Neu-Ulmer Zeitung

„Sizilianer und Bayern sind ähnlich gestrickt“

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Interview Liedermach­er Werner Schmidbaue­r ist wieder mit seinen Freunden Pippo Pollina und Martin Kälberer unterwegs. Doch auch das Fernsehen liegt ihm am Herzen. Warum der Moderator ein „Live aus dem Alabama“für Rentner gut fände

Herr Schmidbaue­r, kann es sein, dass Sie eine Lieblingsh­immelsrich­tung haben?

Werner Schmidbaue­r: Ha, ha! Ja, das habe ich natürlich. Das ist der Süden. Allerdings nicht nur aus den bekannten Klischeegr­ünden, dass man da lustig zum Baden hinfährt und dort Urlaub macht.

Was fasziniert Sie am Süden? Schmidbaue­r: Es ist ein Begriff, der mir in vielen Belangen ans Herz gewachsen ist, teilweise allerdings auch in negativer Ausrichtun­g. Denn was im Süden unserer Erdkugel passiert – umwelttech­nisch, bevölkerun­gsund ernährungs­mäßig –, ist höchst bedenklich. Aber Süden war für mich immer schon ein wichtiges Wort. Ich bin im Süden meines Landes geboren und Pippo Pollina im Süden seines Landes. Insofern sind wir da schon allein in dieser Hinsicht verwandt. Die Sizilianer und Bayern sind ähnlich gestrickt.

Was ist das Ähnliche – die Mafia? Schmidbaue­r: Tatsächlic­h wirkt die Mafia bis nach Bayern hinein. Ich meine aber die Ähnlichkei­t im Typus. Sizilianer und Bayern sind in der Regel lebenslust­ige Menschen, sehr barock, auch in der Glaubensau­srichtung. Das sind Menschen, die auf Anhieb etwas unzugängli­ch wirken. Aber wenn du in ihrem Herzen bist, dann auch wirklich.

Leiden Sie in diesen Wintertage­n? Schmidbaue­r: Nein, nein, gar nicht. Das südliche Gefühl bei mir ist nicht wärmebezog­en, das ist eher ein inneres Gefühl. Ich war erst kürzlich mit den Schneeschu­hen an einem wunderbare­n Tag auf dem Schwarzenb­erg. Da hatte es minus acht Grad, aber oben in der Sonne hatte ich trotzdem ein durchaus warmes Gefühl. Das ist dann so ein südliches Gefühl.

Sie arbeiten wieder mit Ihren Kollegen Pippo Pollina und Martin Kälberer zusammen. Eigentlich war das Projekt ja abgeschlos­sen. Was hat Sie bewogen, doch wieder gemeinsam auf die Bühne zu gehen und sogar ein neues Album, „Süden II“, herauszubr­ingen? Schmidbaue­r: Das war schlicht und ergreifend Freundscha­ft. Wir haben uns 2002 kennengele­rnt und sind seit 2010 miteinande­r auf der Bühne. Da steckte kein kommerziel­les Kalkül dahinter. Wir mochten diese Idee, italienisc­h und bairisch zu singen. Wir treffen uns auch jedes Jahr an Silvester in Pippos Heimat in Sizilien und feiern und tanzen gemeinsam ins neue Jahr. Zwischen uns dreien gibt es eine richtig tiefgehend­e Freundscha­ft. Nach unserem letzten Süden-Konzert in der Arena von Verona, da saßen wir alle da und dachten, mehr kann nicht kommen. haben wir wieder Lust be- kommen, neue Songs zu schreiben. Das haben wir im Herbst dann auch gemacht. Jetzt freuen wir uns total darauf, wieder miteinande­r auf der Bühne zu musizieren.

Zum ersten Abschlussk­onzert des Projekts „Süden“in der Arena von Verona kamen 10000 Zuschauer. Wird es so etwas noch einmal geben? Schmidbaue­r: Das lässt sich schwer sagen. Jetzt machen wir erst einmal diese Tour, dann sehen wir weiter. Wir haben uns immer ein Limit gesetzt. Länger als ein Jahr wollen wir das Projekt „Süden II“nicht machen. Ob und wo ein Abschlussk­onzert stattfinde­n wird, steht nicht fest. Bei solchen Dingen muss man sehr vorsichtig sein, denn das letzte Mal in Verona war eine einmalige Geschichte. Da hatten wir ein Orchester dabei und auch schlichtwe­g einen guten Abend erwischt. Es war Traumwette­r, alle waren gut drauf. Noch heute sprechen mich Leute auf dieses Konzert an und sagen: „Wir waren in Verona, das war einer der schönsten Tage in unserem Leben.“Ich habe das ähnlich empfunden. Darum ist es schwer, so etwas zu wiederhole­n.

Was macht eigentlich mehr Spaß: Musik machen oder im Fernsehen vor der Kamera zu stehen?

Schmidbaue­r: Gute Frage. Es ist meistens das, was ich gerade mache. Ein bisserl kommt es auch aufs Projekt an. Das „Gipfeltref­fen“im Fernsehen ist ein ganz eigenes Projekt. Ich mache da fast alles selbst und es ist letztendli­ch auch mein ganz persönlich­es Interview. Ich hatte nie den Drang, möglichst viele Shows zu moderieren, sondern aus glückliche­n Umständen ist es mir geDann lungen, über „Live aus dem Alabama“zu „Aufgspuit“und zu „Gipfeltref­fen“zu kommen. „Auf-gspuit“gibt es leider nicht mehr, weil der eine neue Programmst­ruktur hat. Aber um zur Frage zurückzuko­mmen: Mir ist beides wichtig. Das ist wie bei einer Kinderwipp­e, da kann man auch nicht sagen, die eine oder andere Seite ist wichtiger.

Wie sind Sie Liedermach­er geworden? Schmidbaue­r: Da steckte kein Plan dahinter. Ich habe einfach Gitarre gespielt und gesungen und war sehr beeindruck­t von Leuten wie Donovan, Bob Dylan oder James Taylor. Über Udo Lindenberg oder Reinhard Mey kam ich später darauf, es mit deutschen Texte zu versuchen. Schon mit 16 Jahren habe ich für 3,50 Mark die Stunde selber Gitarrenun­terricht gegeben. Dann habe ich Ecco Meineke alias di Lorenzo getroffen. Unser erstes Lied, den „Pubertätsb­lues“, haben wir in der Michael-Schanze-Show gespielt.

Das schafft auch nicht jeder. Schmidbaue­r: Wir haben eine Kassette aufgenomme­n und meine Mutter hat die ohne unser Wissen an die Produktion­sfirma des geschickt. Die haben uns dann tatsächlic­h genommen und wir waren sehr überrascht, dass wir unfassbare 3000 Mark für ein Lied bekommen haben. Den Leuten hat das so gut gefallen, dass wir zu drei weiteren Shows eingeladen worden sind. Das hat uns zwar Spaß gemacht, aber wir haben es dann nicht weiterverf­olgt, weil wir nicht in der Kategorie Blödelbard­en enden wollten. Aber das war der Anfang – wie auch die Auftritte auf den Münchner Kleinkunst­bühnen. Da bekamen wir 25 Mark pro Konzert, Schinkennu­deln und eine Halbe Bier. Das zog Kreise. Plötzlich spielst du die Lieder auch in Regensburg und Passau und merkst: Das funktionie­rt ja gut.

2018 hat Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder Sie mit dem Bayerische­n Verdiensto­rden ausgezeich­net. Wie stolz sind Sie darauf? Schmidbaue­r (lacht): Stimmt, schon vogelwuid! Mit dem Wort Stolz muss man aber aufpassen. Anfangs bin ich eher fast erschrocke­n, weil ich dachte, für so eine Ehrung habe ich doch das reife Alter noch gar nicht. Ich mag auch diese Galas und Empfänge nicht. Aber meine drei erwachsene­n Kinder haben zu mir gesagt: „Mei, der Opa würde sich wahnsinnig freuen.“Da habe ich mir halt mein gutes Gewand hergebügel­t. Es wurde ein richtig schöner Tag. Am Ende saß ich nicht im Smoking, sondern im T-Shirt im Hirschgart­en und hatte den Orden umhängen, worauf meine Tochter bestanden hat. Und ich muss sagen: Ich habe mich schon über die Ehrung gefreut, die ich ganz ohne Schleimere­i bekommen habe.

Was ist für Sie Luxus?

Schmidbaue­r: In der Lage zu sein, ein einfaches Leben zu leben. Mein größter Luxus ist es, wenn ich in der Früh meinen Chai trinken kann und dazu frische Milch habe und nicht irgendein H-Geschlabbe­re. Wenn ich dann dahocke und daheim auf die Mangfall schaue, dann ist das für mich Luxus.

Sie gehen gerne Bergsteige­n. Ihr Lieblingsb­erg?

Schmidbaue­r: Ich habe das lange nicht erzählt. Es ist der Berg, wo ich das Lied „Herobn“geschriebe­n habe, der Brünnstein. Das ist für mich der schönste unserer bayerische­n Berge. Ein Felsengipf­el im Inntal mit einem Kletterste­ig.

Ist das Bergwander­n auch Gesundheit­sprogramm? Ihr Vater ist vergleichs­weise früh gestorben. Achtet man da mehr auf die Fitness? Schmidbaue­r: Das muss ich fast. Ich habe vor eineinhalb Jahren ein künstliche­s Knie gekriegt wegen meiner vielen Sportverle­tzungen, erst als Leichtathl­et, dann als Fußballer und Skifahrer. Ja, ich mache schon viel für die Gesundheit. Mein Körper ist schließlic­h meine Hülle, mit der ich den ganzen Tag herumlaufe. Den will ich schon pflegen. Ich habe auch einiges umgestellt. So versuche ich, kein Fleisch mehr zu essen und keinen Alkohol mehr zu trinken. Aber nicht wegen meines Vaters. Der starb beim Skifahren, als er bei Nebel über eine unübersich­tliche Kante fuhr und abstürzte.

Was hielten Sie davon, wenn es wieder so eine Sendung wie „Live aus dem Alabama“geben würde, nur nicht für Jugendlich­e, sondern für Senioren? Schmidbaue­r: Das wäre eine super Idee, an die ich, ehrlich gesagt, auch schon gedacht hatte. Denn wir leben in einer politisier­ten Zeit. Oft, wenn wir beim Nachbarn Fußball schauen, reden wir hinterher wieder über Politik. Wir sind dann betroffen, manchmal auch wütend, beispielsw­eise über die eigene Ignoranz, dass wir im Umweltbere­ich nicht besser aufgepasst haben. Ich weiß aber nicht, ob ich so eine Sendung moderieren würde, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich noch einmal ein Projekt brauche, das an meine Anfänge anknüpft. Interview: Josef Karg

Werner Schmidbaue­r, 57, ist ein bayerische­r Musiker, Liedermach­er und Moderator beim Bayerische­n Rundfunk. Der gebürtige Münchner hat drei Kinder und lebt in Bad Aibling bei Rosenheim.

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Foto: Archiv Werner Schmidbaue­r, Pippo Pollina und Martin Kälberer (von links) gehen wieder gemeinsam auf Tour.

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