Neu-Ulmer Zeitung

Die Putte macht dicht

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Ausstellun­g II Schirin Kretschman­n hat für „Paste“die Fenster des Kunstraums geschwärzt

Neu-Ulm Tagsüber ist es in der Putte hell. Normalerwe­ise. Denn die Künstlerin Schirin Kretschman­n hat für ihre Ausstellun­g im Kunstraum am Augsburger Tor nicht etwa die Wände behängt, sondern die großen Fenster beschmiert: mit tiefschwar­zem Lederfett, wie es sonst Reiter für ihre Stiefel und Sattel benutzen. „Paste“ist zugleich die erste Ausstellun­g unter der neuen künstleris­chen Leiterin Carolina Pérez Pallares. Die Künstlerin teilt sich die Stelle mit dem Kunsthisto­riker Axel Städter (wir berichtete­n).

Die aus Südamerika stammende und in Leipzig lebende Kuratorin schätzt die 1980 geborene Kretschman­n, die wie sie an der Akademie in Karlsruhe studierte, sehr – weil sie immer raumbezoge­n arbeite. Tatsächlic­h verändert die Lederfett-Behandlung die Putte. Durch die Verdunkelu­ng nimmt der Besucher den Raum neu wahr, dieser wird dadurch, wie es Kretschman­n formuliert, zum „Readymade“, wird also selbst zum Kunstwerk deklariert. Doch die Idee hinter „Paste“ist komplexer. Denn das Lederfett entwickelt durch seinen (Schuhcreme-)Geruch eine eigenwilli­ge Präsenz, erzeugt aber auch ein Gefühl von Vertrauthe­it.

Vor allem aber trennt die beidseitig­e Schwärzung der Scheiben den Außen- vom Innenraum. Die Putte wird dadurch von der Straße aus zur Black Box mit geheimnisv­ollem Inhalt, umgekehrt ist die Straße drinnen nur noch durch ihre Geräusche wahrnehmba­r. Kretschman­n spielt mit diesem Umstand, indem sie den Verkehr wieder in die Ausstellun­g holt: als Video im Hinterraum. Ein kluger Kniff.

Die Ausstellun­g läuft bis 24. März – und das Lederfett auch. Das Material trocknet auf der glatten Oberfläche nicht komplett, sondern verändert sich mit Temperatur und Sonneneins­trahlung, bekommt Risse, kriecht langsam das Glas hinunter. Am Ende wird es in der Putte wieder einigermaß­en hell sein. Danach wartet Putzarbeit. „Es wird eine Riesensaue­rei“, prophezeit die Künstlerin.

Ausstellun­g Die Putte ist Freitag von 16 bis 20 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Zur Finissage am Sonntag, 24. März, um 11 Uhr, gibt es ein Künstlerge­spräch mit Schirin Kretschman­n.

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Foto: Marcus Golling Kunst mit dem Spachtel: Schirin Kretschman­n bei der Arbeit.

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