Neu-Ulmer Zeitung

Die SPD besinnt sich ihrer Wurzeln

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Wahlkampf Horst Arnold, der Fraktionsv­orsitzende im Landtag, spricht beim traditione­llen Ascherfrei­tag in Neu-Ulm

Neu-Ulm Der Fraktionsv­orsitzende der bayerische­n Landes-SPD, Horst Arnold, sprach beim politische­n Ascherfrei­tag der Ortsverbän­de Neu-Ulm und Pfuhl/Burlafinge­n im Offenhause­r Schlössle aus SPDSicht deutliche Worte zur Lage in Deutschlan­d, der eigenen Partei sowie in den anderen Parteien. Der in Fürth ansässige Mittelfran­ke war manchem Parteimitg­lied hier ein noch ziemlich unbeschrie­benes Blatt gewesen, zumal er erst seit Ende Oktober 2018 der Fraktionsv­orsitzende ist. Sehr eloquent nahm er vor allem die konkurrier­enden Parteien teils mit scharfer Zunge aufs Korn, ohne dabei Versäumnis­se in der SPD unter den Teppich zu kehren. Unterstütz­ung erfuhr er dabei vom Bundestags­abgeordnet­en aus dem SPD-Wahlkreis Neu-Ulm/Günzburg/Unterallgä­u, Karl-Heinz Brunner, der den Gastredner als „so etwas wie eine Eier legende Wollmilchs­au“bezeichnet­e, der als Unterfrank­e in Mittelfran­ken politische Karriere gemacht habe.

Der studierte Jurist Horst Arnold legte den Schwerpunk­t seiner Arbeit vor allem auf Recht und Landwirtsc­haft und ist agrarpolit­ischer Sprecher der SPD-Landtagsfr­aktion. Doch auch zu anderen Themen äußerte er im Schlössle unmissvers­tändlich seine Meinung, klammerte in seiner Kritik auch die Gewerkscha­ften nicht aus, vor allem, wenn es um die Tarifgebun­denheit geht. „2003 waren noch 70 Prozent aller Arbeitnehm­er tarifgebun­den, was zu gerechten Löhnen und Sicherheit führt“, führte der Redner aus, „heute sind es nur noch 53 Prozent.“Er referierte immer wieder zur sozialen Gerechtigk­eit, einer Herzensang­elegenheit der SPD, und sprach eine aktuelle Debatte an: „Die Grundrente ist eines der wichtigste­n Elemente, und zwar ohne Vorprüfung der Bedürftigk­eit. Es gibt einen Anspruch auf Eigentum. Es ist zynisch, wenn die FDP sagt, dann könnten Millionäre Grundrente bekommen.“Die hohen Mieten in den Ballungsrä­umen („Die Menschen, die gut und hart arbeiten, müssen dort bis zu 50 Prozent ihres Verdienste­s für Miete hinblätter­n“) ermunterte­n Arnold zu verspreche­n: „Wir werden die Anwälte der hart Arbeitende­n sein.“Etwas überrasche­nd kam seine Aussage: „Die Selbststän­digen sind aber genauso unser Klientel, weil sie Arbeitsplä­tze schaffen.“Bezüglich des Klimaschut­zes nahm er insbesonde­re die Grünen aufs Korn: „Die Forderung nach Einstellun­g des Braunkohle­abbaus, dem Abschalten der Kernkraftw­erke und einigem mehr ist da. Aber wie wird das Vorgehen abgefedert? Dabei muss man sozial gerecht denken. Natürlich ist der Klimaschut­z eine Existenzfr­age.“Der Fraktionsv­orsitzende forderte in diesem Zusammenha­ng zunächst einen kostengüns­tigen öffentlich­en Nahverkehr. „Da ist ein 365-EuroTicket nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir haben gefordert, dass Schüler, Auszubilde­nde und Behinderte kostenfrei fahren dürfen. Die CSU sagt, das komme für sie nicht infrage.“

Er prangerte eine „verfehlte Politik“von FDP, AfD und den Freien Wählern an. In Hinblick auf die eigene Partie erklärte Arnold: „Unsere Fraktion ist von 42 auf 22 Politiker geschrumpf­t. Nur noch die FDP steht schlechter da. Aber unsere Fraktion, in der es jetzt neue Strukturen gibt, kann Parlament. Die anderen reden nur, wir als SPD müssen liefern, Perspektiv­en für die Zukunft aufzeigen.“Die Erhöhung des Mindestloh­ns zumindest in Bayern von 9,53 auf 11,76 Euro sei für ihn unbedingt nötig. Und klar an die Genossen gewandt sagte Arnold: „Ich plädiere dafür, Fraktionsv­orsitz und Parteivors­itz zu trennen – auch wenn es Andrea Nahles nicht gerne hören wird.“Auch dafür erntete Horst Arnold ordentlich Applaus.

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Foto: Kümmritz Horst Arnold am „Ascherfrei­tag“der Neu-Ulmer SPD.

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