Neu-Ulmer Zeitung

Polizeisch­üler erschießt Kameraden

- VON MANFRED SCHWEIDLER

Unglück Schock in einer Kaserne in Würzburg: Beim Hantieren mit der Dienstpist­ole löst sich ein Schuss. Er tötet einen jungen Beamten. Erst vor einer Woche gab es dort einen ähnlichen Vorfall

Würzburg Drama bei der Würzburger Bereitscha­ftspolizei: Zwei junge Polizeisch­üler machten sich am Donnerstag­abend in der MainauKase­rne fertig, um Wache zu schieben. Dann fiel im Zimmer der beiden ein Schuss. Die Kugel aus der Dienstpist­ole des einen Auszubilde­nden verletzte den anderen tödlich am Kopf. Der Verunglück­te war nach Polizei-Angaben 20 Jahre alt, sein Azubi-Kollege ist 19. In der Unterkunft, in der sich das Unglück abspielte, sind insgesamt etwa 700 Polizisten untergebra­cht, darunter rund 400 Auszubilde­nde.

Nachdem die Angehörige­n verständig­t worden waren, bestätigte­n am Freitagmor­gen Polizeiprä­sidium und Staatsanwa­ltschaft den Vorfall. Das Präsidium der Bereitscha­ftspolizei in Bamberg äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht. Zu dieser Behörde gehört die III. Bereitscha­ftspolizei­abteilung in Würzburg. In einem der Unterkunft­sgebäude soll es „durch einen Beamten zu einer unbeabsich­tigten Schussabga­be gekommen“sein, „die seinen Kollegen erfasste“, heißt es in der

Die Polizei wird gerade mit neuen Pistolen ausgerüste­t

Erklärung von Polizeispr­echer Michael Zimmer und Boris Raufeisen, dem Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Würzburg. Um 21.32 Uhr ging bei der Einsatzzen­trale des Polizeiprä­sidiums Unterfrank­en der Notruf aus der Bereitscha­ftspolizei­abteilung ein.

Nach ersten Erkenntnis­sen befanden sich zwei Auszubilde­nde kurz vor ihrem Wachantrit­t zu zweit in einem Zimmer. Da hörte ein weiterer Beamter einen Schuss. Er schaute nach. Er fand im Zimmer einen seiner beiden Kollegen lebensgefä­hrlich verletzt, den anderen im Schockzust­and vor. Unklar ist bisher, ob der Schuss direkt traf oder ob es ein Querschläg­er war. „Durch den sofort verständig­ten Rettungsdi­enst samt Notarzt wurden Erste-Hilfe-Maßnahmen eingeleite­t“, heißt es in der Presseerkl­ärung. „Der ältere der beiden Auszubilde­nden wurde in eine Klinik eingeliefe­rt, wo er kurz darauf verstarb.“

Dies ist schon der zweite Vorfall dieser Art binnen kurzer Zeit. Bereits vor einer Woche hatte sich, ebenfalls in dieser Kaserne, unbeab- sichtigt ein Schuss aus der Pistole eines Beamten gelöst. Der Polizist war wohl davon ausgegange­n, seine Waffe sei ungeladen. Das Projektil beschädigt­e eine Bürofenste­rscheibe im zweiten Obergescho­ss. Menschen kamen nicht zu Schaden.

Der Vorfall fällt in eine Zeit, in der die bayerische Polizei gerade neue Pistolen bekommt. Sie rüstet bis Ende 2019 auf das neue Modell SFP9 von Heckler & Koch um. Bei der Bereitscha­ftspolizei in Würzburg hat sie nach Informatio­nen unserer Redaktion schon die seit 1979 eingesetzt­e P7 von Heckler & Koch ersetzt.

In die neue Waffe passen statt bisher acht nun 15 Patronen vom Kaliber 9 Millimeter. Neu ist aber vor allem das Handling. Es gibt nicht mehr die sogenannte Handballen­sicherung oder einen Sicherungs­hebel. Stattdesse­n soll der Abzugshebe­l mit einem stärkeren Widerstand eine versehentl­iche Schussabga­be vermeiden. Die Griffe lassen sich kleinen beziehungs­weise

Händen anpassen.

Die ersten Maßnahmen vor Ort übernahmen am Donnerstag­abend Beamte der Kripo Würzburg. Die Ermittlung­en zu den genauen Umständen führt, wie in solchen Fällen üblich, das Bayerische Landeskrim­inalamt in enger Abstimmung mit der Staatsanwa­ltschaft Würzburg. Es besteht der Anfangsver­dacht der fahrlässig­en Tötung.

Wie es zu dem tragischen Vorfall kommen konnte, war zunächst unklar. Polizeispr­echer Zimmer sagte: „Das ist einer der zentralen Punkte der Ermittlung­en: Was sind die genauen Umstände, die dazu geführt haben, dass es zu dieser nach jetzigem Stand unbeabsich­tigten Schussabga­be gekommen ist?“

Eine Diskussion um Eingewöhnu­ngsproblem­e mit der neuen Dienstpist­ole – wie einst bei dem Vorgängerm­odell – käme Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) sicher ungelegen. Er beeilte sich am großen Freitagmor­gen zu versichern, der Tod des Polizeisch­ülers gehe vermutlich auf eine falsch entladene Dienstwaff­e zurück.

Die genaue Ursache des tödlichen Vorfalls sei zwar noch nicht aufgeklärt, aber vermutlich habe ein Polizeisch­üler beim Entladen eine Kugel im Lauf der Waffe vergessen und nur das Magazin entnommen, sagte er am Freitag bei der Begrüßung neuer Polizisten in München. „Das war wahrschein­lich die Ursache.“An die jungen Polizisten appelliert­e Herrmann: „Nehmen Sie alles, was Sie in Ihrer Ausbildung zum Entladen Ihrer Waffe gelernt haben, sehr, sehr ernst.“

„Natürlich sind die anderen Kollegen erheblich betroffen von dem Vorfall“, sagte Polizeispr­echer Zimmer. Seitens der Bereitscha­ftspolizei und des Polizeiprä­sidiums Unterfrank­en wurde eine psychologi­sche Betreuung für die Kollegen des Ausbildung­sstandorte­s sowie für die Angehörige­n organisier­t.

 ?? Foto: Nicolas Armer, dpa ?? In der Mainau-Kaserne in Würzburg ist eine Abteilung der bayerische­n Bereitscha­ftspolizei untergebra­cht. Dort ereignete sich das Unglück am Donnerstag­abend.
Foto: Nicolas Armer, dpa In der Mainau-Kaserne in Würzburg ist eine Abteilung der bayerische­n Bereitscha­ftspolizei untergebra­cht. Dort ereignete sich das Unglück am Donnerstag­abend.

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