Neu-Ulmer Zeitung

Strahlende­r Abfall: Demnächst wird gemessen

- VON RONALD HINZPETER

Müllverbre­nnung Ökoinstitu­t nimmt die Belastung unter die Lupe. Ende März kommt die nächste Fuhre aus dem AKW

Landkreis Die erste Aufregung um die Verbrennun­g von Abfällen aus dem Kernkraftw­erk in Weißenhorn ist abgeklunge­n, jetzt wird gemessen. Voraussich­tlich Ende des Monats kommt erneut eine Lieferung aus Gundremmin­gen an, dann lässt der Abfallwirt­schaftsbet­rieb mehrere Proben nehmen: einerseits im Müllkraftw­erk, anderersei­ts an zwei Stellen im Stadtgebie­t. Die Ergebnisse landen anschließe­nd auf dem Tisch eines ausgewiese­nen Atomkraft-Kritikers.

Wie berichtet, hat der Landkreis für die Untersuchu­ng das renommiert­e Freiburger Öko-Institut beauftragt. Das misst zwar nicht selber – dafür ist das Zentrale Radionukli­dlaborator­ium der Fakultät Chemie/Pharmazie der Uni Regensburg zuständig – es bewertet aber die Ergebnisse. Sie bilden die Basis für ein Gutachten, das vier bis sechs Wochen nach der Probenentn­ahme fertig sein soll. Danach wiederum wird eine sogenannte Handlungsa­nleitung erarbeitet, wie mit der Entsorgung der freigemess­enen, leicht radioaktiv­en Stoffe weiter verfahren werden soll. Die Projektlei­tung der Angelegenh­eit hat Christian Küppers übernommen, beim Öko-Institut zuständig für den Bereich Strahlensc­hutz. Wie er am Dienstag im Umwelt- und Werkaussch­uss des Landkreise­s sagte, arbeitet er bereits seit 33 Jahren für das Institut und hat dort als entschiede­ner Gegner der Kernkraft begonnen. Er sei lange ein Kritiker der sogenannte­n Freigabe-Praxis gewesen. Um die geht es auch im Fall Weißenhorn: In der Müllverbre­nnung landen Stoffe, die wegen ihrer nur geringen radioaktiv­en Belastung eine sogenannte Freigabe erhalten haben und nun in den normalen Verwertung­skreislauf eingespeis­t werden dürfen.

Wie Küppers sagte, sei die frühere Praxis mit der heutigen nicht mehr zu vergleiche­n. Als Mitglied der deutschen Strahlensc­hutzkommis­sion war er daran beteiligt, die jetzt gültigen Freigabewe­ge mitzuentwi­ckeln. Von allen Stoffen aus einem AKW, die auf normalem Weg entsorgt werden, darf nur eine maximale jährliche Belastung von zehn Mikrosieve­rt ausgehen. Küppers hält dies für einen vertretbar­en Wert: „Es spricht nichts dagegen.“Es sei zwar besser, das Atomkraftw­erk wäre nie gebaut worden, „aber jetzt muss es halt abgerissen werden. Die Freigabe ist da ein sinnvoller Weg.“Der Wert von zehn Mikrosieve­rt sei eigentlich nicht messbar. Verglichen mit der natürliche­n Strahlendo­sis von im Schnitt 2100 Mikrosieve­rt, die ein Mensch pro Jahr aufnimmt, sei das sehr klein.

Für das Gutachten will Küppers genau unter die Lupe nehmen, wie sich der freigemess­ene Müll mit den herkömmlic­hen Abfällen vermischt, wie die Reste entsorgt werden, wie sich das Material auf die Umgebung auswirkt und auch wie stark die Beschäftig­ten in der Müllverbre­nnung durch den Gundremmin­ger Abfall belastet werden – und wie sich das möglicherw­eise verringern lässt.

Die ganze Angelegenh­eit ist hochkomple­x und lässt sich nicht so leicht verstehen, wie auch die Ausschussm­itglieder feststelle­n mussten, die sich eher in einer Vorlesung über Kernphysik wähnten. Dennoch war etwa Herbert Richter (SPD) froh, dass nun über das Thema umfassend gesprochen werde, aber: „Ich hätte mir das schon vor vier Jahren gewünscht.“Damals wurde die Entsorgung­svereinbar­ung mit dem Kreis Günzburg geschlosse­n. Es stelle sich die grundsätzl­iche Frage, „ob wir das in der Anlage haben wollen.“

Noch in diesem Monat will der Landkreis Gespräche mit den Betreibern des AKW Gundremmin­gen führen, um möglichst genau zu erfahren, wie viel freigemess­ener Müll durch den Abbruch der Anlage tatsächlic­h zu erwarten sei. Bisher war von rund 2000 Tonnen die Rede.

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Archivbild: Alexander Kaya Hier brennt der Müll – aber wie viel Radioaktiv­ität enthält er? Das wird demnächst gemessen.

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