Ende des Chaos oder Chaos ohne Ende?
Brexit Ratspräsident Tusk fordert Verschiebung des EU-Austritts auf das Jahr 2020
dieser ohnehin geplanten Übergangsfrist das endgültige Abkommen über die künftigen Beziehungen aushandeln. Premierministerin Theresa May hatte allerdings postwendend „Nein“gesagt.
Bliebe also eine Verlängerung um wenige Wochen, was den Vorteil hätte, dass die Briten nicht mehr an der Europawahl teilnehmen müssten. Eine begrenzte Verschiebung des Brexits ist bis spätestens 30. Juni möglich. Am Tag darauf tritt das im Mai gewählte neue Europäische Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Sollte das Vereinigte Königreich über diesen Stichtag hinaus noch ordentliches Mitglied der Union sein, müsste es ebenfalls Abgeordnete nach Straßburg schicken. Als „völlig abstrus“wurde gestern in Brüssel die Vorstellung bezeichnet, dass die britische Regierungschefin beim EUGipfel am 9. Mai in Rumänien am Tisch sitzen würde, obwohl die Planung eigentlich vorsah, dass die 27 Staatenlenker nach vollzogenem Brexit unter sich so etwas wie einen Aufbruch der EU für eine Zukunft ohne das Königreich verabschieden. De facto müsste sich Großbritannien bis zum 12. April festlegen, ob es wählen lassen will oder nicht. Bis dahin muss nach dem britischen Europawahlgesetz von 2002 der Urnengang offiziell bekannt gegeben werden, wie es in einer Erläuterung der britischen Regierung heißt.
Für die EU brächte die Teilnahme der Briten an der Wahl zwei Probleme. Die mit Blick auf den Brexit beschlossene Verkleinerung des Hauses von 751 auf 705 Sitze fiele aus. Das ist zwar im Gesetz für diesen Fall schon so angelegt, es müsste also nichts beschlossen werden. Doch wurden auf Grundlage des Gesetzes schon einige Mandate unter den EU-Ländern neu verteilt und entsprechende Wahllisten aufgestellt. Politisch problematisch finden führende Europapolitiker zudem, dass die Briten nach der Wahl womöglich noch über den EUKommissionspräsidenten und andere Spitzenposten mitbestimmen dürften – und dann doch gehen.
Aber hat die EU überhaupt eine Wahl? So oder so werde die EU einem Antrag Großbritanniens am Ende wohl zustimmen, sagte BrexitExperte Fabian Zuleeg vom European Policy Centre in Brüssel: „Das halte ich für sehr wahrscheinlich. Ich kann nicht sehen, dass die Mitgliedstaaten Großbritannien gegen die Wand fahren lassen, das wäre politisch sehr schwierig zu verkaufen.“Auch Zuleeg registriert allerdings bei den EU27 immer mehr Unwillen, weitere Zugeständnisse an Großbritannien zu machen.