Räte stoppen betreutes Wohnen
Senioren Der Caritasverein Illertissen hält am ursprünglichen Standort für sein Bauprojekt fest. Den lehnt eine Mehrheit des Stadtrats ab. Bei den Alternativflächen gibt es aber ein Problem
Weißenhorn Es ist ein Projekt, das sich viele Weißenhorner und auch der Stadtrat wünschen. Es gibt einen Investor, der das Vorhaben schnell umsetzen möchte. Zudem ist ein geeignetes Grundstück vorhanden, das sich zügig bebauen ließe. Bessere Voraussetzungen kann es eigentlich nicht geben für die Realisierung eines Zentrums mit Tagespflege und betreutem Wohnen in Weißenhorn. Dennoch hat der Stadtrat am Montagabend mit einer Mehrheit von 13 zu acht Stimmen die Pläne des Caritasvereins Illertissen für ein Neubauprojekt an der Reichenbacher Straße abgelehnt. Knackpunkt war die Standortfrage, die auch in einer langen Diskussion nicht geklärt werden konnte.
Dabei steht eine Einrichtung, die pflegende Angehörige entlastet, schon lange auf der Wunschliste des Stadtrats. Bereits im April 2016 hatte das Gremium die Stadtverwaltung beauftragt, nach potenziellen Investoren zu suchen. Doch die gab es bislang nicht, wie Bürgermeister Wolfgang Fendt nun auf Nachfrage
Der Erhalt des Grünstreifens ist vielen Stadträten wichtig
der SPD berichtete. 2018 kam aus eigenem Antrieb der Caritasverein Illertissen auf die Stadt zu und stellte seine Pläne im September im Stadtrat vor (wir berichteten). Die Mehrheit des Gremiums hielt den für das Bauprojekt vorgesehenen Standort – ein schmaler Grünstreifen an der Reichenbacher Straße zwischen Bodelschwinghstraße und Kolpingstraße – jedoch für ungeeignet und schlug stattdessen den östlichen Teil der Hasenwiese vor.
Den damaligen Vorschlag nahmen die Vertreter der gemeinnützigen Gesellschaft mit Sitz in Vöhringen, die ihr Geschäft unter dem Markennamen Illersenio betreibt, auf und schauten sich das Areal an, wie der Architekt Günter Weber nun im Gremium berichtete. Die Fläche sei für ihre Zwecke aber viel zu groß, sagte er. Zudem müsste aus Webers Sicht erst geklärt werden, was mit der dann freibleibenden Fläche zwischen den Supermärkten und den Seniorenwohnungen passieren soll. „Eine kurzfristige Realisierung ist da infrage gestellt“, sagte er und führte noch einmal ausführlich die Vorzüge des ursprünglich vorgesehenen Grünstreifens neben der Kastanienallee aus. Die Bäume blieben erhalten und seien dann im- mer noch höher als die fünf geplanten zwei- bis viertstöckigen Gebäude, sagte Weber.
SPD-Fraktionschef Herbert Richter lobte zwar den Entwurf für seine gute städtebauliche und gestalterische Qualität. Aus Sicht der Sozialdemokraten sei allerdings das Rössle-Areal der ideale Standort für das Projekt, sagte er. Das hatte die Fraktion bereits in einem Antrag an die Stadtverwaltung deutlich gemacht. Auch Günther Hogrefe (CSU) sprach sich gegen den Standort an der Reichenbacher Straße aus: „Wir würden die Kastanienallee lieber als Grünfläche erhalten.“Ulrich Fliegel (Grüne) ergänzte: Die Fläche sei Teil einer „Kaltluftschneise“vom Wald bis in die Innenstadt, die unbebaut bleiben sollte. Seine Fraktion befürworte auch das Rössle-Areal, betonte Fliegel, „einer Bebauung an der Kastanienallee stimmen wir nicht zu.“
Noch vor der Sitzung hatten SPD, Grüne und ÖDP gemeinsam einen Antrag ausgearbeitet, wonach die Stadt entlang der Reichenbacher Straße möglichst durchgehende Grünflächen schaffen sollte, die für eine öffentliche Nutzung vorgesehen werden könnten, etwa für einen Minigolfplatz oder für eine Kneippanlage. Dem würden die Pläne von Illersenio klar zuwiderlaufen. Sabine Snehotta (ÖDP) gehörte zu den Räten, die sich das Seniorenzentrum nach wie vor gut auf der Hasenwiese vorstellen können. Denn es verursache nicht viel Verkehr.
Neben Bürgermeister Wolfgang Fendt gab es im Gremium aber auch einige Befürworter des vorgestellten Konzepts. Johannes Amann (WÜW) etwa betonte, dass der Grünstreifen durch die vorgesehene offene Bebauung keinesfalls zugepflastert werde. Modern gestaltete Seniorenwohnungen könne er sich in Altstadtnähe nicht vorstellen, zumal es auf dem Rössle-Areal, abgesehen vom Pfarrgarten, keine Grünflächen gebe, sagte er.
Fendt sah die Gefahr, dass das dringend benötigte Vorhaben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird, wenn der Stadtrat es nun ablehnen würde. Dem Rathauschef zufolge hat das Landratsamt zugesagt, das Bauprojekt an der Reichenbacher Straße ohne Bebauungsplan zu genehmigen. „Bei den anderen Standorten brauchen sie einen Bebaungsplan“, ergänzte er. Dauer der Verfahren: ungewiss.
Nach einer weiteren Diskussionsrunde meldete sich auf Wunsch von Amann noch einmal der Investor zu Wort. „Was würden Sie sagen, wenn wir uns dagegen entscheiden?“, fragte er den Illersenio-Geschäftsführer Dominik Rommel. Dieser räumte ein, sich angesichts der unterschiedlichen Meinungen sehr unwohl zu fühlen. „Wir möchten das Projekt zur Ausführung bringen und freuen uns, wenn Sie sich dafür entscheiden“, sagte er. Doch die Mehrheit der Räte entschied sich letztlich anders.