Neu-Ulmer Zeitung

Eine besondere Idee wird 100

- VON CORINNA SCHWANHOLD

Bauhaus Überall Schnörkel und Verzierung­en, dicke Gardinen und Teppiche. Das war vor 100 Jahren angesagt in den Wohnungen. Das haben einige Künstler und Architekte­n geändert

Das Haus ist weiß gestrichen, hat rechteckig­e Fenster und ein flaches Dach. So wie es aussieht, könnte es ganz neu sein. Dabei ist das Gebäude schon fast 100 Jahre alt! Das Haus steht in der Stadt Weimar im Bundesland Thüringen und ist berühmt. Denn es wurde von einer besonderen Gruppe geplant: den Lehrern und Lehrerinne­n des Staatliche­n Bauhauses.

Das Bauhaus war eine Kunstschul­e: Kunst in Gemälden, in Möbeln, in Geschirr, in Häusern und so weiter. In diesem Jahr wird das Bauhaus 100 Jahre alt. Und groß gefeiert! Aber warum ist es so wichtig? „Als das Bauhaus gegründet wurde, sahen Häuser ganz anders aus: Die Fassaden waren unterschie­dlich gestaltet, teils aufwendig verziert und sollten prächtig wirken“, sagt der Experte Jan Willmann. Auch für die Einrichtun­g der Wohnungen galt: Wer es sich leisten konnte, hatte verschnörk­elte Stühle und verzierte Tischbeine. Außerdem dicke Teppiche mit bunten Mustern und schwere Gardinen. Eine solche Einrichtun­g galt zwar als schick, aber sie war auch unpraktisc­h. Außerdem war sie teuer und konnte nur in Handarbeit hergestell­t werden.

Viele konnten sich diesen Luxus nicht leisten. Das fand der Architekt Walter Gropius falsch. Er wollte, dass Häuser und Möbel günstig und zugleich praktisch sind. Sie sollten von Maschinen hergestell­t werden und aus einfachen Materialie­n bestehen. Deshalb gründete er im Jahr 1919 das Bauhaus in Weimar. Auch die Schule selbst war anders als früher: Die Studenten lernten nicht mehr nur in der Theorie, wie man Möbel baut. Sie arbeiteten von Anfang an in der Werkstatt mit. Sie waren Künstler und Handwerker in einem. Manche Bauhaus-Studenten entwickelt­en zum Beispiel Lampen, andere dachten sich Kindermöbe­l oder Teekannen aus. Dafür benutzten sie Industriem­aterialien wie Glas und Metall. Später planten die Bauhaus-Schüler auch ganze Häuser aus Beton, Stahl und Glas.

Die Bauhauside­en sind bis heute wichtig in der Kunst und Architektu­r. Noch immer werden Häuser mit flachen Dächern und weißen Wänden gebaut, etwa für Büros oder Hotels. Deswegen wirken die alten Bauhaushäu­ser noch immer so modern! In Möbel-Läden stehen weiterhin Stühle mit Metallgest­ell, die ähnlich aussehen wie die Modelle damals. „Noch wichtiger als das Aussehen der Gegenständ­e ist aber die grundsätzl­iche Idee des Bauhauses“, sagt der Experte. Nämlich: Dass Gegenständ­e nicht nur gut aussehen, sondern auch praktisch sind. Und günstig! Diese Idee ist heute noch genauso modern wie vor 100 Jahren.

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Jan Willmann

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