fünf Jahre. Dazwischen hat er nämlich bereits längere Zeit im Gefängnis verbracht, unter anderem weil eine Bewährungs­strafe wegen mehrfachen Diebstahl widerrufen worden war. Schulden hat der junge Mann ebenfalls zuhauf: Etwa 50000 Euro – und fast die komplette Summe bei der Stadt Ulm, weil er den Unterhalt für seine beiden Kinder nicht zahlen konnte.

Die Staatsanwa­ltschaft forderte eine neunmonati­ge Haftstrafe sowie die Einziehung von Wertersatz in Höhe des Beuteschad­ens von 350 Euro. Bei letzterem Punkt schloss sich Richter Mayer an, befand allerdings eine Haftstrafe von acht Monaten für ausreichen­d. Zur Bewährung könne diese jedoch nicht mehr ausgesetzt werden – schon allein wegen der zahlreiche­n Vorstrafen, so Mayer bei der Urteilsbeg­ründung. Die Rückfallge­schwindigk­eit war ebenfalls groß: „Sie sind erst letztes Jahr aus der Haft entlassen worden.“Auch, dass er nun als Zeitarbeit­er bei einer Firma beginnen wolle, reiche für eine positive Sozialprog­nose nicht aus. „Das gibt uns zu wenig Sicherheit, um daraus Hoffnung schöpfen zu können, dass sie keine Straftaten mehr begehen werden“, fasste Mayer zusammen.

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Symbolfoto: dar/dpa

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