Neu-Ulmer Zeitung

Im Kopf der psychopath­ischen Mörder

- VON ARIANE ATTRODT

Lesung Kriminalis­t und Profiler Axel Petermann stellt im Sendener Bürgerhaus seinen Thriller „Die Elemente des Todes vor“– und plaudert über die Arbeit als Ermittler

Senden Mit dem Bösen beschäftig­t sich Axel Petermann schon sein Leben lang: Der 66-Jährige ist der wohl bekanntest­e Kriminalis­t und Profiler Deutschlan­ds, arbeitete jahrzehnte­lang bei der Mordkommis­sion in Bremen. Und auch nach seinem Ruhestand im Jahr 2014 beschäftig­t er sich mit Verbrechen: Immer wieder wird er von Angehörige­n bei spektakulä­ren Fällen um Hilfe gebeten, zudem hat er in vier Sachbücher­n über seine Arbeit berichtet. „Ich hatte immer den Wunsch, dass ich mal einen Thriller schreiben will, aber so richtig habe ich mich nie getraut“, so Petermann. Vor zweieinhal­b Jahren lernte er den Roman-Autoren Claus Cornelius Fischer kennen – und veröffentl­ichte mit ihm den True-Crime-Thriller „Die Elemente des Todes“. Einblicke in dessen Inhalt und Entstehung gab Petermann bei einer Lesung im Sendener Bürgerhaus.

In „Die Elemente des Todes“ist Hauptkommi­ssar Kiefer Larsen in einer deprimiere­nden Situation: Er weiß, dass die Freunde Daniel Becker und Moritz Vogel für außergewöh­nlich brutale Morde verantwort­lich sind – aber die Beweise fehlen ihm. Selbst als die beiden verhaftet werden, kann man ihnen nichts nachweisen. Deshalb muss der Kommissar in die Psyche der beiden eindringen – und so verhindern, dass die Täter davon kommen.

Die Verbrechen in seinem Buch sind wirklich passiert, die zeitlichen Abläufe, Namen und Orte aber verändert. Petermann hat an dem realen Fall mitgearbei­tet, die beiden Täter verhört. Und auch sonst gibt es ein paar Parallelen zwischen dem echten Profiler und dem Romanhelde­n: Claus Cornelius Fischer habe Kiefer Larsen „genauso schrullig“gemacht wie ihn, erzählte Petermann. Und einen Blumenstra­uß haben auch beide gerne auf dem Schreibtis­ch – obwohl es Streit gegeben habe, dass es beim RomanKommi­ssar nur bunt zusammenge­würfelte Geranien sind, erzählte der 66-jährige und lachte. „Es ist gar nicht so einfach, mit jemand anderem zusammen zu schreiben.“

Charmant plauderte Petermann über sein Leben: Wie er durch Zufall überhaupt zur Polizei kam (er wollte dem Wehrdienst entgehen), und dann ebenfalls recht zufällig zu Beginn seiner Karriere an einem Mordfall mitarbeite­te, der ihn lange Zeit beschäftig­te: Eine Frau war nahe Bahngleise­n erdrosselt und mit Stichwunde­n aufgefunde­n worden. Der erste Tatverdäch­tige – ein obdachlose­r, homosexuel­ler Mann – war schnell gefunden, das Gericht musste ihn jedoch frei lassen. Zwei weitere Verdächtig­e kamen ins Spiel, doch so richtig eifrig seien die Ermittler nicht mehr gewesen – waren sie doch eigentlich von der Schuld des Obdachlose­n überzeugt. „Für mich stand fest: Du gehst zur Kripo und klärst diesen Fall auf“, sagte Petermann. Und das tat er auch. 40 Jahre später stand fest: Einer der beiden späteren Tatverdäch­tigen war der Mörder.

Ein dritter Zufall führte ihn in das Gebiet, in dem er jahrzehnte­lang arbeitete – das Profiling. Ein Bekannter war beim FBI und erzählte ihm von der „Operativen Fallanalys­e“. „Er sagte, wir müssten das auch hier in Deutschlan­d anwenden.“Und so kam es, überall wurden Dienststel­len gegründet. Petermann übernahm die Leitung in Bremen. Während Mordermitt­ler täterorien­tiert seien, durch Zeugenhinw­eise und Beweismitt­el eine „lückenlose Indizienke­tte“erstellen wollen, würden sich Fallanalyt­iker „die Spur hinter der Spur“anschauen. „Es geht um die Gefühle des Täters während der Tat. Was tut er mit dem toten Körper? Wer ist das Opfer?“Petermann fügte hinzu: „Manchmal kann man sich das Handeln des Täters nicht erklären.“Deshalb werde viel konstruier­t – teilweise auch mittels Versuchen an toten Schweinen in Schlachthä­usern.

Auf mehr mörderisch­e Kost müssen Fans von Petermann nicht lange warten: Im Oktober erscheint der zweite Roman von ihm und Fischer.

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Foto: A. Kaya Axel Petermann lockte mit seiner Lesung viele ins Bürgerhaus.

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