Tierseuche trifft den Viehhandel
Landwirtschaft Wegen der Blauzungenkrankheit ist der Kreis Neu-Ulm jetzt Sperrgebiet. Welche Folgen das für Bauern hat
Illertissen Der Landkreis Neu-Ulm und das nördliche Unterallgäu wurden in den vergangenen Wochen zum Sperrgebiet erklärt. Grund ist die Blauzungenkrankheit. Dabei ist diese Tier-Infektion nicht in der Region ausgebrochen. Nachgewiesene Fälle gab es in den vergangenen zweieinhalb Monaten in BadenWürttemberg, Hessen, RheinlandPfalz und im Saarland. Und dennoch wirft die Viruserkrankung einen großen Schatten, der über diese Bundesländer hinausreicht.
Als „hochsensibel“bezeichnet Andreas Wöhrle die Angelegenheit. Der Neu-Ulmer Kreisobmann des Bauernverbandes sagt, dass die aktuelle Situation zwar nicht existenzbedrohend für die hiesigen Landwirte sei – aber, dass der Umgang mit dem Thema alles andere als leicht falle. Die Bauern müssten sich nun mit allerlei Auflagen und Einschränkungen herumschlagen, die vor allem den Handel und Transport von Wiederkäuern erschweren. „Es gibt für Schafe, Ziegen, Rinder und Kälber bis zu einem Alter von 90 Tagen ganz unterschiedliche Auflagen und Verpflichtungen“, erklärt Kreisobmann Wöhrle. Dadurch seien die Landwirte in der Pflicht: „Sie müssen sich natürlich halten, was einen großen bürokratischer Aufwand darstellt.“
Nach dem Tierseuchenrecht werden um landwirtschaftliche Betriebe, bei denen Krankheitsfälle nachgewiesen werden, herum in einem Radius von 150 Kilometer Sperrzonen errichtet. Ende Januar hat das Veterinäramt in Neu-Ulm auch den Kreis Neu-Ulm zum Sperrgebiet erklärt. Im benachbarten Unterallgäu war zunächst nur der Westen betroffen, seit dieser Woche der gesamte Landkreis. Diese Schritte waren notwendig, da die Erkrankung Mitte Januar im Kreis WaldshutTiengen im Schwarzwald nachgewiesen worden ist. Es sollte verhindert werden, dass sich die Blauzungenkrankheit nicht verschleppt.
Auch wenn die Landwirte zahlreiche Formulare und Erklärungen auszufüllen haben: Die Situation im Landkreis ist offenbar noch relativ entspannt. „An mich wurden bisher noch keine größeren Probleme herangetragen“, sagt Andreas Wöhrle, der auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen keine Wiederkäuer hält und damit selbst nicht direkt betroffen ist.
Laut Tierarzt Philipp Winter vom Veterinäramt Neu-Ulm hat es im Landkreis bis dato noch nie einen Fall der Blauzungenkrankheit gegeben. Die Auswirkungen des Aus- bruchs in Baden-Württemberg seien aber deutlich zu spüren: „Es ist sowohl für die Landwirte als auch für uns eine unangenehme Situation, die mit großem Aufwand verbunden ist“, so Winter.
Grundsätzlich dürfen Wiederkäuer momentan nur dann in die freien Zonen – also Gebiete, die nicht von der Blauzungenkrankheit betroffen sind – transportiert oder abgegeben werden, wenn sie nachdaran
Krankheit Die Blauzungenkrankheit ist eine nicht ansteckende Viruserkrankung, die durch Stechmücken übertragen wird. Früher trat die Tierseuche vor allem in südlichen, wärmeren Ländern auf. Der erste
Fall in Deutschland wurde erst 2006 bekannt.
Auswirkungen Für Menschen ist die Viruserkrankung ungefährlich. Fleisch oder Milch können bedenkenlos verzehrt werden. Für Wiederkäuer kann eine Infektion aber verheerende Konsequenzen haben. In manchen Fällen verenden die Tiere. Die Krankheit kann aber auch symptomfrei verlaufen und zu Trächtigkeitsstörungen oder Fehlgeburten führen. (az) weislich gesund und gegen die Krankheit geimpft sind. Die Impfungen sind allerdings erst nach sechs Wochen wirksam, weshalb derzeit eine Übergangsfrist greift, deren Gültigkeit erst kürzlich verlängert wurde: Demnach reicht fürs Verbringen der Wiederkäuer bis zum 31. März eine Blutuntersuchung aus, um die Gesundheit eines Tiers nachzuweisen. Die Kosten für die Entnahme und Untersuchung der Blutkonserven müssen allerdings die Bauern selbst stemmen. Laut Winter gibt es für die Impfungen zumindest Zuschüsse von der Tierseuchenkasse.
Größeres Kopfzerbrechen bereitet die Angst vor möglichen Impfschäden: „Viele Landwirte befürchten, dass die Kühe nach der Impfung verwerfen oder ihre Milch zurückgeht. Das sind die beiden häufigsten Symptome, die der Impfung zugeschrieben werden“, erklärt Winter. Laut Wöhrle sind deswegen vor allem im Allgäu viele Bauern von den Impfungen alles andere als begeistert. Auch dort haben die Landwirte mit den zahlreichen Auflagen arg zu kämpfen: Viehmärkte in Kempten, im Oberallgäu, in Lindau, Memmingen und im Unterallgäu sind bereits ausgefallen. Christoph Busch, der bei der Allgäuer Herdebuchgesellschaft für Kälber, Vermarktung und Export zuständig ist, hatte vor einigen Wochen gegenüber unserer Redaktion gesagt: „Der Viehhandel ist gelähmt.“
Die Auflagen, die die Blauzungenkrankheit mit sich bringt, werden die Landwirte noch eine ganze Weile beschäftigen. Wie Amtstierarzt Winter erklärt, werden die eingerichteten Sperrzonen ab dem Tag des letzten Seuchenausbruchs zwei Jahre lang aufrechterhalten.
Blauzungenkrankheit