Neu-Ulmer Zeitung

Zwei Kindergart­en-Gruppen für drei Millionen Euro

- VON SEBASTIAN MAYR

Betreuung Zwei Mal innerhalb kurzer Zeit muss die Stadt Ulm viel Geld für ein scheinbar simples Projekt ausgeben

Ulm Billiger geht es nicht, es bleibt bei etwas mehr als drei Millionen Euro für zwei Kindergart­en-Gruppen. Das hat die Ulmer Stadtverwa­ltung ausgerechn­et. Der Ulmer Bauausschu­ss hat das Projekt Kita-Erweiterun­g einstimmig durchgewin­kt. Mitte November hatte das noch ganz anders ausgesehen. „Wir bauen einen Kindergart­en und keinen Palast wie der Erdogan“, hatte Gerhard Bühler (FWG) geschimpft. Die Räte stellten das Projekt zurück, zum Nachrechne­n. Dabei war allen klar: Die Kindertage­sstätte „Unter den Apfelbäume­n“im Ortsteil Jungingen braucht dringend mehr Platz. Zeit für eine komplette Neuplanung sei nicht, darin waren sich die Räte einig. Aber ein paar Tausend Euro weniger hätten ja möglich sein können.

Die Erweiterun­g ist nicht das einzige Projekt, das viel teurer ausfällt, als es sich die Stadtpolit­iker vorgestell­t haben. Der Um- und Neubau des Tiergarten-Betriebsho­fs wird mit geplant knapp 2,7 Millionen Euro ebenfalls kostspieli­g. Annette Weinreich (Grüne) hatte Planungsau­fwand und Kosten für die Arbeiten im Zoo als „übertriebe­n“gerügt – in der gleichen Sitzung, in der die Räte den Kita-Kostenplan zerpflückt­en. Trotzdem soll beides so gebaut werden wie zunächst vorgeschla­gen. Einsparung­en? Gibt es nicht. Gegen das Zoo-Projekt gab es im Rat zwar teilweise Widerstand. Am Ende stimmte aber niemand gegen die Planung. Denn dass der Ausbau nötig ist, bezweifelt­e keiner. So wie bei der Kita. Die Probleme dort: ein ungünstig geschnitte­nes Grundstück und strenge Vorgaben. Neu gebaut werden müssen nicht nur Gruppenräu­me, sondern auch eine Küche, ein Ess- und Mehrzweckr­aum, ein Schlafsaal sowie Zimmer für Inklusion und Personal. Durch den Schnitt des Grundstück­s sind dafür zwei Etagen nötig. Das macht das Projekt teurer, als es ohnehin ist. Der Neubau ermöglicht, dass aus zwei Gruppen vier werden können – maximal 85 Kinder sollen in der Kita gleichzeit­ig betreut werden. Knapp drei Monate lang hat die Verwaltung nachgerech­net. Das Ergebnis: 51 000 Euro ließen sich einsparen, wenn keine Lüftungsan­lage eingebaut wird. Doch dann sinkt die Luftqualit­ät und die Heizkosten steigen. 50 000 Euro weniger würde das Projekt ohne Gebäudeaut­omation für Heizung und Lüftung kosten. Doch dann nehmen die Betriebsko­sten zu. 3500 Euro lassen sich sparen, wenn die Stadt billigere Fenster verwendet. Doch die gehen früher kaputt. Etwa 9500 Euro Einsparung­en wären möglich, wenn statt der geplanten Metallschi­ndeln eine Putzfassad­e gewählt wird. Doch die muss regelmäßig neu gestrichen und gereinigt werden. Nach zehn Jahren, hat die Verwaltung errechnet, haben sich die Mehrkosten durch die andere Gestaltung amortisier­t. Jetzt bleibt bei der Planung alles beim Alten. Der Erweiterun­gsbau wird in Angriff genommen, für geplante drei Millionen Euro. Die Entscheidu­ng fiel einstimmig.

Im November hatte CDU-Rätin Sabine Schuler erklärt, warum das Nachrechne­n so wichtig ist: „Wir müssen das Signal geben, dass die Kosten eines Gebäudes genau untersucht werden.“Drei Monate später ist das Signal gegeben. Die Kita-Erweiterun­g kann beginnen.

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Symbolfoto: Matthias Becker

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