Neu-Ulmer Zeitung

Jazz-Star Nguyên Lê zieht im Stadthaus neue Saiten auf

- VON MICHAEL PETER BLUHM

Musik Ulm ist derzeit eine der ersten Adressen in Europa: Wieder macht einer der Großen dort Station – und setzt Meilenstei­ne

Ulm Er gilt als einer der derzeit vielseitig­sten Musiker auf den Bühnen der Welt und begeistert als Weltbürger des Jazz seine Fans: Der Gitarrist Nguyên Lê. Jetzt ist der Franzose mit vietnamesi­schen Wurzeln mit seinem Quartett Streams nach Ulm gekommen, um musikalisc­he Meilenstei­ne der Grenzenlos­igkeit zu setzen.

Ulm gehört offenbar derzeit zu den ersten Jazz-Adressen, wenn die Großen dieser Welt auf EuropaTour­nee gehen. In der diesjährig­en Reihe „Strings“startete der amerikanis­che Gitarriste­n-Titan Bill Frisell seine Europatour­nee im Stadthaus und gab sich förmlich die Hand mit dem Grenzüberw­inder Nguyên Lê, der vom rührigen Leiter des Vereins für moderne Musik Ulm/ Neu-Ulm angeworben worden war. Zu seinem 60. Geburtstag im Januar hat Nguyên Lê sich und seine weltweiten Fans mit dem neuen Album „Streams“beschenkt, in dem der Meister im wahrsten Sinne des Wortes neue „Saiten“aufzieht.

Experiment­iert hat der Franzose mit vietnamesi­schen Wurzeln sein ganzes Leben lang. In Paris aufgewachs­en, wo er Philosophi­e und bildende Kunst studierte, probierte er als Jugendlich­er mehrere Instrument­e als Autodidakt aus, bis er in einem Club zum ersten Mal afro-karibische Musik hörte und für immer zur E-Gitarre griff. Zwei Jahre nach dem Selbststud­ium stieg der heute 60-Jährige in die Fusionsban­d Ultramarin­e ein und startete eine Weltkarrie­re, die bis heute anhält. Die großen des internatio­nalen JazzKosmos wie Randy Brecker und Carla Bley hielten um seine Hand an, als Solist der WDR-Bigband setzte er Maßstäbe – bis er sich seiner asiatische­n Wurzeln besann und mehr und mehr filigrane, schwebende Klanglands­chaften mit seinen Bands erschuf, die sich vom Taoismus inspiriere­n ließ.

In seinem Geburtstag­salbum nimmt Nguyên Lê das fachkundig­e Publikum mit auf einen einzigarti­gen Tauchgang in die Tiefen und Untiefen der Musik. Dabei verzichtet er auf seine früher gern eingestreu­te Rockbissig­keit weitgehend.

Seine Musik möge ein Mittelweg zwischen den Strömungen der Kulturen sein, hat Nguyên Lê einmal in einem Interview seine Musik-Philosophi­e erläutert. Unter den neun Stücken, die die Band im Stadthaus spielt, ragt „Sawira“als Paradebeis­piel dafür heraus. Über den stoischen, aber unaufdring­lichen Achtelpuls der Marimba entfaltet sich ein vertrackte­s, spannendes Thema, das in einem meisterhaf­ten Vibrafon-Solo mündet – gespielt vom Schwiegers­ohn von Bandleader Nguyên Lê, der mit dieser Musik aufwuchs und mit ihm früh auf die Reisen in die weite Welt von Peru bis in die Mongolei, in den Nahen Osten und Indonesien und natürlich nach Vietnam ging und die interkultu­rellen Musikström­e genüsslich aufsog um sie später seinem Publikum weiterzuge­ben.

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Nguyên Lê, französisc­her Jazz-Star mit vietnamesi­schen Wurzeln, gastierte mit seinem Quartett Streams im Ulmer Stadthaus. Seine Musik solle ein Mittelweg zwischen den Strömungen der Kulturen sein, sagte er einmal.
Foto: Alexander Kaya Nguyên Lê, französisc­her Jazz-Star mit vietnamesi­schen Wurzeln, gastierte mit seinem Quartett Streams im Ulmer Stadthaus. Seine Musik solle ein Mittelweg zwischen den Strömungen der Kulturen sein, sagte er einmal.

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