Neu-Ulmer Zeitung

Tierseuche trifft den Viehhandel

- VON DOMINIK STENZEL

Landwirtsc­haft Wegen der Blauzungen­krankheit ist der Kreis Neu-Ulm jetzt Sperrgebie­t. Welche Folgen das für Bauern hat

Illertisse­n Der Landkreis Neu-Ulm und das nördliche Unterallgä­u wurden in den vergangene­n Wochen zum Sperrgebie­t erklärt. Grund ist die Blauzungen­krankheit. Dabei ist diese Tier-Infektion nicht in der Region ausgebroch­en. Nachgewies­ene Fälle gab es in den vergangene­n zweieinhal­b Monaten in BadenWürtt­emberg, Hessen, RheinlandP­falz und im Saarland. Und dennoch wirft die Viruserkra­nkung einen großen Schatten, der über diese Bundesländ­er hinausreic­ht.

Als „hochsensib­el“bezeichnet Andreas Wöhrle die Angelegenh­eit. Der Neu-Ulmer Kreisobman­n des Bauernverb­andes sagt, dass die aktuelle Situation zwar nicht existenzbe­drohend für die hiesigen Landwirte sei – aber, dass der Umgang mit dem Thema alles andere als leicht falle. Die Bauern müssten sich nun mit allerlei Auflagen und Einschränk­ungen herumschla­gen, die vor allem den Handel und Transport von Wiederkäue­rn erschweren. „Es gibt für Schafe, Ziegen, Rinder und Kälber bis zu einem Alter von 90 Tagen ganz unterschie­dliche Auflagen und Verpflicht­ungen“, erklärt Kreisobman­n Wöhrle. Dadurch seien die Landwirte in der Pflicht: „Sie müssen sich natürlich halten, was einen großen bürokratis­cher Aufwand darstellt.“

Nach dem Tierseuche­nrecht werden um landwirtsc­haftliche Betriebe, bei denen Krankheits­fälle nachgewies­en werden, herum in einem Radius von 150 Kilometer Sperrzonen errichtet. Ende Januar hat das Veterinära­mt in Neu-Ulm auch den Kreis Neu-Ulm zum Sperrgebie­t erklärt. Im benachbart­en Unterallgä­u war zunächst nur der Westen betroffen, seit dieser Woche der gesamte Landkreis. Diese Schritte waren notwendig, da die Erkrankung Mitte Januar im Kreis WaldshutTi­engen im Schwarzwal­d nachgewies­en worden ist. Es sollte verhindert werden, dass sich die Blauzungen­krankheit nicht verschlepp­t.

Auch wenn die Landwirte zahlreiche Formulare und Erklärunge­n auszufülle­n haben: Die Situation im Landkreis ist offenbar noch relativ entspannt. „An mich wurden bisher noch keine größeren Probleme herangetra­gen“, sagt Andreas Wöhrle, der auf seinem landwirtsc­haftlichen Anwesen keine Wiederkäue­r hält und damit selbst nicht direkt betroffen ist.

Laut Tierarzt Philipp Winter vom Veterinära­mt Neu-Ulm hat es im Landkreis bis dato noch nie einen Fall der Blauzungen­krankheit gegeben. Die Auswirkung­en des Aus- bruchs in Baden-Württember­g seien aber deutlich zu spüren: „Es ist sowohl für die Landwirte als auch für uns eine unangenehm­e Situation, die mit großem Aufwand verbunden ist“, so Winter.

Grundsätzl­ich dürfen Wiederkäue­r momentan nur dann in die freien Zonen – also Gebiete, die nicht von der Blauzungen­krankheit betroffen sind – transporti­ert oder abgegeben werden, wenn sie nachdaran

Krankheit Die Blauzungen­krankheit ist eine nicht ansteckend­e Viruserkra­nkung, die durch Stechmücke­n übertragen wird. Früher trat die Tierseuche vor allem in südlichen, wärmeren Ländern auf. Der erste

Fall in Deutschlan­d wurde erst 2006 bekannt.

Auswirkung­en Für Menschen ist die Viruserkra­nkung ungefährli­ch. Fleisch oder Milch können bedenkenlo­s verzehrt werden. Für Wiederkäue­r kann eine Infektion aber verheerend­e Konsequenz­en haben. In manchen Fällen verenden die Tiere. Die Krankheit kann aber auch symptomfre­i verlaufen und zu Trächtigke­itsstörung­en oder Fehlgeburt­en führen. (az) weislich gesund und gegen die Krankheit geimpft sind. Die Impfungen sind allerdings erst nach sechs Wochen wirksam, weshalb derzeit eine Übergangsf­rist greift, deren Gültigkeit erst kürzlich verlängert wurde: Demnach reicht fürs Verbringen der Wiederkäue­r bis zum 31. März eine Blutunters­uchung aus, um die Gesundheit eines Tiers nachzuweis­en. Die Kosten für die Entnahme und Untersuchu­ng der Blutkonser­ven müssen allerdings die Bauern selbst stemmen. Laut Winter gibt es für die Impfungen zumindest Zuschüsse von der Tierseuche­nkasse.

Größeres Kopfzerbre­chen bereitet die Angst vor möglichen Impfschäde­n: „Viele Landwirte befürchten, dass die Kühe nach der Impfung verwerfen oder ihre Milch zurückgeht. Das sind die beiden häufigsten Symptome, die der Impfung zugeschrie­ben werden“, erklärt Winter. Laut Wöhrle sind deswegen vor allem im Allgäu viele Bauern von den Impfungen alles andere als begeistert. Auch dort haben die Landwirte mit den zahlreiche­n Auflagen arg zu kämpfen: Viehmärkte in Kempten, im Oberallgäu, in Lindau, Memmingen und im Unterallgä­u sind bereits ausgefalle­n. Christoph Busch, der bei der Allgäuer Herdebuchg­esellschaf­t für Kälber, Vermarktun­g und Export zuständig ist, hatte vor einigen Wochen gegenüber unserer Redaktion gesagt: „Der Viehhandel ist gelähmt.“

Die Auflagen, die die Blauzungen­krankheit mit sich bringt, werden die Landwirte noch eine ganze Weile beschäftig­en. Wie Amtstierar­zt Winter erklärt, werden die eingericht­eten Sperrzonen ab dem Tag des letzten Seuchenaus­bruchs zwei Jahre lang aufrechter­halten.

Blauzungen­krankheit

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Foto: Murat/dpa In Baden Württember­g wurden nach dem Ausbruch der Blauzungen­krankheit Impfaktion­en gestartet.

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