Neu-Ulmer Zeitung

Ein Berufsbürg­ermeister für Holzheim?

- VON WILLI BAUR

Politik Derzeit beschäftig­t Holzheim eine ehrenamtli­che Rathausche­fin. Die Amtsinhabe­rin und ihr Stellvertr­eter sind jedoch der Ansicht, dass die Arbeit so nicht mehr zu stemmen ist

Holzheim Unabhängig von der Größe einer Kommune stellen sich vor Bürgermeis­terwahlen gemeinhin nur drei Fragen: Wer soll es, wer möchte es und wer könnte es machen? Für Holzheim kommt vor den nächsten Kommunalwa­hlen im März 2020 noch eine weitere hinzu: Soll die Person für die wichtigste Position im Rathaus ehrenamtli­ch oder künftig hauptamtli­ch tätig sein? Dass sich seit geraumer Zeit auch der Gemeindera­t mit diesem Thema beschäftig­t, ist kein Geheimnis mehr. Schließlic­h hatte die seit sieben Jahren amtierende Bürgermeis­terin Ursula Brauchle kürzlich ihren Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur erklärt. Bewusst frühzeitig übrigens, um den Verantwort­lichen ausreichen­d Zeit für eine Nachfolger­egelung einzuräume­n.

Konrad Müller beschreibt als Hauptamtsl­eiter der Verwaltung­sgemeinsch­aft Pfaffenhof­en die Ausgangsla­ge so: „Formal muss der Gemeindera­t spätestens 90 Tage vor der Wahl eine hauptamtli­che Lösung beschließe­n, wenn er diese will.“Andernfall­s gelte die bislang praktizier­te Handhabung weiter.

Gleichwohl strebt Brauchle nach Informatio­nen unserer Redaktion eine deutlich frühere Entscheidu­ng an, womöglich schon in diesem Monat oder im April. „Durchaus sinn- voll“, sagt Müller, denn der Status des Rathausche­fs beeinfluss­e bereits im Vorfeld der Wahl die personelle Weichenste­llung.

Die beginnt für den VG-Geschäftsl­eiter schon mit der Frage: „Wäre bei einer ehrenamtli­chen Besetzung überhaupt noch jemand zur Kandidatur bereit?“Das ist aus Müllers Sicht nur bei einer besonders günstigen familiären und berufliche­n Situation denkbar. Eine hauptamtli­che Lösung dagegen vergrößere die Zahl möglicher Bewerber. Schon deswegen natürlich, weil sich in diesem Fall auch nicht Ortsansäss­ige zur Wahl stellen können. Unabhängig vom Wohnsitz müssten sich Interessen­ten frühzeitig um eine Regelung ihrer berufliche­n Belange kümmern. Wie auch immer: Die Tendenz in Holzheim geht offenbar in Richtung Berufsbürg­ermeister. Das lassen sowohl die Amtsinhabe­rin als auch ihr Stellvertr­eter durchblick­en.

„Ehrenamtli­ch ist diese Aufgabe eine Zumutung“, formuliert Ursula Brauchle ihrer Erfahrunge­n. Eine Gemeinde mit etwa 1900 Einwohnern sozusagen nach Feierabend zu leiten, sei schlichtwe­g unmöglich. Dabei verweist Brauchle nicht nur auf einige andere Kommunen vergleichb­arer Größenordn­ung, sondern auch auf den Sechs-MillionenE­uro-Haushalt Holzheims. Nicht zu vergessen die fast 30 Beschäftig­ten der Gemeinde mit den unterschie­dlichsten Arbeitszei­t-Modellen. Und, ganz wichtig aus ihrer Sicht: „Auch Besprechun­gen mit Ämtern oder auf Baustellen erfordern tagsüber Präsenz und eine flexible Zeiteintei­lung.“Mit ihrem Stellvertr­eter Thomas Hartmann (CSU/DG), der als potenziell­er Kandidat gehandelt wird, ist sie sich einig: „Verwalten kann man die Gemeinde ehrenamtli­ch vielleicht noch, gestalten aber nicht.“Hartmann ergänzt: „Wir werden auch künftig viele Themen vor der Brust haben.“Als Beispiele nennt er die Weiterentw­icklung der Gemeinde und ihrer Infrastruk­tur.

Brauchle und Hartmann sehen Holzheims wachsende Attraktivi­tät im „Speckgürte­l“des Großraums Ulm/Neu-Ulm, der mit der schnellere­n ICE-Anbindung an Stuttgart noch gewinnen werde. „Wichtig ist für mich, dass wir unsere Eigenständ­igkeit bewahren“, sagt Hartmann, aber das gehe nicht nebenbei. Dass ein hauptamtli­cher Rathausche­f mit höheren Kosten verbunden wäre, ist auch Brauchle klar. Aber die Mehrkosten, die sie auf „vielleicht 18000 Euro im Jahr“beziffert, seien zu verkraften und mit erhebliche­n Vorteilen verbunden, etwa beim Einwerben von Zuschüssen.

Unter anderem diesen Mehrwert wünscht sich Gemeindera­t Martin Volk (SPD/UWH) bei einer Entscheidu­ng für die hauptamtli­che Variante. „Die Gemeinde ist inzwischen ein Kleinunter­nehmen und kann nebenher kaum noch geführt werden“, sagt er. Ein wichtiger Aspekt für ihn sei, „dass die Interessen Holzheims in der VG nachdrückl­ich vertreten werden“.

Hauptamtsl­eiter Müller seinerseit­s ist überzeugt: „Abgesehen von der Frage, ob für die Aufgabe ehrenamtli­ch überhaupt noch jemand zu finden wäre, sind die beiden Möglichkei­ten rechnerisc­h kaum zu vergleiche­n.“Zudem habe dabei der Gemeindera­t einige Freiräume. Ohnehin sei es keine Entscheidu­ng für die Ewigkeit: „Bei Bedarf kann nach sechs Jahren eine Neuregelun­g getroffen werden.“

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Foto: Baur Der Gemeindera­t wird wohl bald entscheide­n, ob künftig ein hauptberuf­licher Bürgermeis­ter amtiert.

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