Ulm macht die nächste Baustelle auf
Stadtentwicklung SPD, FWG und CDU fordern, dass die Fußgängerzone saniert wird. Noch in diesem Jahr soll dafür ein Wettbewerb ausgeschrieben werden. Kann die Stadt das stemmen?
Ulm Dass Ulm erreichbar bleibt, lässt sich die Stadt viel kosten: voraussichtlich eine Million Euro haben die Stadträte dafür freigegeben, dass Bus und Straßenbahn samstags neun Monate lang kostenlos sind. Das Ziel: mehr Besucher anlocken. Eine Entscheidung als Signal. Jetzt soll die nächste Botschaft ausgesandt werden. Die Stadträte von SPD, Freien Wählern und CDU wollen, dass die Fußgängerzone in der Ulmer Innenstadt saniert wird. Die Stadtverwaltung soll noch in diesem Jahr einen Wettbewerb dazu ausschreiben, heißt es in einem Antrag, den Martin Rivoir (SPD), Gerhard Bühler (FWG) und Thomas Kienle (CDU) unterschrieben haben – ausdrücklich im Namen ihrer gesamten Fraktionen.
Die Klagen über den Zustand der Bahnhofstraße und der Hirschstraße sind zahlreich und vielfältig: Händler beschwerten sich über Obdachlose und Drogensüchtige, die dort herumlungern. Gleichzeitig fürchten sie eine Abwertung durch das neue Einkaufsquartier Sedelhöfe, das zwischen Fußgängerzone und Hauptbahnhof entsteht. Der McDonald’s-Container verschandelt aus Sicht von vielen Kaufleuten und Stadtpolitikern die Straße – genauso wie das Flickwerk am Boden, das entstehen dürfte, wenn er zur Eröffnung der Sedelhöfe im Frühjahr 2020 entfernt wird. Und auch bei den Arbeiten für das Einkaufsquartier sowie für das benachbarte Bauprojekt Bahnhofplatz 7 dürfte der Belag zerstört werden. Die Ulmer IHK hatte bereits im vergangenen Sommer ein Konzept für einen einheitlichen Bodenbelag und die Beleuchtung gefordert.
Die Sanierung der Fußgängerzone hat die Stadtverwaltung erst für 2025 geplant. Den Räten der drei Fraktionen ist das nicht früh genug. Sie schreiben in ihrem Antrag, dass in der Fußgängerzone dringender Handlungsbedarf bestehe, „schließlich ist dies die zentrale Erschließungsachse auch für alle Nebenlagen“. Zwischen Ausschreibung, Entscheidung und Umsetzung werde wohl einige Zeit vergehen, daher bestehe keine Gefahr für Konflikte mit aktuellen Baustellen. „Wenn wir erst nach der Fertigstellung der Sedelhöfe und der Tiefgarage am Bahnhof mit der Ausschreibung beginnen, geht aus unserer Sicht zu viel Zeit verloren“, schreiben sie.
FWG-Mann Gerhard Bühler hatte den Antrag ins Gespräch ge- als der Gemeinderat über den kostenlosen Nahverkehr an Samstagen abstimmte. „Ulm bleibt erreichbar“, heißt die dazugehörige Kampagne der Stadt. Dazu gehöre auch die Sanierung der Fußgängerzone, hatte Bühler gefordert und die vielen Bauprojekte aufgezählt, die dort demnächst anstehen: Bahnhofplatz 7, Neubau der Neuen Apotheke, Neugestaltung der Fassade von Peek & Cloppenburg, Abriss des McDonald’s-Containers. Ein Gestaltungswettbewerb für die Fußgängerzone sei auch wegen dieser Pläne besonders wichtig. Bühler hatte wegen der aktuellen Baustellen zwar eingeräumt: „Wir können nicht anfangen.“Doch zumindest einen Wettbewerb könne man anstoßen – zum Beispiel als Teil des Innenstadtdialogs. In diesem Projekt wollen der ehemalige Chefstadtplaner Volker Jescheck und der frühere Gögglinger Ortsvorsteher Markus Mendler zusammen mit ei- nem externen Berater, Anwohnern, Händlern und Wirten erarbeiten, wie sich die Stadt und ihr Zentrum entwickeln sollen und wie Ulmer Besonderheiten bewahrt und ausgebaut werden können.
Denise Niggemeier (Grüne) hatte Bühlers Vorschlag im Gemeinderat prompt zurückgewiesen: „Es ist der falsche Zeitpunkt, die nächste Baustelle aufzumachen.“Schließlich hatte Bühler seinen Antrag zurückgezogen und gefordert, den Wunsch in einer der nächsten BauausschussSitzungen zu diskutieren. Nun hat er gemeinsam mit den Räten von SPD und CDU eine stabile Grundlage geschaffen: Die drei Fraktionen haben mit 28 der 40 Sitze eine deutliche Mehrheit im Ulmer Rathaus.
Offen bleibt, wie sich der Plan mit der Investitionsstrategie von Finanzbürgermeister Martin Bendel verträgt. Die Gemeinderäte hatten 2017 nach langen Diskussionen dem Vorschlag zugestimmt, eine Prioribracht, tätenliste anzulegen. Sie bestimmt, welches Projekt wann an der Reihe ist. Doch die Stadt hinkt ihren ehrgeizigen Planungen deutlich hinterher: Die Ulmer schieben Ermächtigungsüberträge in Höhe von 30 Millionen Euro vor sich her – Geld für Projekte, die entgegen der Planungen noch nicht umgesetzt werden konnten.
Schon bei den Planungen für den Haushalt 2019 hatte Bendel mehr Bescheidenheit gefordert und vor Wahlversprechen gewarnt – am 26. Mai entscheiden die Ulmer, wer sie in den kommenden fünf Jahren im Gemeinderat vertritt. Zumindest bei der Sanierung der Fußgängerzone könnte die Stadt Geld sparen, wenn sie die Bahnhofsstraße und die Hirschstraße als Sanierungsgebiet ausweist. Denn dann würden die Eigentümer der Immobilien dort an den Kosten beteiligt. FDP-Stadtrat Erik Wischmann hatte das im Gemeinderat angemerkt.