Neu-Ulmer Zeitung

Stadträte: Bögge hat Millionen an Fördergeld­ern verschlafe­n

- VON CAROLIN LINDNER

Ärger Mitglieder des Gremiums machen dem Rathausche­f schwere Vorwürfe. Er verspreche den Bürgern immer neue Ideen, die nicht umsetzbar seien. Was der Bürgermeis­ter dazu sagt

Senden Im Streit um hohe Fördersumm­en für den Kindergart­en auf dem Webereigel­ände geht es in die nächste Runde: Der Stadt sind möglicherw­eise Millionen an Fördergeld­ern durch die Lappen gegangen, sagen Sendener Stadträte. Der Grund: Bürgermeis­ter Raphael Bögge habe es verschlafe­n, sich für ein Programm zu bewerben, mit dem der neungruppi­ge 8,5-Millionen-Kindergart­en hätte finanziell unterstütz­t werden können.

Dieses Thema war, wie berichtet, in der vergangene­n Sitzung aufgekomme­n, als Bögge eben dieses Förderprog­ramm für ein Sozialquar­tier an der Weberei anzapfen wollte. Auf die Frage, warum man das seit 2017 laufende Programm nicht schon für die Kita eingeplant hatte, wusste der Bürgermeis­ter zunächst nichts zu antworten. Er warf daraufhin den ehrenamtli­chen Räten vor, auch sie könnten derartige bundesweit­e Programme auftun und dann der Verwaltung mitteilen. Später überlegte ein Rat laut, ob Kita-Neubauten darin gefördert werden können, darauf sagte Bögge: Nein, Kindergärt­en sind nicht förderfähi­g.

das stimmt nicht, sagen jetzt die Sendener Stadträte unisono. Sie haben sich beim Bundesbaum­inisterium erkundigt. Die Antwort: Förderfähi­g sind unter anderem insbesonde­re öffentlich­e Kindertage­sstätten – darunter vor allem die, die bereits über das Bundesprog­ramm „Sprach-Kitas“gefördert werden. Dies trifft auf die Sendener Einrichtun­gen zu. Und: Wenn die Einrichtun­gen in Programmen der Städtebauf­örderung liegen, sind auch Neubauten zulässig. Die Chancen wären für Senden gut gestanden, sind sich die Räte sicher, damit hätte der Bund die Kita an der Weberei mit bis zu 90 Prozent der förderfähi­gen Kosten unterstütz­t. Doch jetzt ist es wohl zu spät, denn die Anträge müssen vor Beginn der Planungen eingereich­t werden, so die Räte aller Fraktionen. „Wir haben eine fette Förderung nicht bekommen, weil Sie das Programm verpennt haben“, sagte Grünen-Chef Helmut Meisel in der Stadtratss­itzung zu Bögge. Er werfe dem Rathausche­f ernsthaft vor, so Meisel, dass nicht einmal der Versuch unternomme­n wurde, eine Förderung zu bekommen.

Bürgermeis­ter Bögge sagt dazu auf Nachfrage unserer Redaktion, er habe nun doch vor wenigen Tagen einen Antrag an die Regierung von Schwaben gestellt, um zu erfragen, ob eine Förderung noch im Nachhinein oder nur für Baukosten möglich sei. Man prüfe also nun, ob eine Förderung gehe. Und das, obwohl er keinen Auftrag des Gremiums bekommen habe. „Wenn notwendig, werden wir den Antrag bis zum 15. März unterbring­en“, so Bögge. Denn dann ende die Frist.

Das Thema echauffier­t die Räte eigener Aussage nach besonders, da Senden ziemlich knapp bei Kasse ist. Der Haushalt sieht dieses Jahr, wie berichtet, zwar gut aus – doch viele große Projekte und Kosten, wie das Hallenbad, Straßenbau und -sanierunge­n, kommen erst noch.

Deswegen kritisiere­n die Räte auch die neueste Idee des Rathausche­fs, die Stadtteilg­espräche, bei denen Bürger unter anderem ihre Wünsche äußern können. Diese suggeriert­en Bürgernähe, seien aber nur Wahlkampf, so die Räte – und zwar auf Kosten der Steuerzahl­er. „Was wird aus den Ideen der Bürger, wenn es weder Geld noch personelle Ressourcen im Rathaus gibt, um diese zu verwirklic­hen?“, fragen die Bürgervert­reter. Bögge verDoch schaukle die Bürger und mache ihnen falsche Hoffnungen. Ähnlich sei es schon bei der Dorfplatzg­estaltung gewesen. Dazu komme, dass die Wünsche bei den Bürgervers­ammlungen jahrelang dieselben seien – weil nichts passiere. „Was wurde denn aus den alten Fragebögen damals zum Stadtentwi­cklungskon­zept?“, fragen sie.

Der Bürgermeis­ter sagt, er wolle lediglich informiere­n, was in den Stadtteile­n passiere. Und das gemeinsam mit dem Gremium, „sonst heißt es wieder, ich mache Wahlkampf“. Die Räte sagen, sie seien nicht gefragt worden. In der Einladung heißt es, Bürger „haben die Möglichkei­t, ihre Wünsche und Anregungen sowie Impulse und Anliegen mitzuteile­n.“Bögge betont, es sei eine „reine Infoverans­taltung“. Doch auch da könne Gutes entstehen, sagte er, und nennt den Dorfladen in Witzighaus­en. Er erachte die Transparen­z für notwendig, was mit den Geldern in Senden passiere. Es sei jedoch kein Wunschkonz­ert, in diesen Fällen müsse die Verwaltung sagen, dass nicht alles erfüllbar sei, so Bögge. Das erste Gespräch findet am Montag, 1. April, um 19 Uhr in der Festhalle in Ay statt.

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