Die zwei Damen vom Zaun
Kabarett Ruhestand kann lustig sein: Heide Schmid und Margret Birzele-Joos treten als schwäbisch-freches Duo „Zwei wie wir“auf. Über ein Thema machen sie aber lieber keine Witze
Ulm An den 18. Oktober 2011 erinnern sich Heide Schmidt und Margret Joos-Birzele genau. Das war der Tag jener Zeitungsanzeige, in der Mitspieler für ein zu gründendes Rentner-Kabarett gesucht wurden. Heide Schmidt, als Lehrerin gerade in Pension gegangen, biss an, ebenso wie die frühere Neu-Ulmer Gastwirtin Margret Birzele-Joos, die einige Jahre älter ist als Schmidt. Die beiden Frauen wurden Freundinnen – und setzten sich vor gut vier Jahren vom damals gegründeten Senioren-Kabarett ab, um ihr eigenes Ding zu machen: Als „Zwei wie wir“treten sie in grünen Schürzen und mit blumengeschmückten Strohhüten auf, ratschend am Gartenzaun
Bei Brunhilde ist der Schnabel oft schneller als der Kopf
über Gott und die Welt. Beim Publikum kommt der frechschwäbische Humor von Brunhilde (Heide Schmidt) und Friedlinde (Margret Birzele-Joos) bestens an.
„Ich bin die Beschränkte“, erzählt Birzele-Joos – und dass sie Spaß daran hat, die Einfalt zu spielen, mit der Friedlinde an die Dinge herangeht. 26 Jahre lang führte sie in der Silcherstraße in Neu-Ulm gemeinsam mit ihrem Mann eine Gaststätte. „Da muss man kommunikativ sein“, berichtet sie. Zudem hilft die Verkleidung, die eigene Persönlichkeit von der Rolle zu trennen. „Aber eigentlich bist du kommunikativer als ich und traust dich mehr“, spielt sie ihrer Freundin Schmidt den Ball zu. Bei deren Figur Brunhilde nämlich ist der Schnabel tatsächlich oft schneller als der Kopf, und sie sagt zur Nachbarin so manches sehr direkt, was Nachbarn im realen Leben besser nicht zueinander sagen sollten, wenn sie weiter miteinander auskommen wollen. Der Zaun, an dem diskutiert wird, steht fiktiv in einem Ulmer Vorort wie Böfingen, wo Birzele-Joos wohnt. Denn „zu den besseren Leuten“wollen Brunhilde und Friedlinde schon gehören.
Wenn Heide Schmidt in die Rolle der bodenständigen Brunhilde schlüpft, weiß sie alles – zumindest alles besser als ihre Freundin Friedlinde, die in einem Sketch über die Latten hinweg so gern danach fra- würde, ob und wie die Nachbarin das Sexualleben ihrer langen Ehe anregt, aber eigentlich zu „g’schamig“ist. Freilich geht die Frage, wie es im Schlafzimmer ist, ziemlich in die Hosen: „I schlof guat“, antwortet Brunhilde. Zumindest, seit man das Schlafzimmer nach den Regeln von Feng Shui umgestaltete. Aber da ist ja noch der lilafarbene Spitzen-BH, den der Paketbote brachte, und da ist Friedlindes transparenter Negligé-Traum in Schwarz. Wenn man sich nur nicht so aufwendig und kompliziert drapieren müsste, um die Spuren des Alters nicht zu sehr durch den Hauch von Stoff scheinen zu lassen!
Das Älterwerden spielt eine Rolle in den Sketchen der beiden Frauen am Gartenzaun – mit schwäbischem Mundwerk auf die Schippe genommen und aus dem Leben gegriffen. Der eigene Ehemann im Auto und die nicht immer harmonischen Szenen einer Fahrt gehören zum Repertoire, in das auch kurze, selbst geschriebene Songs eingestreut werden: der 48. Hochzeitstag, der Einkauf bei Ikea, bei dem Frau den Mann am liebsten im Bälle-Bad abgäbe, Friedlindes Besuch im Beauty-Studio und die Frage, warum Lebensmittel mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert werden, Hundenahrung aber mit sieben.
Da sind Brunhilde und Friedlinde aber schon fast bei der Politik, die sie – bis auf einen Sketch um die Sprache von Politikern – lieber augen ßen vor lassen, weil man da tagesaktuell auf Ereignisse reagieren und gleichzeitig vorsichtiger sein müsste als es das Mundwerk von Brunhilde und Friedlinde ist, berichtet Heide Schmidt. Brunhilde zieht nämlich schon recht gern auf gut schwäbisch über ihre Mitmenschen her, über „Lebensmittelhypochonder“, die „gar keine Laktose brauchen, um intolerant zu sein“. Denn genießen, das können Brunhilde und Friedlinde schon, notfalls die gefüllten Wachtelbrüstchen an Sherry-Soße, die Friedlinde ihrem Ehemann zum 48. Hochzeitstag serviert.
Termin Am Freitag, 29. März, um 20 Uhr treten Heide Schmidt und Margret Birzele-Joos in der Theaterwerkstatt auf.