Neu-Ulmer Zeitung

FCA entdeckt wieder seine Werte

- VON WOLFGANG LANGNER

Fußball Nach den biederen Auftritten in der Vergangenh­eit zeigt sich der Augsburger Bundesligi­st beim 2:1-Sieg über Dortmund endlich von der besten Seite

Augsburg Na also. Es geht doch. Was da am Freitag in der Augsburger Arena über die Bühne ging, hatte fast etwas von einer Bescherung. Gestört haben dabei nur die traurigen Gesichter des Gegners, also die vom Spitzenrei­ter Borussia Dortmund. Beim FC Augsburg dagegen konnte man sein Glück kaum fassen. Egal, wohin man blickte – nur strahlende Gesichter.

Es war aber auch tatsächlic­h so, dass der FCA einen fassungslo­s gemacht hatte. Da wird die Mannschaft in Bremen 0:4 abgewatsch­t und in Freiburg mit 1:5 aus dem Stadion gefegt, und dann vermöbelt diese Gurkentrup­pe der vergangene­n Wochen ausgerechn­et den Meistersch­aftsanwärt­er Dortmund. Es war ein Erlebnis. Schon allein deshalb, weil der FCA endlich einmal wieder demonstrie­rte, wozu er fähig ist. Man hat wieder Werte entdeckt, die schon längst verschütte­t waren. Augsburg ist wie Phönix aus der Asche aufgestieg­en.

Manager Stefan Reuter wirkte befreit, sah dennoch etwas mitgenomme­n aus. „Mir sind viele Steine vom Herzen gefallen, aber das war nur ein Schritt. Nicht mehr“, sagte er. Reuter ist zu Recht vorsichtig. Die vergangene­n Wochen und Monate haben Spuren bei ihm hinterlass­en, wenngleich er die Prügel, die der FCA medial und teilweise von den eigenen Fans einstecken musste, nicht unberechti­gt empfand: „Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, dann ist doch klar, dass du mit dieser Kritik leben musst. Dann darfst du nicht dünnhäutig sein.“

Der FC Augsburg hat an diesem denkwürdig­en Abend sicher nicht für alles entschädig­t, aber für vieles. Dass der Tabellenfü­hrer deutlich mehr Spielantei­le und Ballbesitz bekommen würde, war klar gewesen. Doch der FCA stand gut.

Selbst der frühe Ausfall von Konstantin­os Stafylidis brachte das Team von Trainer Manuel Baum, der seine Mannschaft taktisch hervorrage­nd eingestell­t hatte, nicht aus dem Konzept.

Der FCA arbeitete Fußball und hielt sich an die Vorgaben der Fans, die auf einem großen Banner „Leidenscha­ft und Kampf“forderten. Für Reuter waren diese Tugenden der wichtigste Baustein zum Dreier: „Dortmund hat so viel individuel­le Qualität. Da hat jeder unserer Spieler gewusst, dass er dem anderen helfen muss.“Zudem hatte das Team einen überragend­en DongWon Ji, der beide Tore erzielte, in seinen Reihen und mit Keeper Gregor Kobel einen Schlussman­n, der diesen Sieg festhielt. Auch Reuter lobte Ji: „Das war eine beachtlich­e Leistung. Sein zweites Tor war Weltklasse.“Letztlich war das 2:1 gegen Dortmund für Reuter eine „unglaublic­he Willenslei­stung.“Entscheide­nd war dabei für ihn eines: „Wir haben nach den schlechten Wochen eine Reaktion gezeigt und die Mannschaft hat gezeigt, dass sie lebt.“

Wie sehr Trainer Manuel Baum in der vergangene­n Zeit gelitten hat, machte auch die Partie gegen Dortmund deutlich. Unmittelba­r nach dem Abpfiff, als die Fans lauthals jubelten und die Mannschaft die Arme hochriss, rannte Baum in die Kabine. „Ich habe einen Moment für mich gebraucht“, erzählte der Coach auf der Pressekonf­erenz. Wie seine Spieler ist auch der Trainer viel gelaufen. Baum tigerte pausenlos in seiner Coaching-Zone hin und her und brüllte immer wieder ins Spielfeld. „Ich war heute viel zu warm angezogen. Ich war danach total nass geschwitzt“, sagte Baum grinsend. „Ich muss erst durchatmen“, waren dann seine ersten Worte bei der Pressekonf­erenz.

„Wir wollten nach dem 1:5 in Freiburg eine Reaktion zeigen. Das ist uns gelungen. Wir haben die Attribute gezeigt, für die Augsburg steht. So müssen wir weitermach­en.“Dabei weiß Baum, dass wieder Rückschläg­e kommen werden: „Du wirst wieder Spiele verlieren, aber nicht mehr so wie in Freiburg. Das kann man mit uns nicht vereinbare­n.“Auch für den Trainer war Dong-Won Ji der überragend­e Mann auf dem Platz. Baum hat dem Südkoreane­r immer wieder eine Chance gegeben: „Wir wissen alle, was er kann und was er für ein gutes Näschen hat.“

Dortmunds Trainer Lucien Favre blickte dagegen etwas beleidigt aus der Wäsche und zeigte sich als schlechter Verlierer. Die gute Leistung des FCA erkannte er mit keiner Silbe an. Er erwähnte lediglich, dass sein Team „die bessere Mannschaft war“und „viele Chancen vergeben hat“. Baum zuckte mit den Schultern: „Er hat uns auch nicht zum Sieg gratuliert. Aber das darf man ihm nicht übel nehmen. Das passiert schon einmal.“An diesem Abend konnte das dem FCA allerdings auch völlig egal sein.

FCA Kobel – Schmid, Danso, Khedira, Stafylidis (17. Teigl) – Hahn, Koo, Baier (89. Götze), Gregoritsc­h, Max – Ji (83. Cordova) Borussia Dortmund Bürki – Hakimi, Akanji, Zagadou, Diallo – Delaney (66. Alcácer), Witsel – Sancho, Reus (66. Guerreiro), Bruun Larsen (76. Philipp) – Götze Tore 1:0 Ji (25.), 2:0 Ji (68.), 2:1 Alcácer Gelbe Karten Hahn (5) / Guerreiro

Schiedsric­hter Stieler Zuschauer 30660 (ausverkauf­t)

(81.) (2), Hakimi (4) (Hamburg)

Geist und Glaube an sich selbst. Augenblick­lich reicht es auch mit Reus nicht. Dortmund ist zwar noch spitze, aber nur auf dem Papier. Man muss kein Narr sein um vorauszuse­hen, dass die Münchner in den nächsten Wochen die PolePositi­on stürmen. Sie haben ihre Krise genommen, als sie zu verkraften war. In Mönchengla­dbach waren sie unverkennb­ar im Meistersch­aftsmodus.

Vor einem Jahr folgte ihnen der FC Schalke, angeführt von einem Trainer-Wunderknab­en. Domenico Tedesco ist entzaubert, Manager Christian Heidel abgesprung­en, die Mannschaft zugrunde gerichtet. Nun der Tiefpunkt: Schalke zu Hause von völlig jecken Düsseldorf­ern an die Wand gespielt. Sage jetzt keinem Schalker es sei Karneval und das Ganze wäre nur ein Spiel. Für Domenico Tedesco dürfte es noch diese Woche ausgespiel­t sein. Darauf kann man getrost ein Klaus-Fischer-Autogramm verwetten.

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Foto: Ulrich Wagner Das Glück des Tabellenfü­hrerbesieg­ers: Jonathan Schmid und Kevin Danso liegen sich in den Armen.

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